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Gefährlich nah. Zärtlich küsst die Raubkatze den Naturschützer John Varty am Hals. Der südafrikanische Tierfilmer hat die Gefahr falsch eingeschätzt. Ein anderer Tiger hat ihn jetzt fast zu Tode gebissen.

© Drechsler

Naturschutzaktivist John Varty: Legendärer Raubkatzenzüchter von Tiger angefallen

Der legendäre südafrikanische Naturschützer John Varty züchtet Raubkatzen – eines der Tiere verletzte ihn jetzt schwer.

Unter Südafrikas Naturliebhabern ist John Varty seit langem eine Legende. Der Besitzer des weltberühmten privaten Naturreservats Londolozi Lodge am Rande des Krüger Nationalparks hat in Afrika mehr als 30 Tier- und Naturdokumentationen gedreht, darunter den Hollywood-Streifen „Running Wild“ mit Brooke Shields, Martin Sheen und ihm selbst in den Hauptrollen. Zuletzt hatte der 61-Jährige jedoch mit einem umstrittenen Projekt Schlagzeilen produziert. In Afrika gibt es keine Tiger. Aber auf seiner Tiger-Canyon-Farm nahe Philippolis, einem kleinen Ort im Herzen Südafrikas, versucht Varty seit ein paar Jahren, eine frei lebende und sich selbst tragende Tigerpopulation jenseits ihrer asiatischen Heimat anzusiedeln. Die asiatischen Raubkatzen, von denen heute nur noch knapp 1000 in Freiheit leben, sind seine ganze Passion. Erst im letzten Jahr widmete ihm das Magazin „National Geographic“, das auch Filme produziert, deshalb auch den Dokumentarfilm „Tiger Man of Africa“.

Genau dieses Projekt wäre „JV“ wie John Varti in Südafrika heißt, zur Wochenmitte beinahe zum Verhängnis geworden. Aus noch nicht bekannten Gründen wurde der Tierschützer in der vergangenen Woche von einem der ausgewachsenen Tiger angegriffen und schwer verletzt. Nach einer rund sechsstündigen Notoperation befindet er sich jedoch inzwischen offenbar außer Lebensgefahr. Anscheinend erlitt Varty am ganzen Körper, insbesondere in der Lunge und am Oberschenkel, derart schwere Kratz- und Bisswunden, dass er zum Überleben einer massiven Bluttransfusion bedurfte. Nur sein Gesicht sei verschont worden, hieß es aus der Privatklinik in Bloemfontein, in die der übel zugerichtete Varty nach dem Angriff gebracht worden war.

Bei aller Anerkennung für sein Vorhaben, die vom Aussterben bedrohten Tiger auf seiner afrikanischen Farm auszuwildern und dort zu züchten, gab es zuletzt auch viel Kritik an dem Projekt. So wurde Varty vorgeworfen, die Farm zu einer Touristenattraktion umfunktioniert und dabei Besuchern sogar die Möglichkeit gegeben zu haben, die extrem kräftigen und gefährlichen Tiere aus nächster Nähe ohne jeglichen Schutz zu beobachten – und sogar an einer Leine im Feld auszuführen.

Dabei sind Tiger extrem gefährliche Raubkatzen. Selbst nicht voll ausgewachsene Exemplare haben bereits gewaltige Pranken und ein furchteinflößendes Gebiss. Auch können sie ihrem Opfer mit einer raschen Drehung in Sekundenbruchteilen das Genick brechen – ein Bewegungsablauf, der den Tieren angeboren und somit kaum abzutrainieren ist, wie Kritiker meinen. Allerdings benutzte Varty für die von ihm selbst überwachten Spaziergänge nur von Menschenhand aufgezogene Jungtiere von der Größe eines Rottweilers. Besucher beschreiben den Spaziergang mit den Tigern als ein großartiges Naturereignis, das nichts mit einem von den Kritikern angeprangerten Touristenspektakel zu tun habe.

Der Vater von drei Kindern, der mit einer bekannten Nachrichtensprecherin verheiratet ist, arbeitet seit Jahrzehnten aufs Engste mit Raubkatzen zusammen und hat viele von ihnen für seine preisgekrönten Filme über Generationen hinweg begleitet. In einem Interview mit dem Radiosender „Eyewitness News“ in Johannesburg erklärte sein Bruder Dave gestern, er hoffe, dass John die Intensivstation schon Anfang nächster Woche verlassen könne. Zurzeit sei eine Behandlung dort schon wegen der starken Schmerzen notwendig. Zudem bestünde nach den vielen Bissen noch immer die Gefahr einer größeren Infektion.

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