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Panorama: Neue Vorwürfe gegen Unglücksfirma - Zahl der Vermissten gesunken

Fünf Tage nach der Explosionskatastrophe von Enschede ist die Zahl der Todesopfer noch immer unklar. Enschedes Bürgermeister Jan Mans bezeichnete allerdings einen Bericht des Westdeutschen Rundfunks, wonach das Unglück 70 Menschenleben gefordert haben soll, am Donnerstag als "totalen Unsinn".

Fünf Tage nach der Explosionskatastrophe von Enschede ist die Zahl der Todesopfer noch immer unklar. Enschedes Bürgermeister Jan Mans bezeichnete allerdings einen Bericht des Westdeutschen Rundfunks, wonach das Unglück 70 Menschenleben gefordert haben soll, am Donnerstag als "totalen Unsinn". Offiziell wurden bisher 18 Tote geborgen. Ein Sprecher der Rettungsdienste schloss jedoch nicht aus, dass einige Leichenteile zum selben Körper gehören könnten: Bisher stehe lediglich die Identität von 13 Toten fest. Die Zahl der Vermissten ist nach Angaben der Gemeinde von zunächst 400 auf nunmehr 110 gesunken. Mans kündigte die Veröffentlichung einer "bereinigten" Vermisstenliste an, die wahrscheinlich noch "deutlich weniger" Namen umfassen werde. Die Zahl der Verletzten liegt derzeit offiziell bei 945 .

Vor allem die Leichenwagen, die in den letzten Tagen von und zu dem abgesperrten Trümmergelände rollten, hatten in Enschede Gerüchte geschürt: über eine wesentlich höhere Totenzahl als bislang bekannt gegeben. Ein Sprecher der Rettungsdienste erklärte, dass jedes aufgefundene "menschliche Partikel" aus Pietätsgründen mit dem Leichenwagen abtransportiert werde: Von der Zahl der Fahrten ließe sich jedoch keineswegs die tatsächliche Todeszahl ableiten. Die vorsichtige Informationspolitik zu den Opferzahlen erklären niederländische Medien mit den Erfahrungen bei der Flugzeugkatastrophe von Bijlmermeer 1992. Damals gingen die Rettungsdienste zunächst von über 200 Todesopfern aus - eine Zahl, die später auf 43 reduziert werden musste.

Neue Vorwürfe gegen die Betreiber der Unglücksfirma S. E. Firework haben Geschäftspartner und der frühere Eigentümer der Firma geäußert. Firmenchef Rudi Bakker habe ihm 1998 das "lukrative Angebot" gemacht, sogenannte Feuerwerksfontänen von mehreren Kilogramm Gewicht zu erwerben, berichtet im "Algemeen Dagblad" ein Enscheder Feuerwerkshändler: "Er war sehr stolz auf seine selbstgemachten Fontänen. Ich sagte ihm, dass es verboten sei, die Dinger auf seinem Gelände zu produzieren, aber er zuckte nur mit den Schultern."

Der frühere Firmeneigentümer Harm Smallenbroek behauptete gegenüber der belgischen Tageszeitung "De Morgen", dass beim Ausbruch des Feuers nicht nur die beiden heutigen Besitzer, sondern auch noch mindestens vier weitere Mitarbeiter von S. E. Fireworks auf dem Firmengelände waren: "Sie sind alle auf den Photos unmittelbar nach Brandausbruch auf dem Firmengelände zu sehen. Es steht fest, dass sie etwas zu verbergen hatten." Bakker, der in einem Krankenhaus im deutschen Gronau liegen soll, ist nach Aussage seines Anwalts noch stets nicht ansprechbar. Auch sein abgetauchter Komgagnon Willem Pater verweigert bisher jeden Kontakt mit der Presse.

Für den heutigen Freitag hat die Gemeinde Enschede einen Trauerzug angekündigt, an dem sich nicht nur Premier Wim Kok, sondern auch Mitglieder des Könighauses beteiligen wollten. Die Mitglieder des Deutschen Bundestages sprachen am Donnerstag den Angehörigen der Opfer von Enschede ihr "tief empfundenes Mitgefühl" aus.

tro

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