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Jörg Kachelmann

© dapd

Nicht zurück zur ARD: Schlechte Aussichten für Kachelmann

Der Freispruch für Jörg Kachelmann ist nun rechtskräftig. Aber die ARD plant trotzdem nicht mit dem Wettermann.

Jörg Kachelmann ist ein freier Mann. Das Landgericht Mannheim hatte den Schweizer nach langem Prozess vom Vorwurf der schweren Vergewaltigung und gefährlichen Körperverletzung freigesprochen. Das Urteil wurde jetzt rechtskräftig, weil weder Staatsanwaltschaft noch die Nebenklägerin Revision eingelegt haben. Jörg Kachelmann ist ein freier Mann – mit begrenzten Arbeitsmöglichkeiten.

Vor dem Prozess war Kachelmann Wetterlieferant mit selbst aufgebauter Firma Meteomedia und Wettermoderator für die ARD. Nach dem Prozess arbeitet er für Schweizer Medien, vor allem Radiostationen, und im Internet wieder als Meteorologe. Die große Bühne ist das nicht. Die hatte der heute 53-Jährige vor Verhaftung und Prozess, als er im Ersten das Wetter präsentierte. Da war er ein Star sui generis, der mit Performance und Sprachschöpfung à la „Blumenkohlwolken“ die Hoch-und-Tief-Starre aushebelte, die Wetterkarte in Schwingungen versetzte.

Kommt er zurück ins Fernsehen, gar zu den „Tagesthemen“ im Ersten? ARD-Programmdirektor Volker Herres sagte dem Tagesspiegel auf Anfrage, „die Wettermoderation teilen sich Claudia Kleinert und Sven Plöger sowie Karten Schwanke als Springer. Wir gehen davon aus, dass dies bis zum Jahresende auch so bleibt“. Das Trio arbeitet für die Kachelmann-Firma Meteomedia, die dem Ersten und weiteren ARD-Programmen das Wetter zuliefert. Eine Einladung an Kachelmann zur Rückkehr lässt sich aus Herres’ Einlassungen nicht herauslesen. Nach dem Freispruch im Prozess hatte die ARD Kachelmann nicht zurückgeholt und damit argumentiert, sie warte erst ein rechtsgültiges Urteil ab. Das ist jetzt da, doch wieder ertönt kein Ruf nach Jörg Kachelmann.

Die Grundfrage ist, wie das Publikum auf einen Bildschirm-Kachelmann reagiert. Nach dem Prozess und den dabei bekannt gewordenen Details der Kachelmann’schen Liebesbeziehungen kann der Schweizer nicht länger den aufgeräumten „Blumenkohl-Onkel“ geben. Kachelmann trägt das Kainsmal des „Im Zweifel für den Angeklagten“ freigesprochenen Mannes, der wegen Vergewaltigung angeklagt worden war. Das alles hat der Zuschauer im Kopf, sobald er Kachelmann sieht. Das Wetter darf – in keinem Fernsehprogramm – gegen den Moderator, der Moderator nicht gegen das Wetter ankämpfen müssen. Das Fernsehwetter ist eine Wolke. Und wurde im Ersten nicht weniger eingeschaltet, als Kachelmann hinter Gittern verschwand.

Die ARD hat ein mächtiges Pfund in der Hand. Herres sagt, „für 2012 sind ohnehin neue Vertragsverhandlungen vorgesehen, weil der bisherige Vertrag mit Meteomedia zum Jahresende ausläuft“. Die künftige Gestaltung und Präsentation des Wetters in den „Tagesthemen“ werde derzeit unter den Programmverantwortlichen der ARD beraten. Meteomedia plant von 2012 an Wettersendungen mit der Münchner Bavaria Film Gruppe, mehrheitlich im Besitz der ARD-Sender WDR, SWR und MDR.

Im Klartext: Kachelmanns Firma kann sich Hoffnung auf einen neuen Vertrag machen, Kachelmann als Moderator nicht. Und Kleinert, Plöger, Schwanke sind im Zweifel schneller zum neuen Wetterlieferanten gewechselt, als jedes Hoch vom Tief verdrängt wird. Was für das Wetter gilt, gilt auch für das Restfernsehen: Da wird kein Platz sein für Jörg Kachelmann. Sein Glück hänge nicht an der Moderation, er habe ganz andere Ziele im Leben, hatte er einmal bemerkt. Der freigesprochene Jörg Kachelmann kennt die Gesetze der Medienöffentlichkeit.

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