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© dpa

Nicolas Sarkozy: Kleiner Mann ganz groß

Sarkozy hat es nicht gern, wenn andere ihn überragen – er sucht sich Gesprächspartner nach Größe aus.

Bei öffentlichen Auftritten des französischen Präsidenten bleibt nichts dem Zufall überlassen – und doch geht es manchmal daneben: Seine erste Reise in die Provinz nach dem Ende der Sommerferien hatte Nicolas Sarkozy wie immer bis ins Detail vorbereiten lassen. An alles hatte man im Elysee-Palast gedacht, als der Präsident dieser Tage die Fabrik des Autozulieferers Faurecia in der Normandie besuchte.

Nichts sollte dem Zufall überlassen sein: Die Zufahrtstraßen waren weiträumig abgesperrt worden. Das Empfangskomitee stand bereit. Es wurde gewunken, Hände wurden geschüttelt und freundliche Worte beim Rundgang durch den Betrieb gewechselt. Doch dann lief etwas schief. Jean-Pierre Schaller, ein Reporter des belgischen Fernsehens RTBF, hatte herausgefunden, dass bei der anschließenden Ansprache Sarkozys vor den Beschäftigten nur solche Betriebsangehörige neben ihm auf der Bühne stehen durften, die ihn körperlich nicht überragten.

Das Video von dem Auftritt des kleingewachsenen Präsidenten ist seit dem Wochenende im Internet zu sehen. Außer den beiden Ministern, die ihn begleiten, ist darauf niemand größer als Sarkozy. „Man hat mir gesagt, dass Sie auf Grund Ihrer Körpergröße ausgesucht wurden“, fragt Schaller eine dunkelhaarige Frau in weißem Arbeitskittel. Wie sie waren auch andere Faurecia-Mitarbeiter, die während Sarkozys Rede als Statisten auf der Bühne stehen, eigens für seinen Auftritt aus anderen Betriebsstätten bestellt worden. „Das heißt, Sie durften nicht größer sein als der Präsident?“ will der Reporter wissen. „Voilà“, bestätigt sie knapp.

Die Direktion von Faurecia hat jeden Kommentar zu der Reportage abgelehnt. Der Elysée-Palast gab am Sonntagabend eine Mitteilung heraus, in dem Schallers Reportage als „total albern und grotesk“ bezeichnet wird.

Wer das Auswahlverfahren für die Statisten angeordnet hat, ist unbekannt. Sicher ist, dass Sarkozy nichts mehr hasst als nachteilige Bilder im Fernsehen. Als kürzlich ein Besuch des Präsidenten im Département Manche von Protesten überschattet wurde, feuerte er den dortigen Polizeichef. Sah schließlich nicht gut aus. Doch aus Fehlern lernt man bekanntlich: Bei einem Auftritt in einem 1 500 Einwohner zählenden Ort in Westfrankreich ließ er ebenso viele Polizisten aufbieten, damit es gar nicht erst zu unschönen Protesten kam. Beim Nato-Gipfel in Straßburg und später beim Treffen mit US-Präsident Barack Obama in der Normandie durften nur Mitglieder der Regierungspartei UMP die Absperrungen passieren, um dem Präsidenten Bilder eines störungsfreien Bades in der Menge zu garantieren.

Zu einem Zwischenfall wie im Frühjahr beim Pariser Agrarsalon soll es nicht wieder kommen. Ein Besucher, dem der Präsident bei seinem Rundgang die Hand schütteln wollte, hatte diesen mit den Worten abgewehrt: „Rühren Sie mich nicht an.“ Darauf hatte Sarkozy ihn angefaucht: „Hau doch ab. Alter Trottel.“ Die Szene, die ein Umstehender mit seinem Mobiltelefon aufnahm und ins Internet stellte, hatte Sarkozy lange geschadet.

Doch auch Sarkozys Minister suchen sich für ihre Medienauftritte freundlich gesinnte Teilnehmer. So organisierte Innenminister Brice Hortefeux kürzlich einen runden Tisch zwischen Vorstadtjugendlichen und Vertretern der Polizei. Die jugendlichen Teilnehmer waren begeistert von dem „harmonischen Treffen“. Kein Wunder, sie gehörten alle Organisationen an, die von der Regierungspartei UMP ausgehalten werden.

Erziehungsminister Luc Chatel lud zum Schulanfang Reporter in einen Supermarkt ein, um Einkäuferinnen über den Erfolg seiner Aktion zur Senkung der Preise für Hefte, Bleistifte und andere Schulartikel zu befragen. Die guten Frauen waren voll des Lobes für den Minister. Hinterher stellte sich heraus, dass sie von der UMP für den Auftritt aufgeboten worden waren.

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