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Notfallseelsorgerin der Familie: Polizei durchsucht Wohnung von Zeugin im Winnenden-Prozess

Verdacht auf Falschaussage: Die Polizei in Winnenden hat am Dienstagabend mehrere Unterlagen und einen Computer aus der Wohnung der Notfallseelsorgerin der Familie des Amokläufers beschlagnahmt.

Wegen des Verdachts der Falschaussage im Prozess um den Amoklauf von Winnenden hat die Polizei die Wohnung einer Zeugin durchsucht. Wie die Staatsanwaltschaft Stuttgart und die Polizei am Mittwoch mitteilten, wurden am Dienstagabend mehrere Unterlagen sowie ein Computer aus der Wohnung der Notfallseelsorgerin der Familie des Amokläufers beschlagnahmt. Diese würden nun ausgewertet, sagte eine Polizeisprecherin. Ergebnisse lägen noch nicht vor. Bei den Unterlagen handelt es sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft um „relevante Beweismittel“ für den Prozess, darunter eine Kopie der Anklageschrift sowie eines psychiatrischen Gutachtens. Die ehrenamtliche Helferin soll diese Unterlagen nach eigenen Angaben von der Familie des Amokläufers Anfang August 2009 erhalten haben. Die Durchsuchung fand nach Polizeiangaben im Rahmen eines während ihrer Vernehmung vor dem Landgericht Stuttgart eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gegen die 48-Jährige wegen versuchter Strafvereitelung und des Verdachts auf Falschaussage statt. Die Frau, die die Familie des Angeklagten auch Monate nach der Amoktat von Tim K. psychosozial betreute, hatte am Dienstag unter Tränen ihre frühere Zeugenaussage zurückgenommen, wonach die Eltern über Mordfantasien ihres Sohnes informiert gewesen seien. „Das war der Familie definitiv nicht bekannt“, sagte sie und beteuerte, es sei ihr ein Fehler unterlaufen, den sie „geradebiegen“ wolle.

Der Vorsitzende Richter Reiner Skujat legte durch Fragen nahe, dass die Zeugin nach ihrer ersten Aussage unter Druck geraten sein könnte: „Sie machen mir einen unfreieren Eindruck als beim letzten Mal.“ Die Zeugin hatte im ersten Teil ihrer Vernehmung am 11. November vor Gericht ausgesagt, die Eltern hätten ihr kurz nach der Amoktat erzählt, ihr Sohn habe im April 2008 in einer psychiatrischen Klinik in Weinsberg über einen „Hass auf die Welt“ und seinem Bedürfnis „die ganze Menschheit umzubringen“ gesprochen.

Der Vater von Tim K. muss sich seit Mitte September vor Gericht verantworten, weil er laut Anklage seinem Sohn Zugriff auf eine erlaubnispflichtige Schusswaffe sowie Munition ermöglicht hat. Der 17 Jahre alte Schüler hatte am 11. März 2009 bei einem Amoklauf in Winnenden und seiner anschließenden Flucht in Wendlingen 15 Menschen und anschließend sich selbst getötet. Die Tatwaffe hatte er aus dem Schlafzimmer der Eltern entwendet. (dapd)

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