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Panorama: Nun müssen die Interessen der Kinder geprüft werden

KARLSRUHE .Im niedersächsischen Familiendrama, in dem zunächst die Mutter ihre beiden Kinder nach Frankreich entführte, der Vater diese dann im Gegenzug kidnappen ließ, bleiben die Kinder einstweilen bei dem Vater Armin Tiemann.

KARLSRUHE .Im niedersächsischen Familiendrama, in dem zunächst die Mutter ihre beiden Kinder nach Frankreich entführte, der Vater diese dann im Gegenzug kidnappen ließ, bleiben die Kinder einstweilen bei dem Vater Armin Tiemann.Das folgt aus der am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.Darin wurde die gerichtliche Anordnung, die Kinder wieder nach Frankreich zurückzubringen, wegen Mißachtung des Kindeswohls für verfassungswidrig erklärt.Das Oberlandesgericht Celle muß den Fall nun erneut entscheiden und für die Kinder einen Verfahrenspfleger bestellen.Bereits im Juli hatte Karlsruhe die Rückführung der Kinder nach Frankreich durch eine einstweilige Anordnung gestoppt.Mit der Hauptsache-Entscheidung wurde den Verfassungsbeschwerden der Kinder und des Vaters nun endgültig stattgegeben.(AZ: 2 BvR 1206/98)

Das heute zutiefst zerstrittene Paar heiratete im August 1989 und bekam 1990 einen Sohn, 1994 eine Tochter.Nach der Trennung versicherte die französische Mutter vor Gericht, mit ihren Kindern bis zur endgültigen Entscheidung über das Sorgerecht in Deutschland zu bleiben.Dennoch entführte sie Sohn und Tochter fünf Monate später nach Frankreich.Der Mann beantragte daraufhin die sofortige Rückführung der Kinder nach dem Haager Übereinkommen.Das Übereinkommen von 1980 bestimmt in Fällen elterlicher Kindesentführung die sofortige Rückführung.Nur in schwerwiegenden Ausnahmen kann davon abgesehen werden.Der Vater blieb jedoch vor zwei französischen Gerichtsinstanzen erfolglos.Über sein hiergegen eingelegtes Rechtsmitttel ist noch nicht entschieden.Im März 1998 ließ dann der Vater seine beiden Kinder gewaltsam entführen.Die Entführer zwangen die Mutter bei Dunkelheit auf einer Landstraße zum Anhalten und fuhren mit ihrem PKW und den Kindern davon.Die Frau verlangte nun wiederum vor deutschen Gerichten die Herausgabe der Kinder, das Oberlandesgericht Celle gab ihrem Antrag statt.Der Celler Senat sah keinen Anlaß, die Ausnahmevoraussetzungen des Haager Übereinkommens näher zu prüfen und die Kinder zur Ermittlung ihres Willens anzuhören.

Diese Entscheidung war nach dem Beschluß des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig.Zwar sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, nur bei ungewöhnlich schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Kindeswohls von der Ausnahmeklausel des Haager Übereinkommens Gebrauch zu machen.Im konkreten Fall handele es sich aber um gegenläufige Entführungen, beide Elternteile hätten Rückführungsanträge gestellt.In diesem Sonderfall "ist eine nähere Prüfung des Kindeswohls verfassungsrechtlich geboten", so der Zweite Senat.Die Grundrechte der Kinder müßten im Verfahren dadurch gesichert werden, daß ihnen ein Pfleger zur Seite gestellt werde.Denn "haben die Eltern durch rechtswidrige Entführung ihrer Kinder jeweils zu erkennen gegeben, daß sie vornehmlich ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen", könnten ihre Interessen mit denen ihrer Kinder in Konflikt geraten.In diesem Fall seien die Kindesbelange durch einen Verfahrenspfleger zu wahren.Einen Pfleger hatte das OLG Celle nicht bestellt.Den Kindern geht es nach Angaben des Kreisjugendamts Diepholz relativ gut.

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