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BP hat einen neuen Zylinder über dem Ölleck im Golf von Mexiko platziert. Die amerikanische Öffentlichkeit reagiert skeptisch.

© dpa

Ölpest im Golf von Mexiko: BP muss Drucktest an neuer Glocke verschieben

Nach der Montage der neuen Absaugglocke über dem Unglücksbohrloch hatte sich BP so zuversichtlich wie lange nicht gezeigt. Die Öffentlichkeit in den USA war hingegen skeptisch - wie es aussieht zu Recht.

BP hat den wichtigen Abschlusstest des Abdichtungszylinders für das Ölleck am Meeresgrund in Golf von Mexiko verschoben. Zunächst sollen die Testmethoden überprüft werden, wie der US-Nachrichtensender CNN berichtete. Die Überprüfung könne die Nacht über bis in den Mittwoch (Ortszeit) hinein in Anspruch nehmen. Es gebe Komplikationen, die zu einer Verzögerung führen könnten, hieß es.

BP hatte eigentlich geplant, schon am Dienstagnachmittag mit den Test anfangen zu können. Die Entscheidung über die Verschiebung der Tests sei nach Konsultationen mit Energieminister Steven Chu und dessen Beraterteam gefallen. Das Bohrloch soll mit einem 68 Tonnen schweren Zylinder verschlossen werden.

Eine etwa 48 Stunden lange Testreihe solle zeigen, ob der Ölfluss ins Meer mit diesem Deckel aufgehalten werden könne, sagte Küstenwachen-Admiral Thad Allen, der von US-Präsident Barack Obama ernannte Einsatzleiter am Dienstag.

Die amerikanische Öffentlichkeit hatte ohnehin mit Skepsis auf die optimistische Ankündigungen des BP-Konzerns reagiert, er sei auf bestem Weg, den Fluss von Millionen Litern Rohöl in den Golf von Mexiko nach 83 Tagen zu stoppen. Parallel erließ die Regierung ein neues, leicht abgewandeltes Moratorium für Erkundungsbohrungen in der Tiefsee. Zuvor hatte ein Gericht das bisher geltende Verbot aufgehoben, weil es zu weit gefasst sei.

Am Montag hatte BP eine neue Absaugglocke über dem Unglücksbohrloch installiert. Sie soll die Übergänge zu den Steigleitungen, die das Öl zu Tankschiffen auf der Wasseroberfläche leiten, dicht abschließen und so verhindern, dass weiterhin größere Mengen des aus dem Meeresboden sprudelnden Öls ins Wasser geraten und die Umweltkatastrophe verschlimmern. Im Fall eines Erfolgs wäre der Ölfluss ins Meer zum ersten Mal komplett gestoppt, seit die Bohrplattform „Deepwater Horizon“ am 20. April explodiert war. Nach einer Reihe von Misserfolgen ist die Öffentlichkeit misstrauisch.

Seit der Explosion vor 83 Tagen fließen täglich mehrere Millionen Liter Rohöl in den Golf und bedrohen Meerestiere und Pflanzen. Zehntausende Menschen, die von Fischerei und Tourismus leben, haben ihre Arbeit verloren. Mehrere hundert Kilometer Küstenlinie in den vier Bundesstaaten Louisiana, Mississippi, Alabama und Florida sind ölverseucht. Die Fischerei im Marschland um das Mississippi-Delta ist fast völlig zum Erliegen gekommen; zuvor erzeugte sie ein Drittel der heimischen Meeresfrüchte der USA. Im Golf von Mexiko ist etwa ein Drittel der Fanggründe gesperrt.

Auch wenn sich die neue Absaugglocke als dicht erweist, wäre das noch keine Dauerlösung für das Unglücksbohrloch. Bei schwerem Wetter müsste das Abpumpen des Öls über die Steigleitungen unterbrochen werden und müssten die Tankschiffe sichere Häfen anlaufen. Für den Sommer 2010 sagen die Meteorologen eine überdurchschnittliche Zahl von Wirbelstürmen voraus.

Der aktuelle Plan, das Bohrloch endgültig zu verschließen, setzt auf zwei Entlastungsbohrungen, die Ende Juli den ursprünglichen Bohrschacht einige hundert Meter unterhalb des Meeresbodens erreichen sollen. Durch diese Zugänge soll die Quelle mit schwerem Bohrschlamm verstopft und schließlich mit Zement versiegelt werden.

Nachdem ein Gericht in New Orleans das bisherige Verbot neuer Erkundungsbohrungen gekippt hat, erließ Innenminister Ken Salazar neue Ausführungsbestimmungen. Sie sind weniger streng und erlauben prinzipiell Erkundungsbohrungen, erlegen aber den Ölfirmen den Nachweis auf, wie sie bei einem ähnlichen Unglück eine Schädigung der Umwelt verhindern. Industrievertreter sagen, es sei kostspielig und zeitaufwändig, diese Sicherheitsvorkehrungen einzuführen. De facto bedeute die neue Regelung, dass es nicht so rasch wieder Erkundungsbohrungen geben werde. Vor dem Moratorium arbeiteten 33 Bohrplattformen vor der US-Küste in Wassertiefen von mehr als 170 Meter. Der Umsatz einer solchen Plattform samt der sie versorgenden Häfen beträgt eine Million Dollar pro Tag. (mit dpa)

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