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Österreich: Haider-Museum: Verklärung in Klagenfurt

Dem verunglückten Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider soll ein Museum gewidmet werden, das den "privaten Haider" zeigt. Ein Kulturstadtrat von der Rechts-Partei BZÖ hilft kräftig mit.

„Klagenfurt in Schutt und Asche“ heißt das Thema der gerade stattfindenden 32. Sonderausstellung im Klagenfurter Bergbaumuseum. Doch da muss es, bei allem Respekt, schon gewaltig regnen rund um den Wörthersee, dass sich hier am Prof.-Dr.-Kahler-Platz in der Nähe des Botanischen Gartens die touristischen Busladungen vor dem Eingang ballen. Kurator der Ausstellung und Autor des gleichnamigen Buches ist der Museumsleiter Gerhard Finding, welcher, um seinem Namen noch mehr Ehre zu machen, nun aber auf eine Idee gekommen ist, wie sich tatsächlich richtiger Publikumsandrang bewerkstelligen ließe.

Finding plant nämlich im Verein mit dem Klagenfurter Kulturstadtrat Albert Gunzer von der Rechts-Partei BZÖ (Bündnis Zukunft Österreich) eine Ausstellung, die sich dem ehemaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider widmen soll – und zwar dem „privaten Haider“, wie Finding betont.

Sinnigerweise soll die Schau am 10. Oktober eröffnet werden, also pünktlich zum ersten Todestag Haiders. Am 11. Oktober 2008 war Haider mit seinem Phaeton am Ortsausgang von Klagenfurt bei Tempo 140 abgehoben. Das Fahrzeug zerschellte, Haider starb noch am Unfallort. Seitdem sind an dieser Stelle nicht nur die Gestecke vieler Getreuer zu sehen. Es wuchern darüber hinaus auch immer wieder die Gerüchte, dass Haider, der betrunken war, eines nicht natürlichen Todes gestorben sei. Der Journalist Gerhard Wisnewski will in einem sehr seltsamen, verschwörungstheoretisch raunenden Buch („Jörg Haider. Unfall, Mord oder Attentat?“) gar Einschusslöcher in der Motorhaube des Unfallgefährts entdeckt haben. Haider sei also, grob gesagt, ein Opfer wie Alfred Herrhausen gewesen, wird insinuiert.

Ob jenes Wrack, das die Haider-Partei BZÖ aufgekauft hat, ausgestellt wird, ist offen. Aber auch ohne den Phaeton lässt sich das Bergbaumuseum „Haider privat“ einiges kosten. Für den vor Ort allseits erwarteten Ansturm von fast 100 000 Menschen wird das Bergbaumuseum umgebaut und eine Verbindung zwischen der Felsenhalle und den Ausstellungsräumen gesprengt. Pikanterweise ist das Museum in einem ehemaligen NS-Schutzstollen untergebracht. In den letzten Kriegstagen benützte der Gauleiter Friedrich Rainer die Räumlichkeiten als Befehlsbunker und hinterließ einen griffigen Satz, der später nur zu gerne vom Landeshauptmann Haider aufgegriffen wurde: „Passt mir auf mein Kärnten auf!“ Mit dieser Parole führte das BZÖ nach dem Ableben Haiders in Kärnten plakativ Wahlkampf.

Nun will sich Museumsleiter Finding aber von solchen historischen Belastungen frei machen und hat zu diesem Zweck mit Haiders Witwe Claudia eine erste Sichtung jener Erinnerungsstücke vorgenommen, die definitiv in der neuen Ausstellung platziert werden sollen. Staunend könnte beispielsweise der Besucher demnächst vor einer Attraktion aus dem frühkindlichen Leben Haiders stehen – einem Schaukelpferd. Wenn das im Detail nachgebaute Arbeitszimmer Haiders zur Ansicht freigegeben wird, dürfte darin das gerahmte Titelbild von „Time Magazine“ nicht fehlen; so weit hatte es der österreichische Überpolitiker nämlich schon einmal gebracht.

Die Kosten für das Herrichten der Ausstellung belaufen sich auf 85 000 Euro und werden komplett aus dem Kulturbudget der Stadt bestritten. Dass die Gedächtnisschau unbedingt ein Erfolg wird, daran hat in Klagenfurt fast keiner einen Zweifel, auch nicht die an der Koalition mit dem BZÖ beteiligten Sozialdemokraten (SPÖ). Innig hofft man indes, dass nicht gleich wieder eine Debatte über Haiders Haltung zum Nationalsozialismus beginnt – allerdings legt der Museumsort ein Nachdenken darüber fast schon wieder nah. Nicht weit entfernt vom Museumsbunker befand sich auf dem Klagenfurter Kreuzbergl früher eine NS-Hinrichtungsstätte.

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