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Spielberg

© AFP

Olympische Spiele: „Leni Riefenstahl der Pekinger Spiele“

Steven Spielberg ist an der künstlerischen Inszenierung der Olympischen Spiele 2008 in Peking beteiligt. Mia Farrow greift ihn nun scharf an - wegen Chinas politischer Rolle in Sudan und Darfur.

„One World – One Dream“ lautet Chinas Slogan für die Olympischen Spiele 2008 in Peking. Der amerikanische Regisseur und Oscar-Preisträger Steven Spielberg wirkt an der künstlerischen Inszenierung der Spiele mit – zusammen mit dem chinsesischen Starregisseur Zhang Yimou und anderen. Doch dann attackierte ihn die Schauspielerin Mia Farrow – wegen Chinas politischer Rolle in Sudan und Darfur. Verletzen wollte sie Steven Spielberg nun wirklich nicht. „Nie“, sagt Mia Farrow, die zart und zerbrechlich wirkende Schauspielerin, unter deren Porzellanhaut ein kämpferisches Herz schlägt. Sie wollte nur Dinge in Bewegung setzen. Sie schaffte beides. In einem Beitrag für das „Wall Street Journal“ bezeichnete sie Spielberg wegen seiner Rolle bei der künstlerischen Gestaltung als „Leni Riefenstahl der Pekinger Spiele“. Das muss einen Mann schmerzen, der „Schindlers Liste“ drehte, ein Mann, der in Erinnerung an den Holocaust die Shoa Foundation gegründet hat.

Steven Spielberg scheint seine Rolle bei den Olympischen Spielen in Peking sogar in Frage zu stellen. „Alle Optionen sind offen“, erklärte sein Sprecher Andy Spahn am Freitag gegenüber dem Fernsehsender ABC.

Spielberg hatte bereits zuvor als Reaktion auf die Vorwürfe Mia Farrows einen Brief an Chinas Staatspräsidenten Hu Jintao geschrieben, in dem er diesen „als Privatperson“ auffordert, den Druck auf Sudans Regierung zu verstärken, dass diese UN-Friedenstruppen in Darfur zuläßt.

Der Konflikt zwischen Mia Farrow und Steven Spielberg hat eine Vorgeschichte, über die jetzt „Slate“, ein in den USA angesehenes Internet-Portal für politische und kulturelle Debatten, berichtete. Begonnen hatte alles vor einigen Monaten, als Mia Farrow, Goodwill-Botschafterin der Vereinten Nationen, Spielberg um professionellen Rat bat. Sie war aus dem Sudan zurückgekehrt und hatte Filmmaterial aus der Bürgerkriegsregion Darfur dabei. Sie erwähnte China, das einen Großteil des sudanesischen Erdöls importiert und als UN-Vetostaat eine wichtige Rolle bei der Lösung der humanitären Katastrophe in Darfur spielen könnte. Wenn es wollte. Spielberg ließ Farrows Brief unbeatwortet. Das sollte sich rächen.

Sie schrieb einen zweiten, als sie erfuhr, dass Spielberg an der künstlerischen Gestaltung der Olympischen Spiele beteiligt wird. „Ich habe nur an sein Bewusstsein appelliert“, erklärte sie dem Rundfunksender NPR. Dann ging Farrow Ende März an die Öffentlichkeit und zeigte „cojones“ – Mut – wie „Slate“ bewundernd notiert. Zusammen mit ihrem Sohn Ronan veröffentlichte sie den scharfen Kommentar im „Wall Steet Journal“ unter dem Titel „Genozid-Olympiade“. „Will Mr. Spielberg wirklich als Leni Riefenstahl der Pekinger Spiele in die Geschichte eingehen“, fragte sie polemisch und forderte damit den Regisseur heraus. Wenig später schrieb Spielberg den offenen Brief an Staatspräsident Hu Jintao. „Wir hoffen, bald von der chinesischen Regierung zu hören“, erklärt Spielbergs Sprecher Spahn, der ausdrücklich betont, dass Spielberg eine Million Dollar für humanitäre Hilfe in Darfur gespendet hat. Auch sei er nur einer der künstlerischen Berater der Spiele und bekomme dafür kein Geld.

Die Schlagzeilen dürften China dennoch ziemlich ungelegen kommen, das 30 bis 40 Milliarden Dollar für die Spiele ausgibt und der Welt ein freundliches Gesicht zeigen will. „Es ist eine Art Coming-out-Party für China als Weltmacht“, sagt Globalisationsexperte und Direktor des Yale Center, Nayan Chaya. „Die Spiele sind äusserst wichtig. China will damit auch das Tiananmen-Massaker vergessen machen.“

Mia Farrow ist nicht die einzige Aktivistin, die anklagend den Zeigefinger erhebt. George Clooney, Brad Pitt, Matt Damon und Don Cheadle haben sich zu der Stifung „Not on Our Watch“ zusammengetan, um international Druck auszuüben. Auch trafen sie sich vergangenen Dezember mit chinesischen Funktionären, um Chinas Einfluss in Darfur zu diskutieren.

Allzu grossen Erfolg sollten sich die illustren VIPs jedoch nicht versprechen, warnt William Kirby, China-Experte und Professor an der Harvard University. „Prominente machen Schlagzeilen und werden angehört, doch als Individuen ändern sie wenig“, sagte er ABC. Dennoch schliesst er nicht aus, dass am Ende Chinas Taten sprechen lässt. „Die Chinesen sagen oft das Eine und tun das Andere.“ Inzwischen haben sie einen Vize-Außenminister in den Sudan geschickt, um den Machthabern dort ins Gewissen zu reden, UN-Friedenstruppen zu akzeptieren.

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