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Mafia

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Organisierte Kriminalität: Gericht unterbricht Mafia-Prozess

Erpressung, Drogenhandel, Geldfälschung: Die Staatsanwaltschaft im Landgericht München wirft den Angeklagten der so genannten Russenmafia in Bayern schwere Verbrechen vor.

Noch vor der Verlesung der Anklageschrift ist der Prozess gegen den mutmaßlichen Chef der Russen-Mafia in Bayern und zwei Komplizen vor dem Landgericht München I unterbrochen worden. Gleich zu Beginn der Verhandlung vor der Staatsschutzkammer beantragte am Freitag ein Verteidiger die Aussetzung des Verfahrens. Er habe nicht alle Akten einsehen können, sagte er zur Begründung. Zudem gebe es Hinweise, dass Bundeskriminalamt oder Verfassungsschutz Aktenteile entfernt hätten. Ein anderer Verteidiger stellte einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht, das den Prozess daraufhin bis zum 20. November unterbrach.

Der 39 Jahre alte Hauptangeklagte wird unter anderem der Rädelsführerschaft bei einer kriminellen Vereinigung beschuldigt, seine 31 und 30 Jahre alten Mitangeklagten der Mitgliedschaft. Das Trio soll seit 2001 in Bayern schwere Verbrechen wie Erpressungen, Drogenhandel im großen Stil und Geldfälschung begangen haben. Mindestens zwei Angeklagte wollen sich nach Angaben ihrer Anwälte zu den Vorwürfen nicht äußern.

Die Ermittler: Von der Mafia gejagt

Hintermann der kriminellen Machenschaften soll der russische "Pate" Alexander Bor gewesen sein. Der 1999 verhaftete 54-Jährige war 2006 nach Verbüßung der Hälfte seiner Strafe wegen Totschlags an einem Konkurrenten nach Russland abgeschoben worden. An ihm machte die Verteidigung den Befangenheitsantrag gegen eine beisitzende Richterin der Kammer fest. Die Richterin hatte 2004 im letzten Prozess gegen Bor die Anklage vertreten. Sie stand damals unter Personenschutz, weil die russische Mafia den Ermittlern in diesem Verfahren nach dem Leben getrachtet haben soll.

Das bayerische Landeskriminalamt erwähnte in einem Bericht von 2007 die Aussetzung eines "Kopfgeldes" von 200.000 Euro. Anwalt Michael Haizmann begründete den Antrag auch mit einer telefonischen Kontaktaufnahme der Richterin mit Bor in Moskau. Bor hatte sich zu einer Aussage in Moskau per Videoschaltung bereiterklärt. Er sei gegen Drogen und wisse nichts von Straftaten der Angeklagten, hatte der Russe am Telefon gesagt. Die Richterin habe Bor offenbar befragt, also gegen ihn ermittelt, ohne Rücksicht auf die Rechte der Verteidigung.

Eingeschränkt sehen sich die Anwälte auch durch die Vorenthaltung von Akten. Ein Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter und den zweiten Beisitzer stützte sich auf deren Beteiligung an der Verurteilung eines mutmaßlichen Mittäters der Angeklagten zu siebeneinhalb Jahren Haft. In den schriftlichen Urteilsgründen würden die jetzigen Angeklagten als "Komplizen" bezeichnet. Diese Formulierung gehe bereits von deren Schuld aus, beanstandete die Verteidigung. (bai/dpa)

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