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Daniel Day-Lewis

© Reuters

Oscar-Verleihung 2013: Daniel Day-Lewis: Stark im Charakter

Daniel Day-Lewis ist der erste Schauspieler, der drei Oscars für männliche Hauptrollen bekommen hat. Er ist ein Ausnahmekünstler, der sich rar macht. Wenn er eine Rolle annimmt, dann mit einer Intensität, die ihresgleichen sucht.

Wer schon genügend Oscars hat, der bekommt keine mehr, lautet ein ungeschriebenes Gesetz. Auf einen dritten Oscar können Schauspieler nur dann hoffen, wenn sie besonders lange am Ball geblieben sind. So wie Meryl Streep, die ist nach ihrer zweiten Auszeichnung ganze dreißig Jahre lang leer ausgegangen. Es sah fast nach Mitleid aus, und Streep hat das auch selbstironisch so kommentiert, dass sie im vergangenen Jahr für ihre „Eiserne Lady“ endlich wieder einen Goldjungen entgegennehmen konnte.

Daniel Day-Lewis ist noch nicht ganz so lange dabei. Sein Durchbruch gelang ihm 1985 mit zwei gegensätzlichen Porträts, als schwuler Punk in „Mein wunderbarer Waschsalon“ und als viktorianischer Spießer in „Zimmer mit Aussicht“. Er gewann seinen ersten Oscar für das Behindertendrama „Mein linker Fuß“ (1989) und einen zweiten als Ölbaron in „There Will Be Blood“ (2007). Für einen dritten war er eigentlich noch zu jung. Doch Regeln sind dazu da, um gebrochen zu werden, und mit 54 Jahren ist Day-Lewis jetzt der jüngste Schauspieler mit drei Oscars.

Von einem Beliebtheitsbonus konnte er in Steven Spielbergs „Lincoln“ nicht profitieren, ganz im Gegenteil. Day-Lewis gilt als unnahbarer Kopfschauspieler. Da können seine Kollegen noch so von seinem Method Acting schwärmen, von seiner Angewohnheit, ganz in einer Rolle zu verschwinden. Im fertigen Film kann man mit ihm nicht so recht warm werden. Die gestrige Dankesrede dürfte diesen Eindruck verstärkt haben. „Vor drei Jahren“, witzelte er, „sollte ich eigentlich Maggie Thatcher spielen, und Meryl Streep den Abraham Lincoln. Wir brauchten einige Zeit, um Steven Spielberg zu überzeugen.“ Sollte das unterkühlter britischer Humor sein? Im Saal waren keine Lacher zu vernehmen, aber peinlich war die Rede auch nicht. Day-Lewis wirkte so verlegen, dass man ihm nicht böse sein konnte. Dass man mit ihm nicht warm werden kann, liegt wohl an den Rollen. Day-Lewis bevorzugt schwierige Charaktere. Dabei hat er sich wenigstens einmal als romantischer Held bewährt, als Hawkeye in „Der letzte Mohikaner“ (1992).

Doch am wohlsten fühlt er sich, wenn er hinter einer Maske verschwinden kann, wie als Lincoln. Und wenn er sich quälen darf. Mit „Im Namen des Vaters“ (1993) setzte er neue Maßstäbe in Sachen Schauspielermasochismus: Er hungerte, um den Hungerstreik eines IRA-Kämpfers glaubhafter zu gestalten. Er ließ sich mit kaltem Wasser übergießen, um das Frieren in der Zelle nicht vortäuschen zu müssen. Er forderte das Team auf, ihn selbst außerhalb der Dreharbeiten zu beschimpfen. Und die ganze Zeit vergaß er niemals seinen irischen Akzent.

Der Mann ist schwierig, aber nicht launisch und schon gar nicht unberechenbar. Noch nie ist seinetwegen ein Drehplan durcheinandergebracht worden. Daniel Day-Lewis mag sich selbst quälen, aber seinen Kollegen gegenüber ist er rücksichtsvoll. Und das kann man nicht von jedem schwierigen Schauspieler behaupten.

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