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Panorama: Oscar, wir sind schon da

Sebastian Koch wartet in Los Angeles gespannt darauf, ob „Das Leben der Anderen“ ausgezeichnet wird

Das ist bisher keinem deutschen Schauspieler gelungen: Sebastian Koch, einer der Hauptdarsteller des Oscar-Anwärters „Das Leben der Anderen“, hat im Anschluss einen Film gedreht, der von den Niederlanden ins Oscar-Rennen geschickt wurde. Paul Verhoevens „Black Book“, die Liebesgeschichte zwischen einer jüdischen Widerstandskämpferin und einem Gestapo-Offizier, war der teuerste und mit über einer Million Zuschauern auch erfolgreichste niederländische Film des Jahres. Wochenlang wurden Werbekampagnen geführt, bei denen im Kampf um die Oscar-Nominierungen Koch gegen Koch antrat. „Black Book“ schaffte es nicht in die Endrunde. Welcher Film lag ihm mehr am Herzen? Der 44-jährige Schauspieler muss nicht lange überlegen: „Das Leben der Anderen“. Der Film des Debütanten Florian Henckel von Donnersmarck sei „so sensibel, und ich mag die Atmosphäre. Aber Spaß gemacht hat der andere Film auch, bei dem habe ich auch meine Lebensgefährtin kennengelernt.“ Seine Lebensgefährtin, das ist seit anderthalb Jahren die 30-jährige Carice van Houten. Mit ihr erkundet Koch die Gegend um Los Angeles, wenn er nicht gerade Interviews gibt. Kontakt zu den in Hollywood lebenden Deutschen hat er kaum: „Ich bin kein Koloniemensch. Nur bei Ute Emmerich haben wir vorbeigeschaut.“

Koch ist in den letzten Monaten viel gereist, um „Das Leben der Anderen“ vorzustellen. Das deutsch-deutsche Thema wird überall verstanden. „Es ist ein universales Thema. Wie würde ich mich verhalten? Wem kannst du trauen? Die Angst vor Überwachung gibt es auch unter Bush. Ein paar ausländische Journalisten wollen mehr über die Wiedervereinigung wissen, und sie fühlen sich bestätigt, dass der Kommunismus nicht funktioniert.“ Dass der Film in Deutschland erbitterte Gegner hat, war Koch nicht bekannt, wahrscheinlich weil sie nur hinter vorgehaltener Hand schimpfen.

Zu dem Streit um die Oscar-Eintrittskarten möchte er sich nicht äußern. Noch während der Berlinale hatte sich Martina Gedeck öffentlich darüber beklagt, dass sie nicht zur Oscar-Verleihung eingeladen wurde. Es gab nur vier Karten für das deutsche Team. Donnersmarck beschloss, seine Frau, Ulrich Mühe und Sebastian Koch mit ins Kodak Theatre zu nehmen. Selbst die Produzenten müssen draußen bleiben, sie verfolgen die Zeremonie im Hotelzimmer am Bildschirm und finden das in Ordnung. „So eine Einladung lehnt man nicht ab“, sagt Koch. Kein weiterer Kommentar.

Er ist sehr diskret, wenn es um Einblicke hinter die Kulissen geht. Nur wenn es um die unfähige Direktion des Schiller-Theaters geht, nimmt er kein Blatt vor den Mund. 1990 war er dort engagiert, mit anderen Nachwuchskräften wie Heino Ferch und Katja Riemann. Er spielte Klassiker wie „Die Räuber“ und „Iphigenie auf Tauris“, war voller Hoffnungen. Doch der Betrieb war nicht mehr zu retten. Erst danach wandte sich Koch dem Fernsehen zu.

Er ist ein Fernseh- und Filmstar wider Willen, denn zunächst gab es für ihn nur das Theater. Aufgewachsen in Obertürkheim, diente ihm das Theater als Zuflucht. Er lebte in einfachen Verhältnissen, seine Mutter zog ihn allein auf. Er spielte an Bühnen in Ulm, Darmstadt und schließlich Berlin. Nach zwölfjähriger Abstinenz feierte er im vergangenen Jahr sein Bühnencomeback in Bochum, wo er an der Seite von Jeannette Hain und Imogen Kogge den amüsant-versnobten Lord Goring in Oscar Wildes „Ein idealer Gatte“ verkörperte.

Rund 70 Titel umfasst seine Filmografie. Das Ernste überwiegt. Koch hat keine Krimiserie ausgelassen und wurde dann zum Protagonisten des „Geschichtsfernsehens“. Wen hat er nicht alles gespielt? Stauffenberg, Albert Speer, den KZ-Kommandanten Höss, Andreas Baader, Richard Oetker, den Bertelsmann-Vorstandschef Reinhard Mohn. Er hat am „Tunnel“ mitgebaut und unter Napoleon gedient. Man glaubt ihm Idealisten, Opportunisten und Sadisten. Er verleiht seinen Figuren eine moralische Ambivalenz, die auch dem „Leben der Anderen“ zugute kommt. Der von ihm verkörperte Dramatiker Georg Dreyman ist eher gutgläubig, kaum informiert über die Intrigen um ihn herum. Aber so wie Koch ihn spielt, könnte er auch nur gutgläubig tun. Er ist ein Kopf-Spieler. Dumm oder prollig mag man sich ihn nicht vorstellen.

Auch Feminines liegt ihm nicht: In Heinrich Breloers „Die Manns – ein Jahrhundertroman“ war sein Klaus Mann viel zu maskulin. Etwas Lustiges zur Abwechslung? „Es gibt sehr wenige gute Komödien“, beklagt er sich. Aber er ist prinzipiell nicht abgeneigt und empfand den „Schuh des Manitu“ als „sehr gelungen, feinfühlig, liebevoll“. Er gehört zur Besetzung von „Rennschwein Rudi Rüssel 2“, der am 8. März in die Kinos kommt, da gibt es viel zu lachen. Doch jetzt ist erst einmal Hochspannung angesagt. Montag früh wissen wir mehr.

Die Oscar-Verleihung wird in der Nacht zum Montag ab 2 Uhr 30 von Pro 7 im Fernsehen übertragen.

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