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Papst Benedikt in Polen: "Wunden der Vergangenheit heilen"

Bei seinem Besuch in Polen ist Papst Benedikt XVI. von Zehntausenden mit Jubel empfangen worden. Zum Auftakt seiner viertägigen Reise erinnerte der deutsche Papst an den Nazi-Terror und die tragische deutsch-polnische Vergangenheit.

Warschau - Zugleich steht der Besuch ganz im Zeichen der Erinnerung an den aus Polen stammenden Vorgänger, Papst Johannes Paul II.. «Herzlich willkommen in Polen, Heiliger Vater», hieß es in deutscher Sprache auf Spruchbändern der Gläubigen am Straßenrand.

Am Abend traf das Oberhaupt der Katholischen Kirche mit Staatspräsident Lech Kaczynski zusammen und nahm an einem Ökumenischen Treffen in der Lutherischen Kirche teil. Eindeutiger Höhepunkt der Reise ist aber am Sonntag der Besuch im ehemaligen deutschen Vernichtungslager Auschwitz: «Dort werde ich Überlebende des Nazi-Terrors treffen. Gemeinsam werden wir beten.»

Schon bei der Ankunft auf dem Warschauer Flughafen brachen die Gläubigen in Jubel aus, als der Papst seine Rede in polnischer Sprache begann. Auch Staatspräsident Kaczynski verwies auf die schwierige Geschichte zwischen Polen und Deutschen: «Polen und Deutsche sind Völker, die sich geographisch nahe sind, aber im Laufe der Geschichte oftmals getrennt waren.» Er fügte aber hinzu: «Heute stehen wir uns immer näher.»

Benedikt mahnte bei einem Treffen mit Priestern in der Warschauer Kathedrale aber auch zu einer behutsamen Beurteilung der Vergangenheit. Mit Blick auf die Nazizeit, aber auch auf die kommunistische Herrschaft sagte Benedikt: «Wir müssen uns gegen den arroganten Anspruch wappnen, über frühere Generationen zu richten, die in anderen Zeiten und unter anderen Umständen lebten.»

Ausdrücklich ging Benedikt dabei auch auf die Frage nach der Schuld der Kirche in der Vergangenheit ein: «Wir glauben, dass die Kirche heilig ist, aber es gibt Sünder unter ihren Mitgliedern.» Er warnte: «Wir müssen den Wunsch zurückweisen, uns nur mit denen zu identifizieren, die ohne Sünde sind.» Kritiker werfen der katholischen Kirche immer wieder mangelnden Widerstand gegen die Nazi-Herrschaft vor. Teilweise sprechen sie vom «Schweigen des Vatikans» zum Holocaust.

Es ist erste Reise eines deutscher Papst nach Polen und die zweite Auslandsreise seit der Wahl Ratzingers zum Papst am 19. April 2005. Die erste Auslandsreise hatte ihn im August vergangenen Jahres zum Weltjugendtag nach Köln geführt. Am Freitag feiert der Papst auf dem größten Warschauer Platz eine Messe, zu der über eine Million Menschen erwartet werden. Danach besucht er den Wallfahrtsort Tschenstochau.

Immer wieder erinnerte Joseph Ratzinger an seinen «geliebten Vorgänger» Johannes Paul. «Ich bin gekommen, den Spuren seines Lebens zu folgen», sagte der 79-jährige Papst. Im Unterschied zu Johannes Paul küsste Benedikt bei seiner Ankunft aber nicht die polnische Erde.

Nach seiner Ankunft fuhr Ratzinger im geschlossenen «Papamobil» durch die Warschauer Innenstadt. Dabei passierte er das Denkmal für den Warschauer Aufstand und das Denkmal für die Kämpfer im jüdischen Ghetto. Er hielt jedoch nicht an. Vor dem Denkmal der Ghetto-Kämpfer wartete eine Gruppe von etwa 40 Polen, die für die Rettung verfolgter Juden im Zweiten Weltkrieg mit dem Ehrentitel «Gerechte unter den Völkern» ausgezeichnet worden waren. Einige hätten enttäuscht reagiert, dass der Papst nicht anhielt, vermerkten polnische Radionsender.

Bei seinen Treffen mit Priestern ging Benedikt auf das Verhältnis von Kirche und Politik ein. Aufgabe der Priester sei es, «Spezialisten für die Begegnung zwischen Gott zu sein». Sie müssten aber keine «Spezialisten für Wirtschaft, Bauwesen und Politik sein», fügte der Papst hinzu. Kommentatoren in Warschau werteten dies als deutliche Worte gegen den umstrittenen Rundfunksender Radio Maryja, der die nationalkonservative polnische Regierung unterstützt. Bereits zuvor hatte der Vatikan den fundamentalistischen Sender kritisiert, der auch mit antisemitischen Programminhalten für Skandale gesorgt hat. (tso/dpa)

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