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Panorama: Passagiere erzwingen neue Maschine

Zuvor waren zwei Starts fehlgeschlagen

Nürnberg - Vor dem Hintergrund jüngster Flugzeugkatastrophen haben etwa 170 Passagiere auf dem Nürnberger Flughafen nach zwei missglückten Startversuchen den Einsatz einer Ersatzmaschine erzwungen. Sie weigerten sich, ein drittes Mal das Flugzeug zu besteigen, und starteten eine Unterschriftenaktion. Nach 15 Stunden Wartezeit konnten sie am Sonntagabend schließlich unbeschadet zu ihrem Zielflughafen im portugiesischen Faro gebracht werden.

Die Passagiere standen offenbar noch unter dem Eindruck des Spanair-Unglücks am 20. August in Madrid. Damals hatten nach einem ersten Startabbruch einige Passagiere verlangt, aussteigen zu dürfen, was ihnen verwehrt wurde. Beim nächsten Start verunglückte die Maschine und ging in Flammen auf. 154 Menschen starben.

Bei den Vorfällen am Sonntag war die Ursache der Panne eine fehlerhafte elektronische Anzeige in der nagelneuen Boeing 737-800, wie eine Sprecherin der Fluggesellschaft Air Berlin am Montag sagte. Eine Gefahr habe für die Passagiere nicht bestanden. „Die Anzeige des Landeklappensystems hat nicht richtig funktioniert“, sagte Air-Berlin-Sprecherin Alexandra Müller. Der Pilot brach den Start am frühen Sonntagmorgen deshalb ab. Ein zweiter Versuch einige Stunden später scheiterte ebenfalls. Daraufhin hätten einige Passagiere Unterschriften gesammelt und gefordert, nicht mehr mit dieser Maschine fliegen zu müssen.

„Die Passagiere waren sehr beunruhigt und reagierten panisch“, sagte Müller. Vor allem vor dem Hintergrund des Madrider Unglücks sei „ein psychologisches Moment“ im Spiel gewesen. In Nürnberg konnte erst nach vielen Stunden Wartezeit eine Ersatzmaschine bereitgestellt werden, mit der die Urlauber nach Faro flogen. Zwei Passagiere, die an Flugangst litten, seien nicht mitgeflogen. An der Boeing 737-800, die erst vor wenigen Wochen ausgeliefert worden sei, sei kein Defekt festgestellt worden, sagte Air-Berlin-Sprecherin Müller. Fehlerhafte Anzeigen gebe es bei den mit Elektronik hochgerüsteten neuen Maschinen immer wieder. „Sicherheit steht an erster Stelle“, betonte die Sprecherin. „Kein Pilot wird mit einer defekten Anzeige fliegen.“

Nach dem Unglück von Madrid hatte es eine Debatte darüber gegeben, ob Passagiere nach einem abgebrochenen Start das Recht haben, die Maschine zu verlassen. Diese Frage ist nach Ansicht von Rechtsexperten eindeutig zu beantworten: Nachdem die Passagiere ein Flugzeug bestiegen haben und es sich vom Gate wegbewegt hat, haben sie kein Recht mehr auszusteigen.

In dem jetzt vorliegenden Fall ging es allerdings darum, dass die Passiere nicht erneut die Maschine besteigen wollten. Wenn sie nach einem Startabbruch ohnehin die Maschine verlassen müssen, steht es ihnen natürlich frei, wieder einzusteigen oder nicht. Oder es gelingt ihnen, wie in dem vorliegenden Fall, gemeinsam so viel Druck aufzubauen und geschickt zu verhandeln, dass eine neue Maschine zur Verfügung gestellt wird. Tsp/dpa

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