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Panorama: Pille statt Kugel für die Elefantenkuh

Der Krüger-Nationalpark im Nordosten von Südafrika zählt zu den wenigen Gebieten Afrikas, in denen Elefanten heute noch prächtig gedeihen.Zum einen wirft die Parkverwaltung ein wachsames Auge auf die Gesundheit der Tiere, zum anderen sorgen die vielen künstlich angelegten Reservoirs und Bohrlöcher für eine gleichmäßige Wasserzufuhr.

Der Krüger-Nationalpark im Nordosten von Südafrika zählt zu den wenigen Gebieten Afrikas, in denen Elefanten heute noch prächtig gedeihen.Zum einen wirft die Parkverwaltung ein wachsames Auge auf die Gesundheit der Tiere, zum anderen sorgen die vielen künstlich angelegten Reservoirs und Bohrlöcher für eine gleichmäßige Wasserzufuhr.Kein Wunder, daß sich die Tiere in diesem behaglichen Umfeld stark vermehren.

Einmal im Jahr wurde diese Idylle jedoch bis vor kurzem jäh gestört: Um eine gefährliche Überbevölkerung zu verhindern, wurden zumeist im Oktober bis zu 600 Elefanten von den Wildhütern geschossen.Denn trotz seiner Größe, die etwa der des Staates Israel entspricht, kann der Krügerpark nur eine Population von maximal 7500 Elefanten verkraften.Auf der Nordhalbkugel stieß der alljährliche Abschuß der Dickhäuter dennoch bei vielen Tierschutzgruppen auf völliges Unverständnis: Als Bilder des blutigen Spektakels dort vor zwei Jahren erstmals an die Öffentlichkeit drangen, kam es spontan zu erbosten Protesten; mancherorts wurde gar mit einem Reiseboykott der Kap-Republik gedroht.Allein die südafrikanische Botschaft in Bonn wurde von tausenden von Protestbriefen überschüttet, nachdem das Jugendmagazin "Bravo" Bilder vom Abschuß der Elefanten druckte.

Die Vorwürfe, die auf die Parkverwaltung niederprasselten, haben ihre Wirkung nicht verfehlt.Seit dem Ende des letzten Jahres werden im Krügerpark zwei neue Methoden der Bestandskontrolle ausprobiert: Statt die Dickhäuter zu schießen, wird am Kap nun Empfängnisverhütung betrieben.Dabei handelt es sich um den weltweit ersten Versuch einer medikamentösen Geburtenkontrolle bei wildlebenden Elefanten.

Die erste Methode basiert auf dem Auslösen einer Abwehrreaktion durch einen Impfstoff.Das in den USA bei Hirschen und Wildpferden erfolgreich angewandte Serum enthält keine Hormone oder Steroide, dafür aber einen Wirkstoff, der verhindert, daß das Sperma des Bullen erfolgreich am weiblichen Ei andocken kann.Gewonnen wird das Extrakt aus den Eierstöcken des Hausschweins, dessen Proteine denen des Elefanten stark ähneln.Wenn alles nach Plan verläuft, bleiben die geimpften Kühe mindestens ein Jahr lang unfruchtbar.

Im zweiten Experiment wurde zehn weiteren Elefantenkühen eine nach herkömmlichen Muster funktionierende Antibabypille verabreicht, die das Berliner Institut für Zoo- und Wildtierforschung dem Krügerpark offerierte.Doch bereits jetzt gibt es Probleme: Das Hormonexperiment wurde auf unbestimmte Zeit ausgesetzt, nachdem die Wildhüter im Park bemerkten, daß die mit der Antibabypille behandelten Kühe offenbar Duftstoffe ausschieden, die bei den Bullen zu Brunftverhalten führten.

Noch beunruhigender war, daß zwei Elefantenkühe ihre Kälber verloren.Niemand kann den Verlust bislang mit letzter Sicherheit erklären, doch gibt es zahlreiche Theorien: So könnten die Kälber einem Löwen zum Opfer gefallen sein, während die Mutter vom Liebeswerben der Bullen abgelenkt war.Genausogut könnte aber auch ein Austrocknen der Muttermilch den Tod der Kälber hervorgerufen haben.

Trotz des mit dem Experiment verbundenen großen Aufwands haben die Wildhüter im Krügerpark keinerlei Bedenken gegen eine Impfung, solange sich diese als wirksam erweist und Schwangerschaften verhindert.

Die Parkverwaltung selbst ist derzeit noch weit davon entfernt, Verhütungsmittel im großen Rahmen einzusetzen.Während die Wildhüter seit der Erprobung der Elefantenpille wieder ruhiger schlafen, regt sich inzwischen von anderer Seite Widerstand: Die Kosten und Logistik des Projekts haben sich trotz der Spenden ausländischer Tierschutzgruppen bereits im Anfangsstadium als nicht finanzierbar erwiesen.Dies liegt nicht zuletzt daran, daß viele südafrikanische Tierparks in den letzten Jahren mit immer weniger staatlichen Zuschüssen auskommen müssen.

Selbst viele Wissenschaftler halten die angewandten Methoden für extrem umständlich und auf Dauer deshalb auch nur in kleinen Populationen für anwendbar.Wenn man nur an die Kosten denkt, die anfallen, wenn Dutzende von Wildhütern alljährlich im Krügerpark mehr als 2300 Elefantenkühen nachhasten, ist leicht vorstellbar, daß der Streit um die geeignetste Form der Bestandsregulierung noch einige Zeit weiterschwelen und die Flinte vielleicht schon bald wieder zum Einsatz kommen wird.

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