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Plastische Chirurgie: Prüfsiegel gegen den Schönheitswahn

Die Zahl der Schönheitsoperationen in Deutschland hat sich innerhalb der vergangenen zehn Jahre verdoppelt. Weil mit dem Geschäft rund ums perfekte Aussehen viel Schindluder getrieben wird, sollen nur noch geprüfte Ärzte Fett absaugen, Brüste verändern oder Nasen korrigieren dürfen.

Schönheitschirurgen planen ein "Grünes Prüfsiegel", das nur seriöse Vertreter ihres Fachs erhalten sollen. "Andere setzen sich für den Klimaschutz ein, wir kümmern uns um den Schönheitsschutz. Das ist dringend nötig“, sagte Prof. Werner Mang, Präsident der Internationalen Gesellschaft für Ästhetische Medizin. Das Siegel sei nur für Ärzte gedacht, die feste Standards einhalten und eine entsprechende Ausbildung nachweisen können. Es solle beim Internationalen Kongress für Ästhetische Chirurgie und Kosmetische Zahnmedizin in Lindau am Bodensee auf den Weg gebracht werden. Dort treffen sich bis Samstag etwa 350 Fachärzte.

In Deutschland gab es nach Mangs Angaben 2007 rund 750.000 Schönheitsoperationen. "Vor zehn Jahren waren es noch halb so viele", sagte der Mediziner. Immer mehr Frauen seien dazu bereit, für eine Faltentherapie, Brustveränderung, Nasenkorrektur oder für Fettabsaugen an den Hüften viel Geld auszugeben. Bei Männern ab 50 Jahren liegen vor allem Haartransplantationen und das Entfernen von Tränensäcken oder Schlupflidern im Trend. "Es ist erstaunlich, wie schnell man heute bereit ist, sich operieren zu lassen." Vor allem bei jungen Menschen sieht Mang darin einen extremen Werteverfall. "Es wird Zeit, dass wir Ärzte diesen Schönheitswahn kanalisieren."

Fettabsaugen bei Magersüchtigen ist tabu

Ein Schritt in diese Richtung könnte das Schutzsiegel werden. Eine Standardisierung der Operationen, exakte Aufklärung der Patienten und psychologische Schulung der Ärzte sind nach Mangs Ansicht wichtige Kriterien für das Zertifikat. "Ärzte müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Dazu gehört auch, Patienten mit unseriösen Wünschen wieder nach Hause zu schicken." Fettabsaugen bei einer magersüchtigen, jungen Frau etwa müsse tabu sein. Ohnehin sollten Chirurgen Schönheitsoperationen bei unter 18-Jährigen ablehnen, wenn sie nicht medizinisch nötig sind. Anhand des Siegels sollten Patienten auch erkennen, dass ihr Arzt keine gesundheitsschädlichen Materialien verwendet.

Laut Mang strebt die Konferenz in Lindau an, ein solches Prüfsiegel in Absprache mit der Ärztekammer innerhalb des nächsten Jahres zu erarbeiten. Wichtig für den Erfolg des Projekts sei, dass sich bundesweit möglichst viele Gesellschaften, die sich mit Schönheitschirurgie befassen, dafür einsetzen. "Es macht nur Sinn, wenn alle mitarbeiten. Dann können wir erreichen, dass auch in Zukunft die Gesundheit vor die Schönheit gestellt wird." (sgo/dpa)

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