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PR-Aktion: Ballon-Bluff schockiert Amerika

Über Stunden hatte Amerika um den kleinen Falcon Heene gebangt, der angeblich an Bord eines entwischten Helium-Ballons hilflos über Colorado dahinraste. Wenig später war klar: Der Sechsjährige war nicht an Bord, sondern daheim. Dann wuchsen die Zweifel an der allzu fantastischen Story.

Washington - Schließlich wurde klar: Alles war nur ein Bluff, von Anfang bis Ende inszeniert von den Eltern, die es auf eine eigene Reality-Show abgesehen hatten. Die USA sind schockiert – über die Lügen von Richard Heene (48) und seiner Frau Mayumi (45), denen jetzt unter anderem wegen Irreführung der Behörden 500 000 Dollar Bußgeld und bis zu sechs Jahre Haft drohen. Und auch über die eigene Medienkultur.

Der kleine Falcon hatte sich während eines CNN-Interviews verplappert: „Ihr habt gesagt, wir haben das für die Show gemacht“, sagte der Sechsjährige auf die Frage seines Vaters, warum er auf sein Rufen nicht geantwortet habe. Jeder konnte sehen, dass die Antwort den Eltern höchst unangenehm war. Durchsuchungen folgten, und Vernehmungen.

Schnell wurde klar, dass die Heenes dem Scheinwerferlicht nicht abgeneigt sind: Zweimal traten sie schon in der Reality-Show „Wife Swap“ auf, die US-Version von „Frauentausch“, in der zwei wesensverschiedene Mütter für zwei Wochen die Familien tauschen. US-Medien zufolge hatten die Heenes es nun auf eine eigene Reihe abgesehen und sich auch schon bei Produktionsfirmen beworben. Die Aufregung um die Ballon-Odyssee hatte zum Ziel, Interesse der Sender zu wecken. Heene rief zuerst TV-Stationen an, dann die Polizei. Richard Heene, der gerade einmal die High School abschloss, gab gern den Amateur-Wissenschaftler, eine Art selbst erklärter Daniel Düsentrieb. In der „Wife Swap“-Show erzählte er einmal, er sei in einem Restaurant ohnmächtig geworden, woraufhin Außerirdische mit ihm sprachen, von denen seiner Meinung nach die Menschheit abstammt. Seine Frau lernte er in Hollywood kennen, als beide eine Schauspielschule besuchten.

Es verwundert kaum, dass die Eltern sich von der profitträchtigen Scheinwelt der Reality-Shows angezogen fühlten. „Der bizarre Bluff ist der Ausfluss einer Kultur, in der „Reality-Unternehmer“ gefeiert werden, die reich dafür belohnt werden, dass sie ihr Leben zu einem Spektakel für die Massen machen“, schreibt die Zeitung „Globe and Mail“. „Gäbe es diese Industrie nicht, würde solch ein Verhalten einfach keinen Sinn ergeben“, sagte der Soziologieprofessor Joshua Gamson von der Universität San Francisco dem Blatt. dpa

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