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Panorama: Präsident Knigge

Bei seinem Staatsbesuch in Spanien nutzt Johannes Rau einen Abstecher nach Mallorca, um deutsche Urlauber zu mehr Benimm aufzufordern

Die schwarze Limousinenkolonne eines Staatsbesuchs bietet einen aparten Kontrast zum unbeschwerten Ferienblau des Meeres. Mit einem eindringlichen Plädoyer für umweltverträglichen und respektvollen Tourismus und einer Begegnung mit deutschen Residenten auf Mallorca beendete Bundespräsident Johannes Rau am Mittwoch seinen dreitägigen Staatsbesuch in Spanien. Zuvor war er in Madrid mit Böllerschüssen und dem ganzen Pomp des spanischen Hofzeremoniells von König Juan Carlos I. und Königin Sofia verabschiedet worden.

Rund 50000 Deutsche leben auf Mallorca. In seiner Rede warb Rau vor allem um mehr Integrationsbereitschaft: „Wer nicht nur auf das Meer schaut, sondern auch in das Land hinter sich, der kann entdecken, dass der Strand nicht die einzige Alternative zum Alltag ist. Jeder profitiert davon, wenn er im Urlaub nicht nur das in seiner Heimat Vertraute sucht, sondern auch Zugang zur Kultur, zur Landschaft, zur Mentalität und Sprache des Gastlandes."

Bei Sonnenschein und freundlichen 22 Grad trugen die Zaungäste unter Palmen teils Spaghettitops und kurze Hosen. Der Ministerpräsident der Autonomen Gemeinschaft der Balearen, Francesc Antich i Oliver, empfing den Bundespräsidenten zu einem Gespräch in seinem Amtssitz, bevor sie gemeinsam durch den malerischen Hof zur alten Warenbörse gingen. Das aus dem 15. Jahrhundert stammende Gebäude war früher Sitz der Vereinigung von Kaufleuten und dient heute als Veranstaltungs- und Ausstellungszentrum. Dort hatten sich 350 spanische und deutsche Gäste versammelt. Claudia Schiffer und Boris Becker waren nicht dabei, dafür aber viele Residenten, die sich in deutsch-mallorquinischen Vereinen engagieren, außerdem Pfarrer, Ärzte, Lehrer und Kinder aus der Deutschen Schule. Zur Delegation des Bundespräsidenten zählte auch TUI-Chef Michael Frenzel, für den Spanien immer noch das beliebteste Ferienziel ist. Allein drei Millionen Gäste reisen jährlich mit seinem Unternehmen nach Mallorca. Sie sollten laut der von den Zuhörern mit stürmischem Beifall aufgenommenen Rede des Bundespräsidenten „dem Gastland, seinen Menschen und ihren Gewohnheiten mit Respekt begegnen. Niemand darf dem Missverständnis erliegen, er müsse nur deshalb bestimmte Rücksichten nicht mehr nehmen, weil Urlaub eine Dienstleistung sei, für die bezahlt wird. Auch mit Trinkgeld kauft man sich nicht das Recht, einen Kellner schlecht zu behandeln.“ Insgesamt verbrachten im letzten Jahr rund elf Millionen Deutsche Ferientage in Spanien. Bei ihren Auslandsreisen geben die Deutschen im Schnitt fast dreimal so viel Geld aus wie ausländische Besucher in Deutschland. „Dadurch“, auch darauf wies Rau hin, „ entstehen Arbeitsplätze, die Infrastruktur wird ausgebaut, die privaten Einkommen und die Steuereinnahmen steigen.“ Ihm scheine auf Mallorca das Zusammenleben der Inselbewohner, der ausländischen Residenten und der Touristen im Großen und Ganzen trotz mancher Probleme zu gelingen, sagte er.

Ein Eindruck, den Grete Stöckmann teilt. Sie ist zusammen mit ihrer 90 jährigen Mutter zum Empfang gekommen. Beide leben seit 1964 auf der Insel und haben persönlich nur gute Erfahrungen gemacht. Die Sozialarbeiterin ist vor allem mit den Problemen älterer Menschen konfrontiert, die über die Jahre pflegebedürftig und arm geworden sind. In einem anschließenden Pressegespräch berichtete der Bundespräsident, dass dieser Problembereich neben den Sorgen von Eltern schulpflichtiger Kinder bei der Begegnung mit den Residenten die größte Rolle gespielt habe. Zur Ökosteuer wollte er sich indes nicht äußern, weil es nicht in Ordnung sei, am dritten Tag eines Staatsbesuches zu einer innenpolitischen Frage des Gastlandes Stellung zu nehmen. Auch eine Erörterung der deutschen Kurtaxe verkniff er sich in diesem Zusammenhang.

Man kann verstehen, dass Rau nach den vielen Gesprächen, die er in Madrid zu den gemeinsamen Herausforderungen durch die EU-Osterweiterung geführt hatte, mit Frau Christina gerne noch ein paar Tage am Strand verbracht hätte. Aber da ist das strenge Protokoll unerbittlich. Anstelle eines Bades im Meer, musste er mit dem Bad in der Menge vorlieb nehmen.

Immerhin gab es vor dem Abflug noch einen Programmpunkt, der ihm besonders am Herzen lag: ein Besuch in der Kathedrale von Palma de Mallorca, die zu den fünf schönsten Gotteshäusern Spaniens gehört.

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