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Nüchtern ein Bier holen fahren? Dieser Radfahrer hat hoffentlich nicht mehr als 1,1 Promille. Sonst droht ihm demnächst ein Bußgeld.

© dpa

Promille-Grenze für Radfahrer runter: Verkehrsgerichtstag fordert Tempo 80 auf Landstraßen

Fahrradfahrer sollen schon ab 1,1 Promille ein Bußgeld zahlen, Autofahrer auf Landstraßen nur noch 80 fahren dürfen. So stellt sich der Verkehrsgerichtstag sichere Straßen in Deutschland vor.

Tempo 80 soll auf Landstraßen für Autos, Motorräder und Lastwagen zur Regel werden. Dies hat der Verkehrsgerichtstag am Freitag in Goslar „zur Reduzierung schwerer Unfälle“ gefordert. Nur noch auf gut ausgebauten Bundes- und Landesstraßen könne weiter Tempo 100 erlaubt sein. Bisher gilt außerhalb geschlossener Ortschaften für Autos und Motorräder ein Limit von 100 Stundenkilometern.

Jährlich sterben bei Unfällen auf den Landstraßen mehr als 1900 Menschen – rund 60 Prozent der Verkehrstoten. „Die Angleichung der Geschwindigkeiten kann für flüssigere Verkehrsabläufe sorgen und so den Überholdruck rausnehmen“, sagte Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung des Versicherungsverbandes GDV. Sein Institut hatte in einer Studie ermittelt, dass bei drei Viertel aller Überholunfälle auf Landstraßen die Sichtweiten nicht ausreichten. Um die hohe Anzahl tödlicher Baumunfälle zu senken, schlug das Gremium notfalls auch das Abholzen von Alleen vor. Neue Straßen sollten am Rand von vornherein auf Bäume verzichten. „Im Bestand müssen Hindernisse entfernt oder durch geeignete Schutzeinrichtungen gesichert werden“, lautet die Empfehlung des Arbeitskreises.

250 Euro kann eine Radfahrt mit über 1,1 Promille demnächst kosten

Auch für Radfahrer soll es eine wichtige Neuerung geben. Werden sie mit mehr als 1,1 Promille Alkohol im Blut erwischt, sollen sie nach dem Willen des VGT künftig ein Bußgeld bezahlen. Ein solcher Gefährdungstatbestand, der auch ohne Unfall oder Fahrfehler greift, entspräche der 0,5-Promillegrenze für motorisierte Verkehrsteilnehmer. Weil von betrunkenen Radfahrern eine deutlich geringere Gefahr als von Autos und Motorrädern ausgehe, sei bei ihnen eine höhere Schwelle gerechtfertigt, befand das Expertengremium. Über die Höhe der Sanktion machte der VGT keine konkreten Angaben; im Gespräch ist jedoch der halbe Autofahrersatz, also 250 Euro. Punkte gebe es nicht.

Bisher können Radfahrer nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur ab 1,6 Promille wegen absoluter Fahruntüchtigkeit mit einem Strafverfahren belangt werden. Dann freilich droht auch der Entzug des Führerscheins und ein Idiotentest. Die 0,3-Promillegrenze bei Unfällen oder Auffälligkeiten wie Schlangenlinien („relative Fahruntüchtigkeit) hat für Radfahrer keine praktische Relevanz. „Mir ist kein einziges Urteil bekannt“, berichtete der Rechtsexperte des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Roland Huhn.

Die Radler-Lobbyisten selbst hatten die neue Grenze für ihre Klientel ins Spiel gebracht. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), die Justizministerkonferenz und auch der VGT-Präsident, der frühere Generalbundesanwalt Kay Nehm, lehnen dagegen eine 1,1-Promille-Vorschrift als unnötig und juristisch fragwürdig ab.

Frühere Empfehlungen des Verkehrsgerichtstags haben immer wieder Eingang in die Rechtsprechung gefunden. So ist auch die 0,5-Promillegrenze für Autofahrer auf eine Forderung aus Goslar zurückzuführen.

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