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Prozess gegen Polizisten: Unfalltod eines Schülers neu aufgerollt

Sechs Jahre nach dem Unfalltod eines Schülers wurden zwei Polizisten in zweiter Instanz zu Bewährungsstrafen verurteilt. Sie hatten den schwer betrunkenen Gymnasiasten damals acht Kilometer vor seinem Wohnort abgesetzt. Dort wurde er von einem Auto erfasst.

Ein 46 Jahre alter Beamter erhielt am Mittwoch in dem neu aufgerollten Prozess wegen Aussetzung mit Todesfolge eine Strafe von einem Jahr und sechs Monaten. Ein mitangeklagter 58-Jähriger bekam eine Strafe von neun Monaten wegen fahrlässiger Tötung. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor für beide eine Bewährungsstrafe von einem Jahr gefordert. Die Verteidiger der Beamten plädierten auf Freispruch.

Die beiden Polizisten hatten den stark betrunkenen Gymnasiasten am Morgen des 1. Dezember 2002 aufgegriffen und zunächst in ihrem Streifenwagen mitgenommen. Anschließend ließen sie den leicht bekleideten Schüler bei vier Grad Celsius auf einer Landstraße acht Kilometer von seinem Wohnort Lübeck entfernt aussteigen. Eine Stunde später wurde der junge Mann auf der Fahrbahn sitzend von einem Auto erfasst und tödlich verletzt.

Einem der beiden Angeklagten droht der Verlust seiner Arbeit und Pensionsansprüche

Sollte das Urteil Rechtskraft erlangen, würde der 46-Jährige seinen Job und die Pensionsansprüche verlieren. Die Verteidigerin des Polizisten kündigte unmittelbar nach der Urteilsverkündung an, Revision gegen die Entscheidung einlegen zu wollen. Dem zweiten Beamten droht bei Rechtskraft ein Disziplinarverfahren. Seinen Job und die Pensionsansprüche würde er behalten. Dessen Verteidiger überlegt ebenfalls, Revision einzulegen. Die Polizisten hatten jede Schuld von sich gewiesen.

Nach Ansicht des Vorsitzenden Richters handelte der 46-Jährige mit bedingtem Vorsatz. Er war der Vorgesetzte des zweiten Angeklagten. "Durch sein Verhalten hat der Angeklagte den Tod verursacht", sagte der Richter. Zum Zeitpunkt der Aussetzung sei der Schüler "objektiv schwer alkoholisiert" gewesen, wie der nach seinem Tod festgestellte Alkoholwert von 1,99 Promille belege. Das Gericht habe erhebliche Zweifel an den Angaben der Polizisten, dass der Schüler mehrfach und beharrlich das Polizeifahrzeug habe verlassen wollen.

Der Staatsanwalt hatte das Verfahren eingestellt, die Eltern drangen auf einen Prozess

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hatte Anfang des Jahres eine erste Entscheidung des Lübecker Landgerichts in dem Fall aufgehoben. Die Lübecker Richter hatten die Polizisten 2007 nur wegen fahrlässiger Tötung zu jeweils neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Eine Verurteilung wegen Aussetzung mit Todesfolge lehnte das Gericht ab, weil sich der junge Mann nicht in einer hilflosen Lage befunden habe. Dem folgte der BGH nicht. Der Junge habe sich sehr wohl in hilfloser Lage befunden.

Die Eltern des Schülers hatten den ersten Prozess erzwungen, nachdem die Lübecker Staatsanwaltschaft das Verfahren zunächst eingestellt hatte. (rik/ddp)

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