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Nadja Benaissa vor Gericht.

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Update

Prozess gegen Sängerin: Anklage plädiert auf zwei Jahre Bewährung für Nadja Benaissa

Der vierte Tag im Prozess gegen No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa wurde mit Spannung erwartet. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben ihre Plädoyers gesprochen, das Gericht will am Donnerstagmorgen urteilen.

Die Darmstädter Staatsanwaltschaft hat am Mittwoch für die No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen Übertragung des HI-Virus auf einen Sexpartner gefordert. Es sei bewiesen, dass die heute 28-Jährige im Jahr 2004 bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr ihren damaligen Freund mit dem Aidserreger angesteckt habe, obwohl sie von ihrer Infektion wusste. Die Anklage sieht darin vollendete gefährliche Körperverletzung. Benaissas Verteidiger plädierte vor dem Darmstädter Amtsgericht auf eine „angemessene“ Bewährungsstrafe und Auflagen zu gemeinnütziger Arbeit für seine Mandantin. Das Gericht will am Donnerstagmorgen urteilen.

Nach Aussagen eines Gutachters hat die HIV-infizierte No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa einen Mann mit dem Aids-Virus angesteckt. "Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist festzustellen, dass Frau Benaissa die Quelle für die Infektion war", sagte der Gutachter Josef Eberle am Mittwoch im Prozess vor dem Amtsgericht Darmstadt. Die 28-Jährige ist wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt.

Benaissa hat Sex ohne Kondom gestanden. Sie hat auch zugegeben, von ihrer Infektion gewusst zu haben. Das Gutachten des 53 Jahre alten Virologen ist ein entscheidender Punkt vor dem Abschluss des Prozesses - weil damit geklärt werden sollte, ob die Infektion des Nebenklägers tatsächlich von Benaissa ausging.

Als Nebenkläger tritt ein 34 Jahre alter Mann auf. Er gibt an, von Benaissa 2004 bei ungeschütztem Sex infiziert worden zu sein. Die Sängerin hatte zum Prozessauftakt am Montag vergangener Woche Reue gezeigt und sich für ihr Verhalten entschuldigt. Sie schilderte ihr Leben mit Drogen, Partys und schnellem Erfolg. "Es tut mir von Herzen leid. Ich wollte das nicht. Ich hatte die Kontrolle verloren." Gutachter Eberle sagte, die zu untersuchenden Proben von Benaissa und dem Mann seien ihm "in Bestzustand" überreicht worden. Eine Verwechslung oder eine Verschmutzung sei auszuschließen. "Die Datenanalyse war ausschließlich in meiner Hand." Das Gutachten sei auf Basis eines bewährten Verfahrens erfolgt, das ständig verbessert werde. "So ein Gutachten bietet auch die Chance, jemandem ganz klar die Unschuld zu beweisen." Mit der Analyse sei ein "nahezu 100-prozentiges Erreichen eines Beweises" möglich.

In dem Prozess geht es für Benaissa auch um versuchte gefährliche Körperverletzung. Zwei andere Partner blieben trotz Sex ohne Kondom von einer Ansteckung verschont. Um den Prozess übersichtlich zu halten, spielt von diesen beiden Männern nur noch einer eine Rolle.

Aids-Hilfe-Organisationen forderten unterdessen einen Freispruch für Benaissa. "Auch die Strafjustiz muss der Eigenverantwortung des Einzelnen für seine Gesundheit Rechnung tragen", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Initiativen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Prävention dürfe nicht nur einseitig HIV-positiven Menschen aufgebürdet werden.

Die Sängerin war im April 2009 in Frankfurt/Main vor einem Auftritt festgenommen worden. Sie saß zehn Tage in Untersuchungshaft.

Die Staatsanwaltschaft Darmstadt hatte Details der Vorwürfe bekanntgegeben und auch die HIV-Infektion der Sängerin nicht verschwiegen. Der Behörde war daraufhin vorgeworfen worden, das Sex- Leben einer Prominenten in die Öffentlichkeit gezerrt zu haben.

Benaissa war vor zehn Jahren mit den in einer TV-Show gecasteten No Angels schlagartig berühmt geworden. Die Popband feierte große Erfolge. 2003 gab die Girlgroup ihre Trennung bekannt. Anfang 2007 verkündeten die No Angels ihr Comeback. Die Band-Kolleginnen Sandy Mölling, Jessica Wahls und Lucy Diakovska waren in dem Prozess als Zeugen vorgesehen, mussten dann aber doch nicht vor Gericht erscheinen. (dpa/ddp)

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