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Der Angeklagte im Koffermord-Prozess, Günter H., der Handschließen und eine Jacke über dem Kopf trägt, wird am Montag in Stuttgart von einem Justizbeamten in einen Gerichtssaal im Landgericht geführt.

© Marijan Murat/dpa

Update

Prozess in Stuttgart: Angeklagter im Koffermord-Prozess sieht sich als Justizopfer

Es war ein grausiger Fund im Schlossgarten von Stuttgart: In zwei großen Reisekoffern entdeckte die Polizei zwei Leichen. Jetzt hat der Prozess gegen einen 48-Jährigen begonnen. Doch der sagt: „Die Karten sind gezinkt.“

Zehn Flaschen Bier in fünf Stunden könnten es bei ihm rasch mal sein, sagt Günter H. am Montag vor dem Stuttgarter Landgericht. Seit seiner letzten Haftentlassung 1995 trinke er viel. Und regelmäßig. Manchmal auch Schnaps. Auch an Christi Himmelfahrt im vergangenen Jahr sei in kleiner Runde in seiner Wohnung sehr viel Alkohol geflossen - doch diesmal waren am Ende zwei seiner Zechkumpanen tot: eine 47 Jahre alte Frau und ein 50-Jähriger. Günter H. packte die Leichen in zwei Reisekoffer und schaffte diese an einen Bahndamm im Schlossgarten. Das räumt er ein. Umgebracht aber habe er sie nicht, beteuert er.

Der Fund der beiden Leichen machte im Juni bundesweit Schlagzeilen. Die Suche nach dem Täter gestaltete sich schwierig. Auch ein Aufruf in der TV-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ brachte zunächst keine entscheidenden Hinweise für die Sonderkommission „Damm“. Zwei Wochen später führten DNA-Spuren aber zu dem 48-Jährigen.

Mit einer Jeansjacke über dem Kopf betritt er am Montag den Gerichtssaal. Blauer Pullover, Jeans, kurze leicht ergraute Haare, Fußkette. Er redet undeutlich und vermengt wieder und wieder ältere Gerichtsverfahren wegen Körperverletzung mit dem aktuellen. Er sieht sich als Opfer der Justiz. Die Leichen seien manipuliert, ihre Verwesung beschleunigt worden, um die wahre Todesursache zu verschleiern. Oft schon habe er Unrecht vor Gericht erfahren. Und er ist sich sicher: „Am Ende kommt SV raus.“ SV wie Sicherungsverwahrung nach lebenslanger Haft.

"Ich war traumatisiert"

Seine Version vom Tattag klingt so: Man trinkt viel. Er auch. In einer Blackout-Phase zieht er sich in einem Nebenraum zurück, um seinen Rausch auszuschlafen. Seine Zechkumpanen streiten. So viel bekommt er mit. Ein Zischen weckt ihn. Und er sieht, wie die Frau dem Mann einen Feuerlöscher ins Gesicht rammt. „Sie hatte einen extremen Hass auf ihn“, erzählt er. Warum, wisse er nicht. Er habe sich „solidarisch zu ihr gestellt“, wie er sagt. Sie sollen sogar noch gemeinsam ausgegangen sein an diesem Tag. In der Nacht stranguliert sie sich zu Tode, berichtet er.

Und schildert den weiteren Verlauf: Unter Schock schafft er die Leichen aus dem Weg. Die Koffer hatte er vom Sperrmüll. Er packt sie auf den Fahrradanhänger und fährt sie in den Schlossgarten. In zwei Touren. Womöglich erst Tage später, so klar wird das heute nicht.

„Ich war traumatisiert“, erinnert er sich. Wann, was passierte, wisse er überhaupt nicht mehr. Am Ende werde er ohnehin für den Tod der beiden verantwortlich gemacht werden, sagt er vor Gericht. Und so sei es ja nun auch gekommen. Er sei Opfer eines abgekarteten Spiels geworden. „Und die Karten sind gezinkt.“ Die Version der Anklage vom Tattag hingegen lautet so: Das Trio betrinkt sich an Christi Himmelfahrt in der Wohnung. Und dann wird gestritten. Die Staatsanwaltschaft meint auch, den Grund für den Streit zu kennen: Der 50-Jährige soll den Angeklagten bei seiner Beziehung zu der 47-Jährigen im Weg gestanden haben. H. erschlägt den Nebenbuhler dieser Version zufolge mit dem Feuerlöscher - und um die Tat zu verschleiern, ersticht er demnach später auch die 47-Jährige. Die Anklage lautet auf zweifachen Mord. (dpa)

Ein Polizist hängt am 10.06.2014 in Stuttgart am Polizeirevier Ostendstraße ein Fahndungsplakat mit Fotos der Opfer, und der zwei Koffer in denen sie gefunden wurden, auf.
Ein Polizist hängt am 10.06.2014 in Stuttgart am Polizeirevier Ostendstraße ein Fahndungsplakat mit Fotos der Opfer, und der zwei Koffer in denen sie gefunden wurden, auf.

© dpa

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