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Auch eine Aussage. Das Buch präsentierte die Nebenklägerin

© dpa

Prozess: Kachelmanns Ex-Geliebte will Revision

Die Hauptverhandlung ist abgeschlossen, doch das Strafverfahren gegen Jörg Kachelmann ist damit nicht zu Ende: Kachelmanns Ex-Geliebte will die Revision. Ihre Chancen sind gering – doch es gibt eine unwägbare Größe.

Am Mittwoch hat das Landgericht Mannheim mitgeteilt, dass nach der Staatsanwaltschaft auch die Nebenklägerin, die Ex-Geliebte Claudia D., kurz vor Fristende Revision eingelegt hat. Überraschend. Zunächst hatte es geheißen, sie wolle verzichten. Nun wird es wahrscheinlicher, dass das letzte Wort in der Sache, wie häufig, vom Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe kommt. Zwingend ist es nicht.

Ende Mai hatte die Mannheimer Strafkammer den Fernsehmann vom Vorwurf der schweren Vergewaltigung freigesprochen, seine Schuld sei nicht zweifelsfrei erwiesen. Kachelmanns angebliches Opfer war danach abgetaucht. Der Revisionsantrag ist der letzte Versuch, doch noch zu einer Verurteilung zu kommen. Dafür müsste der BGH das freisprechende Urteil aufheben und den Fall an das Landgericht zurückverweisen. Selbst dann könnte eine neue Verhandlung – theoretisch – wieder mit Freispruch enden. Das Verfahren könnte Jahre dauern.

Wollen das die Beteiligten? Die Situation der Staatsanwaltschaft war klar. Sie hatte einen Schuldspruch und vier Jahre Haft beantragt. Im Fall eines Freispruchs ist es vor Landgerichten üblich, schnell Revision einzulegen. Die Beteiligten haben dafür nur eine Woche Zeit.

Die Revisionsanträge zwingen die Richter, eine umfassende Urteilsbegründung zu schreiben, einschließlich der Details zur Beweiswürdigung. Andernfalls könnten sie es kurz halten. Angesichts der vielen Zeugen und der Gutachterschlacht in dem Verfahren könnten über 100 Seiten fällig werden. Ist der Text zugestellt, spätestens Mitte September, haben Nebenklägerin und Staatsanwaltschaft einen Monat Zeit, ihre Revision zu begründen.

Häufig ziehen die Ankläger ihr Rechtsmittel zurück, weil sie es für aussichtslos halten. Anders als in der Öffentlichkeit oft angenommen, treibt sie weder Jagdeifer noch spielen Motive wie Gesichtswahrung eine besondere Rolle. Eine Revision bedeutet Arbeit und ein unerledigtes Verfahren. Ist ein Urteil wasserdicht, genügt das den Anklägern meist.

Bleiben die Ankläger aber dabei und bekommen auch von ihren Vorgesetzten Rückendeckung, muss der BGH den Fall mündlich verhandeln. Dabei geht es nur noch um Rechtsfehler, etwa bei Bewertung der Indizien. Zeugen oder Gutachterauftritte gibt es keine mehr. Springt die Staatsanwaltschaft vorher ab und die Nebenklägerin betreibt die Revision alleine weiter, haben es die BGH-Richter einfacher. Sind sie sich einig, dass nichts eine Aufhebung des Freispruchs rechtfertigt, könnten sie die Revision als offensichtlich unbegründet per Beschluss verwerfen. Geht es schnell, hätte Kachelmann möglicherweise noch Ende des Jahres Gewissheit, ob sein Freispruch rechtskräftig wird.

Strafverteidiger geben einer Revision wenig Chancen. Zweifel, heißt es, seien Sache des Tatgerichts, man könne schlecht rechtsfehlerhaft zweifeln. Eine unwägbare Größe gibt es allerdings, sie heißt Armin Nack und ist Vorsitzender des Ersten Strafsenats, der für den Kachelmann-Fall zuständig wäre. Der Senat ist in Verteidigerkreisen berüchtigt, weil Angeklagte kaum Revisionen durchbringen. Nack gilt als eigenwilliger Jurist, der Gewohntes gerne durchbricht, meist zulasten Angeklagter. Zudem ist er ein ausgewiesener Experte in Fragen der Beweiswürdigung, auch die Mannheimer Richter hatten, bezogen auf die Nebenklägerin, aus seinem Fachbuch zitiert, es sei ein „verbreiteter Irrglaube“, dass jemand, der in Nebenpunkten bei seiner Aussage lüge, auch zum angeblichen Tatgeschehen die Unwahrheit sagt. Wenn Nack bei der Lektüre der Mannheimer Urteilsgründe das Gefühl bekommt, hier würden Zweifel vorgeschoben, wo es keine hätte geben müssen, kann es noch einmal eng werden für Kachelmann.

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