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Weißwurst

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Prozess: Weißwurstkrieg beendet - die Wurst gehört allen

Zumindest rechtlich gesehen gibt es keinen Weißwurst-Äquator mehr. Nach einem Beschluss des Bundespatentgerichts in München wird der Name "Münchner Weißwurst" nicht als "geographische Angabe" geschützt.

Der Weißwurststreit in Bayern ist gegessen: Es gibt keinen besondern Schutz für die Münchner Weißwurst - eine enttäuschende und überraschende Entscheidung des Bundespatentgerichts für die Münchner Metzger, war doch die Nürnberger Bratwurst schon vor Jahren als geografische Angabe geschützt worden. Die Münchner Weißwurst hingegen können nun alle Metzger in der ganzen Welt produzieren und auch als Münchner Weißwurst verkaufen - die Wurst gehört jetzt allen.

Über Jahre hatten sich die Metzger im Freistaat einen erbitterten Streit durch die Instanzen geliefert. Hersteller und Wirte in München und im Landkreis beanspruchten für sich, alleine die Münchner Weißwurst herstellen zu dürfen. Das ergebe sich schließlich schon aus dem Namen. "Die Münchner Weißwurst darf nur in München hergestellt werden", argumentierte Markus Brandl, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst und Geschäftsführer einer Münchner Metzgerei-Kette vor der mündlichen Verhandlung des Bundespatentgerichts im vergangenen Dezember.

Durch Billig-Importe bedroht

Die Metzger im Umland, in Altbayern und Schwaben sahen das anders. Schließlich verlaufe der "Weißwurstäquator" keineswegs durch München, sondern etwa entlang der Donau, erklärte Georg Kleeblatt, Landesinnungsmeister des bayerischen Fleischerhandwerks, damals. Außerdem werde die Weißwurst keineswegs nur in München gerne verzehrt. "Ich habe Verständnis für die Münchner - aber ich habe auch Verständnis für die Kollegen außerhalb von München", sagte der Vizepräsident des Deutschen Fleischerverbandes.

Bereits seit Jahrzehnten ist die Beschaffenheit der Münchner Weißwurst behördlich festgeschrieben. Weil sie durch Billig-Importe von Verwässerung oder auch Verfettung bedroht war, erließ die Stadt München 1972 mit der Weißwurstverordnung quasi ein "Reinheitsgebot". Danach muss die "Original Münchner Weißwurst" mindestens 51 Prozent mageres Kalbfleisch enthalten, mehr als 30 Prozent Fett sind verboten. An dieser Rezeptur ändert sich nichts - so werde die Weißwurst nicht nur in München, sondern in ganz Bayern hergestellt, betont Kleeblatt, der in Holzkirchen in Oberbayern eine Metzgerei betreibt.

Münchner hätten die Würste heißen dürfen

Nach dem Urteil wollte die Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst erst einmal keinen Kommentar abgeben. Kleeblatt hingegen äußerte sich erleichtert. "Wir sind froh", sagte er am Dienstag. Die Auseinandersetzung sei nun endlich ausgestanden, "das schafft Ruhe".

Die Entscheidung kam überraschend. Denn nach Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamts als erster Instanz hatte die Bezeichnung Münchner Weißwurst die Voraussetzungen für die Eintragung einer geschützten geografischen Angabe durchaus erfüllt. Demnach hätten nur noch die Würste "Münchner" heißen dürfen, die im Stadtgebiet oder im Landkreis München hergestellt werden. Doch dagegen hatten Metzger aus anderen Gebieten Bayerns Beschwerde eingelegt.

Großteil der Würste wird nicht in München hergestellt

Das Bundespatentgericht urteilte nun anders. Es beruft sich auf neueste Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, nach denen es auf die aktuellen Marktverhältnisse ankommt. Diese hat das Gericht geprüft - und ist zu dem Schluss gekommen: Mitnichten wird die Weißwurst vor allem in München hergestellt. Ganz im Gegenteil: Rund 95 Prozent der Wurst-Spezialität werden laut Urteil in Altbayern und Schwaben produziert, 40 Prozent allein stammten von einem Betrieb in Schwaben.

Ob die geschützte Nürnberger Bratwurst heute noch den Schutz bekommen würde, ist offen. Sie war 2003 ähnlich wie bereits die Klassiker Parmaschinken und Champagner als regionale Herkunftsbezeichnung europaweit geschützt worden. Für die Münchner Weißwurst gibt es dennoch keine Chance mehr: "Das Verfahren ist beendet", sagt Gerichtssprecherin Regina Hock. Denn es gibt keine weitere Instanz. Die einzige Chance wäre, beim Bundesgerichtshof mögliche Verfahrensmängel geltend zu machen - das würde aber den Tenor des Urteils nicht mehr ändern.

Sabine Dobel[dpa]

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