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Panorama: Rasend vor Wut

Neue Steuern, Gebühren und Kontrollen – britische Autofahrer sind sauer

Eine Million Unterschriften? „Ein Grund, mehr, nicht weniger, darüber zu debattieren“, erklärte Großbritanniens Verkehrsminister Douglas Alexander angesichts des anschwellenden Protests gegen seine Verkehrspolitik. Peter Roberts, ein 46- jähriger Angestellter aus Telford in Shropshire und Mitglied des britischen Autofahrerverbandes ABM, sieht es anders: „Höchste Zeit, dass die Regierung auf die Bürger hört.“ Über eine Million Briten haben Roberts „E-Petition“ gegen die Einführung einer landesweiten Straßenmaut unterzeichnet, und es werden täglich mehr. Sie halten die geplante Straßenbenutzungsgebühr nicht nur für unfair und teuer – das notwendige Satellitenpositionierungsgerät würde 200 Euro und eine Straßenmeile in der Rush Hour bis 2 Euro 20 kosten. Sie haben auch eine Abneigung gegen jede Form von Bürgerbespitzelung. „Es ist nicht gesund für eine Demokratie, wenn alle Bewegungen der Bürger überwacht werden“, sagt Roberts. „Toll Tax“ oder „Mautsteuer“ nennen Autofahrer das geplante System, das mit GPS-Technologie jede Autobewegung im Land registrieren würde.

Das reimt sich auf „Poll Tax“, Kopfsteuer, und erinnert daran, dass schon einmal eine Regierung – die unter Margaret Thatcher – wegen einer unpopulären Steuer Probleme bekam. Die Straßenmaut ist nicht das Einzige, was britische Autofahrer aufregt. Heute wird die Londoner „City-Maut“- Zone mit einem Schlag verdoppelt. Dann müssen auch Anwohner der wohlhabenden westlichen Wohngebiete zwölf Euro am Tag bezahlen. Im Stadtteil Richmond werden die Parkgebühren demnächst nach Motorleistung gestaffelt. Besitzer von Benzinschluckern müssen dann 300 Pfund im Jahr bezahlen, um in ihrer Straße parken zu dürfen – aber auch Mittelklassewagen und Familienautos kosten mehr. Überall machen Geschwindigkeitsschwellen oder Radarfallen das Fahren zur Qual, und geblitzt wird schon, wer nur drei, vier Stundenkilometer zu schnell ist. Eine Autofahrerin wurde per Hubschrauber verfolgt, weil sie einen Apfel aß – Essen am Steuer ist verboten.

Am meisten aber bringt Autofahrer die Zahl der Radarfallen auf die Palme. Es sind über 6000. Im Steuerjahr 2004/5 nahm der Staat 200 Millionen Euro Strafen ein. Ein Autofahrer wurde zum Terroristen. Eine Serie von Briefbomben explodierte – drei davon in Behörden, die mit Verkehrsüberwachung befasst sind.

Ein „Captain Gatso“, der mit seiner Guerillaorganisation bereits über 1000 Kästen im Wert von 43 Millionen Euro zerstört haben will, meldete sich bei der BBC. „Wir verurteilen diese Anschläge und haben nichts damit zu tun“, sagte er. „Aber wir verstehen die Frustration.“ Gatso ist ein „Petrolhead“, ein Benzinkopf, wie diese Heißsporne heißen. Sie seien meist männlich, weißer Hautfarbe, mittleren Alters, wenn nicht gleich in der Midlife-Crisis, sagen Kriminalpsychologen. Aber die Sympathien mit den „Petrolheads“ gehen durch die ganze Gesellschaft. Jahrelang galt in Großbritannien der Grundsatz, dass der Staat seinen Bürgern keine Fallen stellen darf. Deshalb wurden Verkehrskameras sichtbar gelb angestrichen. Doch auch damit ist Schluss. Es wurden Minikameras entwickelt, die in Katzenaugen am Straßenrand versteckt werden – gegen Gatso und seine Leute.

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