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5,8 Tonnen Kokain, der größte Kokainfund der letzten 18 Jahre, wurde im Dezember in Spanien präsentiert.

© picture alliance / Europa Press

Rauschgiftschmuggel: Europas Drogenumschlagplatz

Spanien gilt als Drogen-Einfallstor Europas und macht in den vergangenen Wochen durch Riesenfunde auf sich aufmerksam.

Der Hubschrauber der spanischen Drogenfahnder fliegt wenige Meter über dem Meer. Dicht vor ihm ein rast ein hochmotorisiertes Schlauchboot über die Wellen, das mit Rauschgiftpaketen aus Marokko gefüllt ist. Die Schmuggler fahren mit hoher Geschwindigkeit auf den Strand im südspanischen Küstenort La Línea zu. Ihr Boot fliegt förmlich aus dem Wasser und landet hart im Sand. Drei Männer springen heraus, lassen ihr Schmuggelgut zurück und verschwinden in den Gassen des Küstenortes.

Spektakuläre Verfolgungsjagden wie diese gehören zum Alltag der spanischen Anti-Drogen-Polizei, die mit Flugzeugen und Patrouillenschiffen auf dem Meer gegen die Rauschgiftmafia kämpfen. Das sei manchmal „wie in Action-Filmen“, berichtet eine Fahnderin, die auf der Mittelmeerinsel Mallorca stationiert ist und per Schnellboot die Gewässer zwischen Nordafrika und Spanien kontrolliert. Die Schmuggler versuchen nahezu täglich, übers Meer Tonnen von Rauschgift nach Spanien zu bringen. Das südeuropäische Land ist das Drogen-Einfallstor Europas.

In den Häfen sind Anti-Drogen-Einheiten stationiert

Einige Drogenboote können noch auf dem Meer gestoppt werden. Andere werden aus der Luft verfolgt, um die Schmuggler und ihre Fracht an der Küste beim Entladen zu schnappen. Auch in den Häfen sind Anti-Drogen-Einheiten stationiert, um per Schiff ankommende „heiße Fracht“ aufzuspüren.

Ein Riesenfund machten vor Kurzem die Beamten im südspanischen Küstenort Algeciras. Dort kamen den Anti-Drogen-Polizisten sechs Bananen-Frachtcontainer, die gerade per Schiff angekommen waren, verdächtig vor. Sie hatten den richtigen Riecher. Sie entdeckten tausende Kokainpakete, die unter Bananen-Früchten versteckt waren. Sechs Tonnen Kokain fand die Polizei allein in dieser Schiffsladung. Es war der größte Kokainfund in Spanien seit Jahrzehnten, der einen Marktwert von rund 210 Millionen Euro hatte. Zugleich war es einer der dicksten Kokainfänge, der jemals in Europa ins Netz ging.

In Barcelona wurden 330 Kilo Heroin entdeckt

Einige Tage zuvor hatten spanische Drogenfahnder einen ähnlich spektakulären Erfolg gelandet: Sie konnten im Hafen Barcelonas 330 Kilo Heroin mit einem Wert von 120 Millionen Euro sicherstellen, das aus Afghanistan und über die Türkei per Frachter nach Spanien geschmuggelt worden war. Auch das war ein Rekordfund. Das Heroin war in Zementsäcken versteckt gewesen.

Kokain aus Kolumbien, Peru und Bolivien; Heroin aus Afghanistan; das aus der Cannabispflanze gewonnene Haschisch aus Marokko – nirgendwo in Europa werden mehr Rauschgifte beschlagnahmt als in Spanien, das eine tausende Kilometer messende Seegrenze am Mittelmeer und am Atlantik hat.

„Spanien ist wegen seiner geografischen Situation eines der bevorzugten EU-Länder der internationalen Drogenschmuggler“, schreibt die Europäische Drogen-Beobachtungsstelle in Lissabon in ihrem Rauschgiftbericht 2017. Von Spanien aus wird das Rauschgift dann in andere europäische Länder transportiert. Deswegen sind die Drogenkontrolleure in Spanien besonders aufmerksam.

Lediglich Stichproben sind möglich

Angesichts von Millionen Handelscontainern, die jedes Jahr in den großen spanischen Häfen in Barcelona, Algeciras, Bilbao und auf den Kanaren ankommen, müssen sich die Fahnder auf Stichproben beschränken. Dabei hilft ihnen eine computergestützte Risikoanalyse, bei der die Frachtdaten unter die Lupe genommen werden: Ladung, Herkunftsland, Frachtweg, Lieferant, Empfänger. Sobald irgendetwas verdächtig erscheint, schauen die Beamten genauer hin.

Wenn viele Drogen ins Land kommen, steigt auch die Versuchung: Beim Drogenkonsum gehören die Spanier zu den europäischen Spitzenreitern. Auch wenn der Verbrauch im letzten Jahrzehnt leicht zurückging, greifen Spanier öfter zu Drogen als die Bürger in den meisten anderen EU-Ländern. Laut der EU-Drogen-Beobachtungsstelle in Lissabon sind in Spanien Haschisch und Kokain die populärsten Drogen, „deren Konsum sich vor allem auf Jugendliche und junge Erwachsene bis 35 Jahren konzentriert“.

Viele Spanier nehmen Drogen

Laut dieser EU-weiten Studie nehmen 17,1 Prozent der Spanier in dieser Altersgruppe Haschisch, das überwiegend mit Tabak gemischt als „Joint“ geraucht wird. Noch drogenanfälliger sind zwar Spaniens Nachbarn, die Franzosen, mit 22,1Prozent. Doch unter den Deutschen liegt diese Haschisch-Quote „nur“ bei 13Prozent. Beim Kokain lag die Quote in Spanien bei den bis zu 35-Jährigen bei drei Prozent. Übertroffen von Großbritannien, wo vier Prozent „koksen“; in Deutschland sind es 1,2 Prozent.

Spaniens hoher Drogenverbrauch macht sich auch in den Abwässern bemerkbar: Bei Wasseranalysen, die in europäischen Großstädten stattfanden, entdeckten Wissenschaftler in Spaniens Metropolen Barcelona und Valencia überdurchschnittlich hohe Kokainspuren.

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