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Hafenbar Nassau. Am Strand des British Colonial Hilton erleben die Gäste fast hautnah, wie beliebt die Bahamas bei Passagieren von Kreuzfahrtschiffen sind.

© Stefanie Bisping

Bahamas: Königliche Cocktails im Exil

Englands Kurzzeitregent Edward VIII. betrachtete die Bahamas als drittklassige Kolonie. Heute schätzen Touristen das luxuriöse Ambiente.

Als das kleine Boot am Cable Beach ablegt, liegen einige der Passagiere stimmlich bereits einige Dezibel über ihrer gewohnten Sendelautstärke. All-inclusive bringt ja bekanntlich nicht unbedingt das Beste im Menschen zum Vorschein. Das Verpflegungskonzept in Hotels lähmt auch oft den Erkundungsdrang, verführt zu unmäßigem Essen und ungebremstem Alkoholkonsum, macht den Urlauber träge und – nicht zuletzt – trunken. Minuten später erreicht das Boot Sandals Cay, die Privatinsel, die dem gleichnamigen Resort gegenüberliegt.

Eine Hälfte gehört dem Hotel. Die Gäste verteilen sich in einer sandigen Bucht, streben zum Pool oder richten sich auf einer der Liegen ein, die in einem Wäldchen aufgestellt sind, das sich bis zum Spa am Ende der Insel erstreckt. Bald kehrt Ruhe ein. Die andere Inselhälfte sieht aus wie ein Stadtpark am heißesten Tag des Jahres. Ihre dicht gestellten Liegen sind an Kreuzfahrtpassagiere auf Landgang vermietet. Sie kommen von Schiffen, so groß wie Hochhäuser, und man bietet ihnen auch hier ihre gewohnte Geräuschkulisse aus mäßig guter Popmusik.

Damit es den Kreuzfahrern an nichts fehlt, bieten allerlei Futterkrippen Sandwiches, Salate und Wraps – und das einzige Starbucks-Café auf einer Privatinsel. Ihren königlichen Namen „Balmoral Island“ hat sich die Inselhälfte der Kreuzfahrer, die bis vor wenigen Jahren Blackbeard’s Cay hieß, von gegenüber geliehen. Wo sich heute das Sandals Royal Bahamian Resort befindet, lag einstmals mit dem Balmoral Club ein spitzer Stein im Schuh des damaligen englischen Königs George VI.

Der Herzog von Windsor fand hier Trost

Die Beatles logierten dort, als sie 1965 Szenen für ihren Film „Help“ drehten, und machten an George Harrisons 22. Geburtstag eine Menge Unordnung. James Bond gab in der Nachbarschaft mehrmals Einblicke in den Alltag des coolsten Geheimagenten der westlichen Welt. Doch bevor der Glamourfaktor der Bahamas so ins kaum mehr Messbare schoss, hielt der Herzog von Windsor, 1936 abgedankter König Edward VIII. von England, während des Zweiten Weltkriegs mit seiner amerikanischen Frau Wallis auf New Providence, der Hauptinsel der Bahamas, Hof.

Der Herzog allerdings fand sein tropisches Exil, in das ihn sein jüngerer Bruder und Nachfolger auf dem Thron 1940 abgeschoben hatte, entsetzlich öde. Der einzige Trost in diesem Nest von Schwammtauchern und Fischern war für Edward alias David Duke of Windsor der eben eröffnete Balmoral Club, wo er Erholung von seinen Pflichten als Gouverneur fand und gut gekühlte Drinks das Leben ein bisschen leichter machten.

Man könnte die Kulisse positiver betrachten als der exilierte Herzog. 700 Inseln zählen zu den Bahamas, 30 von ihnen sind bewohnt. An ihren Ufern leuchtet das Meer in allen Schattierungen von Blau und Türkis. Es gibt nicht viele Orte, an denen sich ein derartig spektakuläres Farbenspiel bietet wie rund um die Inseln, die sich von der Küste Floridas in einem weiten Bogen bis nach Kuba erstrecken.

In der Piano Bar wird der High Tea zelebriert

Herz des Inselreichs ist die Hauptstadt Nassau, wo Queen Victoria von einem Sockel auf den Rawson Square blickt und das Büro des Premierministers gleich neben einem Golfplatz liegt. In den 1940er Jahren war die Stadt, in der heute 241 000 Menschen leben, kaum mehr als ein Dorf. Der Herzog von Windsor sehnte sich aber weniger nach Weltenferne als nach Beachtung. In den Jahren als von Menschen und Medien geliebter Thronfolger war sie ihm Sauerstoff für die Seele geworden. Stattdessen bekam er nun den Job in einer „drittklassigen Kolonie“. Der ereignisarme Alltag machte ihn ebenso mürbe wie das verschlafene Bretterbudendorf im Ozean, für dessen Bewohner er Bezeichnungen fand, die heute als rassistisch gelten.

Historisches in der Hotelbar. Ein Magazin von 1936 mit Wallis Simpson auf dem Titel.
Historisches in der Hotelbar. Ein Magazin von 1936 mit Wallis Simpson auf dem Titel.

© Stefanie Bisping

Des Herzogs Club, die Oase in der Ödnis der Tropenprovinz, ist heute Teil des Sandals Royal Bahamian Resort. Liebevoll pflegt man hier die Erinnerungen an den hochadeligen Gast. In der Piano Bar wird jeden Nachmittag bei dezenter Musik mit Kuchen und Sandwiches der High Tea zelebriert. Edward und Wallis lächeln von großformatigen Fotos auf die überwiegend US-amerikanischen Gäste. Man sieht das Paar beim Kartenspiel, sie lachend, er besorgt in die Karten blickend; ein anderes Foto zeigt den Herzog, wie er 1940 am Rawson Square eine Parade abnimmt; eines schließlich, wie er im Kreis seiner Angestellten vor dem Gouverneurssitz posiert. Ein Porträt der Herzogin sucht zu erklären, warum der Thronfolger der zweimal geschiedenen Amerikanerin verfiel und darauf bestand, ihr dritter Gatte zu werden.

An den gerahmten Titelseiten von Zeitungen und Magazinen lässt sich die Chronologie der Staatskrise ablesen. „Mrs. Simpson entsagt dem König öffentlich – Edward noch immer entschlossen, sie zu heiraten“, lautet die Schlagzeile des „New Haven Journal“ vom Dienstag, dem 8. Dezember. Zwei Tage später zeigt das Magazin „News Review“ auf dem Titel das Bild einer verschmitzt lächelnden Wallis, darunter steht nur ihr Vorname – und am Kopf der Seite der Schriftzug „This issue is historic – preserve it!“

"No Woman, No Cry"

Die tägliche Wettervorhersage gibt es auch als Souvenir für zu Hause.
Die tägliche Wettervorhersage gibt es auch als Souvenir für zu Hause.

© Stefanie Bisping

Es ist die Ausgabe vom 10. Dezember 1936, jenem schicksalsschweren Tag, da Edward VIII. seine Abdankungserklärung unterschrieb, der Liebe wegen. Unmöglich fand er es, die Verantwortung eines Königs von Großbritannien, Irland und den britischen Überseegebieten und eines Kaisers von Indien zu schultern ohne die Unterstützung der Frau, die er liebte, so teilte er es seinen Untertanen anderntags in einer legendären Radioansprache mit.

Die Wahrheit war vermutlich komplexer, doch passt ihr Kern – Verzicht auf sehr viele Titel für eine einzige Frau – nicht schlecht zur Piano Bar, in der Flitterwöchner und Silberhochzeitspaare Scones essen und Earl Grey trinken, während draußen die Sonne brennt und Bob Marley aus seinem Grab „No Woman, No Cry“ singt.

Die Piano Bar befindet sich in jenem einstöckigen Gebäude, das einst den Club beherbergte. Damals stand hier das Etablissement stolz und weiß, mit schattiger Terrasse allein auf weiter Flur, gerade noch in Sichtweite des Meeres. Heute hat der Club ein auf weiße Säulen gestütztes, neogriechisches Portal erhalten, das zu den scheinantiken Pfeilern passt, die im Pool stehen. Trotz der auffälligen Eingangssituation wird er optisch vom angrenzenden Balmoral-Tower fast erdrückt. Im Lauf der Zeit, da er erst zum Hotel „Balmoral Club“, später zum „Le Meridien Royal Bahamian“ und schließlich, im Sommer 1996, Teil des „Sandals“ wurde, ist der herzogliche Club zum Anhängsel geschrumpft.

"Couples only" heißt es bei den Sandals Resorts

Wo einst die Herzogin bei einem Drink dem geplatzten Traum vom Titel einer Königin Britanniens nachtrauerte, sitzen gleich hinterm originalen Verandageländer amerikanische Urlauber im Whirlpool. Sie unterhalten sich und trinken Cocktails. Bei warmen Temperaturen im Pool zu stehen oder an der im Becken eingelassenen Bar bis zur Hüfte im Wasser zu sitzen, ein Biergefäß aus bruchsicherem Plastik in der Hand zu schwenken und Musik zu lauschen, deren Rhythmen zumindest ab und zu daran erinnern, wo man sich hier eigentlich befindet, ist offenbar ihr eigentliches Urlaubsglück.

Damit dabei weder Kreischen zu hören ist noch Promillerekorde geknackt werden, sind Gäste unter 18 Jahren gar nicht erst zugelassen. „Couples only“, lautet die Devise bei den Sandals Resorts, unter deren Gäste viele Brautpaare und Hochzeitsreisende sind. Weiten die sich zu Familien aus, können sie in die Häuser der ebenfalls zum jamaikanischen Unternehmen gehörenden Familienmarke „Beaches“ ausweichen. „Couples only“ bedeutet indessen nicht, dass Alleinreisende hier grundsätzlich nicht zugelassen sind.

Eine Amerikanerin hielt über den Tod ihres Mannes hinaus an der lieben Gewohnheit fest, im Sandals Royal Bahamian Resort Urlaub zu machen. Den Gatten brachte sie fortan in seiner Urne mit. Das ist nicht verboten, aber auch nicht Voraussetzung, um allein ein Doppelzimmer zu beziehen.

Johnny Depp hat seine eigene Insel

Die Bahamas sind heute, wiewohl Teil des Commonwealth und trotz einer anhaltenden Liebe zu vom Königshaus inspirierten Orts- und Straßennamen, amerikanisch geprägt. Es liegt weniger am Beispiel der verhinderten Queen Wallis als an der geografischen Nähe zu den USA. Beyoncé, Oprah Winfrey, Nicholas Cage und Bill Gates leisten sich Zweitwohnsitze auf dem Nassau gegenüber gelegenen Paradise Island; Johnny Depp, Eddie Murphy und David Copperfield entschieden sich für eigene Inseln.

Damit in Zukunft noch mehr Amerikaner einen Grund fänden, nach New Providence zu reisen, sollte – nach einigen Verzögerungen – vor den Toren Nassaus im März der Riesenhotelkomplex „Baha Mar“ mit Casino, je 30 Geschäften und Restaurants nebst Golfplatz eröffnen. In seiner Gigantomanie sollte der Komplex New Providence als eine Art Las Vegas für die US-Ostküste positionieren und zudem Chinesen locken.

Schon ein Großteil der 2000 Bauarbeiter kam aus China, ebenso wie das Geld: Die dreieinhalb Milliarden Dollar, die hier investiert wurden, flossen überwiegend von einer chinesischen Bank. Nachdem der Eröffnungstermin immer wieder verschoben worden war, kam in der vergangenen Woche schließlich das Aus: Insolvenzantrag.

Sonne oder Schatten?

Doch im Inselreich gibt es eine solche Vielzahl von Zielen, deren Landschaften alle Erwartungen sonnen- und strandsüchtiger Urlauber erfüllen, dass man sich fragen mag, ob ein Hotel von Kleinstadtgröße tatsächlich noch fehlt. Wer sich einen weiteren Flug zutraut, ist schnell auf der südlicher gelegenen Insel Great Exuma. Ihre endlosen Strände und der sehr ländliche Charakter – das Innere besteht im Wesentlichen aus grünem Dickicht und einer Straße – verströmen so viel verschlafenen karibischen Zauber, dass man viele Tage damit verbringen wollte, Vögel und Wellen zu beobachten, bis es Zeit ist, einen Cocktail zu nehmen.

Viel mehr ist auch nicht zu tun. Eine Massage im Spa, ein Bad im Pool, eine Bootstour zu den schwimmenden Schweinen, die hier die größte Attraktion bilden, dann ein Abstecher zu „Santana’s Grill Pit“, wo Johnny Depp bei den Arbeiten am zweiten Fluch der Karibik gern seine Drehpausen verbrachte. Schließlich ein Besuch im Barfußrestaurant am Strand. Dort begrüßt eine Kellnerin die Gäste mit der Frage: „Sonne oder Schatten?“ Diese Entscheidung ist die einzige geistige Anstrengung, die die tiefenentspannten Urlauber leisten müssen.

Im royalen Sandals wird das Leben anglo-amerikanisch weitergehen. Und wer sich herzoglich fühlen möchte, bucht den Butlerservice. Mit ihren hautengen Uniformen und den kleinen Plastikhandtaschen muten die weiblichen Butler ungefähr so britisch an wie eine englische Königin aus Pennsylvania, USA.

Tipps für die Bahamas: Luxus hat seinen Preis

Aber bitte mit Butler!
Aber bitte mit Butler!

© Stefanie Bisping

ANREISE

Es gibt von Deutschland aus keinen Nonstopflug auf die Bahamas. Der wohl unkomplizierteste Weg führt mit British Airways über London-Heathrow nach Nassau; das Ticket kostet im September ab 530 Euro. Je näher das Reisedatum an die Hauptsaison rückt, desto teurer wird es. So kostet das Ticket im November bereits ab 984 Euro (britishairways.com). Wer über Atlanta oder Miami fliegt, muss vor dem Weiterflug die Einreiseprozedur in die USA durchlaufen.

EINREISE

Für einen touristischen Aufenthalt bis zu 90 Tagen ist ein Visum für EU-Bürger nicht erforderlich. Der Reisende muss einen maschinenlesbaren Reisepass haben, der noch mindestens drei Monate gültig ist, sowie im Besitz eines Weiter- oder Rückflugtickets sein.

GELD

Das gesetzliche Zahlungsmittel der Bahamas ist der Bahamaische Dollar (B$), der mit dem US-Dollar gleichgestellt ist. Obwohl also die Bahamas ihr eigenes Geld drucken und in Umlauf bringen, werden beide Währungen, der bahamaische und der US-Dollar, auf allen Inseln gleichermaßen akzeptiert.

ÜBERNACHTEN

Im Sandals Royal Bahamian Spa Resort & Offshore Island auf Providence Island kostet die Übernachtung im Doppelzimmer einschließlich des sogenannten Luxusinklusive mit Mahlzeiten, Getränken, Minibar, Trinkgeldern, Flughafentransfers sowie allen Sport- und Unterhaltungsangeboten außer Tauchkursen und Spabehandlungen beim Veranstalter Dertour ab 174 Euro pro Person. Auch die Überfahrt nach Sandals Cay ist inbegriffen. Näheres unter der Rufnummer 02 11 / 405 77 00 oder im Netz (sandals.de).

Ferienwohnungen findet man unter fewo-direkt.de

VERANSTALTER
Ein Pauschalpaket für eine Woche Aufenthalt im Fünf-Sterne-Hotel Riu Palace Paradise Island kostet im November ab 2292 Euro pro Person in einer Junior Suite mit Meerblick, inklusive Flug ab Tegel, Transfers, all-inclusive. Buchbar bei Tui.

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