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Begegnungsreisen: Helfer in der Hütte

Alltag mit Einheimischen: Bei „Begegnungsreisen“ in Entwicklungsländern profitieren beide Seiten.

Sonnenbaden, Klimaanlage, Weißwein gut gekühlt – all das gehört für viele zum Urlaub dazu. Es geht aber auch anders: drei Wochen ohne Fernsehen, Swimmingpool und abendliches Büfett, ohne Dusche auf dem Zimmer und trotzdem „all inclusive“. „Mit-Reiseprojekte“ machen es möglich, bei denen die Begegnung mit Einheimischen im Mittelpunkt steht. Das Bedürfnis wächst, andere Kulturen nicht nur aus der Perspektive klassischer Pauschaltouristen kennenzulernen. Das haben auch manche Reiseveranstalter erkannt.

„Den Wunsch, beim Reisen authentische Erlebnisse zu haben, gab es früher auch schon“, sagt Torsten Kirstges. „Auch die Globetrotter in den siebziger Jahren haben bevorzugt mit der Bevölkerung des Gastlandes gelebt“, sagt der Tourismuswissenschaftler von der Fachhochschule Wilhelmshaven. Für manche Urlauber sei es wichtig, auf Reisen nicht in erster Linie gut zu essen und Spaß zu haben, sondern Sinn zu finden oder sich selbst zu verwirklichen.

Für die rund 130 eher kleinen Veranstalter, die im „Forum anders reisen“ zusammengeschlossen sind, sind das vertraute Überlegungen: „Zu den Kriterien, die alle Mitglieder erfüllen müssen, gehört zum Beispiel, dass die Gäste nur in Pensionen und überschaubaren Hotels übernachten, die Einheimischen gehören“, sagt Dina Bauer von der Vereinigung mit Sitz in Freiburg im Breisgau. Bei manchen Veranstaltern sei es möglich, den Urlaub mit Unterbringung in einer Familie zu buchen.

Große Hotels zerstörten oft nicht nur die Landschaft, sondern auch soziale Strukturen – während der Großteil der Einkünfte nicht den Einheimischen zugutekommt. „Solche sozialen Gesichtspunkte haben an Bedeutung gewonnen“, sagt Bauer. Interesse gebe es auf beiden Seiten: Für die einen sei Tourismus eine Einnahmequelle, für die anderen die Möglichkeit, mit den Menschen des Landes in Kontakt zu kommen. „Wir suchen derzeit in Entwicklungs- und Schwellenländern verstärkt nach Möglichkeiten zu solchen nachhaltigen Tourismusprojekten.“

Diesen Ansatz verfolgt der Verein „Lebendige Kommunikation mit Frauen in ihren Kulturen“ („LebKom“). Unter dem Motto „As Friends to Kenya“ hat er zusammen mit einem Frauenforschungsprojekt der Fachhochschule Fulda ein Mitreise- programm entwickelt. Gegründet wurde der Verein 1986. „Unser Ziel war ein neuer Weg in der Entwicklungszusammenarbeit“, erläutert Geschäftsführerin Ulrike Maschke. Inzwischen gibt es jährlich drei „Begegnungsreisen“. Dabei geht es vor allem um den „Kontakt auf gleicher Augenhöhe“ von Frauen aus Deutschland mit Frauen in Kenia. Die Reisen führen in die Nähe des Victoriasees, die Teilnehmerinnen leben bei Familien. „Sie helfen bei der Maisernte, beim Wassertragen, beim Wäschewaschen.“ Kommuniziert werde viel mit Händen und Füßen.

Veranstalter wie Studiosus oder Gebeco haben zumindest Elemente solcher Angebote im Programm: „Bei uns gehört das bei allen Reisen dazu“, sagt Studiosus-Sprecher Klaus Dietsch. Begegnungen mit den Menschen, die im Reiseland leben, sind von vornherein geplant. „Begegnungen können ein Treffen auf Sizilien mit Mitgliedern eines Anti-Cosa- Nostra-Projekts sein oder auch ein Besuch in einem Waisenhaus in Laos“, sagt Dietsch. Entscheidend sei, dass die Reisenden die Chance haben, auch die sozialen Probleme eines Landes kennenzulernen, nicht nur die tolle Landschaft.

Das sieht Gebeco-Marketingchef Jens Hulvershorn genauso: „Gebeco bedeutet ,Gesellschaft für internationale Begegnung und Cooperation‘. Unsere Kunden fahren in ein Land, um dort Menschen zu treffen, hinter die Kulissen zu gucken und über sich selbst zu reflektieren“, sagt Hulvershorn. „Hinfliegen, sich hinlegen und nach einer Woche gewendet werden, um beidseitig zu bräunen, das ist es für sie nicht.“ Gebeco hat beispielsweise eine Hongkong-Reise im Katalog, bei der ein Polizist in seiner winzigen Wohnung besucht wird, das Restaurant eines ehemaligen Flüchtlings und Malers sowie das sonntägliche Treffen philippinischer Haushaltshilfen.

Mehr dazu unter: Internet: www.mit-reiseprojekt-kenia.de; www.forumandersreisen.de

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