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Reise: Bitte, gehen Sie wieder zum Automaten

Eigentlich sollte ich mich daran gewöhnt haben. Aber wissen Sie was: Ich will es einfach nicht.

Eigentlich sollte ich mich daran gewöhnt haben. Aber wissen Sie was: Ich will es einfach nicht. Ich hasse sie. Und ich werde mich auch nie im Leben mit ihnen abfinden – die Eincheckautomaten der Fluggesellschaften sind ein rotes Tuch für mich.

Rigoros hat die Industrie sie uns, ihren Kunden, vorgesetzt, ganz nach dem Motto: Friss oder stirb. Auf Lufthanseatisch: Lass dich darauf ein. Oder bleib am Boden.

Es ist ja nicht so, dass ich damit nicht umgehen könnte. Ihre Bedienung ist eine der leichteren Übungen. Es ist nur: Ich will es nicht. Deshalb erfasst mich jedesmal helles Entzücken, wenn einer von ihnen – aus welchem Grund auch immer – nicht funktioniert. Und die Helferin mich, nachdem sie es selbst zweimal vergebens versucht hat, an den Sonderschalter dirigieren muss.

Der Grund ist – ich gebe es zu –, ich bin nun mal ein sentimentaler Hund. Mir fehlt das Lächeln, mit dem die mal mehr, mal weniger jungen Damen hinter dem Schalter nach meinem Sitzwunsch fragen. Ihr Bedauern, wenn kein Gangplatz mehr zu haben ist – je professioneller, desto besser. Dieses gewinnende „Und wo dürfen wir Sie hinverfrachten?“ zur Begrüßung, nachdem sie gerade mit nicht nachlassender Freundlichkeit eine siebenköpfige Familie plus Hund mit dreimaligem Umsteigereiseplan untergebracht haben.

Ich vermisse den verschwörerischen Seitenblick der einen: „Kopenhagen, wie schön! Sie sollten sich unbedingt die Picasso-Ausstellung im Louisiana-Museum ansehen.“ Oder die ironische Miene der anderen: „Sie meinen, ob der Flieger voll ist? Seien Sie jedenfalls froh, das Sie kein Ein-Meter-neunzig-Mann sind.“

Jetzt müssen sie, deren Lieblingssatz einst „Ich seh’ mal, was ich tun kann“, war, ein Betonlächeln aufsetzen und immer wieder und noch einmal herunterleiern: „Nein, Sie dürfen hier nur mit Bordkarte herein. Nein, hier wird nur Ihr Gepäck abgefertigt. Nein, bitte gehen Sie zurück zum Automaten.“

Reisen ist schließlich Begegnung. Und zwar von Anfang an. Je weniger es davon gibt, desto weniger Reisen ist das Reisen. Man fliegt nicht mehr. Man wird umgeschaufelt.

Es grüßt. Das Stückgut

Franz Lerchenmüller

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