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Reise: Die Bio-Bahn

Deutsche Sterneköche werten die ICE-Restaurants auf – ökologisch korrekt

Lieber vorher noch was essen – ein Grundprinzip vieler Reisender, die der Bordkost von Bahn und Flugzeug misstrauen. Die Deutsche Bahn hätte vor einigen Jahren daraus fast die Konsequenz gezogen, den Speisewagen abzuschaffen – und musste angesichts eines Sturms der Entrüstung doch zurückrudern.

Robert Etmans, der zuständige Mann im Vorstand, ließ jedoch nicht weiterwursteln, sondern versuchte stattdessen, die Gäste durch Qualität zu überzeugen. Er bat namhafte Köche, neue Rezepte zu entwickeln. 2008 waren es zehn hochrangige europäische Küchenchefs, das brachte einen Umsatzzuwachs von sechs Prozent. Die neue Aktion mit deutschen Köchen, die am 1. Februar begonnen hat, trägt das Motto: „Natürlich genießen“ und das Bio-Siegel – sie soll sogar 16 Prozent mehr Umsatz bringen.

Als Erster geht im Februar Oliver Heilmeyer, Küchenchef der „Bleiche“ in burg/Spreewald an den Start. Er sagte, was alle Köche sagen, wenn die Bahn an sie herantritt: „Tausende Portionen Gourmetküche auf Schienen, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.“ Doch er ließ sich davon überzeugen, dass die im pfälzischen Wiebelsheim angesiedelte Firma Sander Gourmet in der Lage ist, anspruchsvolle Rezepte so in die Großküchenrealität umzusetzen, dass ihre Substanz erhalten bleibt. An Bord des ICE wird im Prinzip nur aufgewärmt und angerichtet, und deshalb kommt es auf Präzision und beste Zutaten an. Heilmeyers geschmorte Rinderbacke mit Apfelrotkohl und Kartoffelpüree kommt in einer dunklen Sauce auf den Teller, die mit Pumpernickel gebunden und mit Zuckerrübensirup abgeschmeckt wurde.

Heilmeyer war mit seiner feinen ländlichen Regionalküche ein Wunschkandidat für die Bahn. Zwar ist er kein Bio- Koch im Sinne der EU-Verordnung, weil er auf Produkte aus eigenem, nicht zertifizierten Anbau zurückgreift. doch seine Philosophie passt ansonsten genau zum Konzept. Ursprünglich war geplant, ein Kaninchengericht Heilmeyers auf den ICE-Speisezettel zu setzen, doch es stellte sich heraus, dass das Fleisch nicht in hinreichenden Mengen mit Bio-Siegel zu bekommen war. Nun gibt es  Kalbfleischröllchen mit Rucola und Kürbis-Kartoffelstampf.

Jeder Koch hat für die Bahn 2009 jeweils vier Bio-Gerichte konzipiert, die zwischen 4,90 Euro für eine Suppe, 9,90 Euro für einen großen Teller Eintopf und 15,90 Euro für ein Hauptgericht verkauft werden. Ein Heilmeyer-Menü mit Rotkohlsuppe, Kalb und einem Glas Bio-Riesling kostet 25,90 Euro.

Etmans räumt ein, dass das vielen Bahnkunden zu teuer sei. Aber Bio-Lebensmittel seien erheblich teurer als konventionelle Ware, sagt er, und ein großer Teil der Gäste greife ohnehin lieber auf das Angebot der Bordbistros zurück. Die Bahngastronomie bleibe unweigerlich ein Zuschussgeschäft, werde aber als wertvolles Marketinginstrument gesehen und deshalb weiter verbessert.

Im März kocht Cliff Hämmerle (Hämmerles Restaurant, Blieskastel, Saarland) für die Bahn. Es folgen im April der Zwei-Sterne-Koch Dirk Luther (Meierei, Glücksburg, Schleswig-Holstein), im Mai Andreas Goldbach (Linde, Pliezhausen, Baden-Württemberg), im Juni Stefan Rottner (Gasthaus Rottner, Nürnberg), im Juli/August Ronny Siewert (Grand Hotel Heiligendamm, Mecklenburg), im September Stefan Neugebauer (Deidesheimer Hof, Pfalz), im Oktober André Grossfeld (Grossfeld, Friedberg/Hessen), im November Michael Röhm (Heidkrug, Lüneburg, Niedersachsen) und im Dezember und Januar Dirk Schröer (Bülow-Residenz, Dresden, Sachsen).

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