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Donaublick. In der Wachau macht sich der Fluss schön breit.

© mauritius images

Donautour zum Winzer: Eine Extrarunde durch Linz

Eine Radkreuzfahrt auf der Donau gefällt vielen. Sportliche strampeln eine Strecke voraus.

Schlögener Schlinge: Die „Wolga“ legt am rechten Donauufer an. Kein Ausflugsbus in Sicht, sondern rund 160 Passagiere gehen von Bord und nehmen ihre Drahtesel in Empfang. „60 bis 70 Kilometer am Tag sind natürlich nicht jedermanns Sache“, meint Kreuzfahrtleiterin Karin Borgas. „Deswegen haben wir die Passagiere in Aktiv- und Genussradler eingeteilt.“ Wobei die aktive Generation „60 plus“ eindeutig die Mehrheit stellt. Aktivradeln ist individueller. Man bestimmt die Strecke und sein Tempo selbst. Das Genussradeln ist eine kürzere, geführte Radtour mit Besichtigungsstopps.

Die meisten Gäste können es kaum erwarten, dass Sitz und Lenker auf die richtige Höhe eingestellt sind und durchgestartet werden kann. Herbert aus Mainz im knallroten Tour-de-France-Dress und Siegfried aus Darmstadt, ebenfalls in fescher, enger schwarzgelber Radlermontur, stülpen die Helme über, posieren noch einmal fürs Familienalbum, dann brausen sie dem Schiff voraus durchs Engtal Richtung Linz, wo sie am späten Nachmittag wieder an Bord gehen.

Am nächsten Tag steht Linz auf dem Programm. Da der Schiffsanleger Urfahr zentrumsnah ist, bleibt ausreichend Zeit, die Stadt per Rad oder zu Fuß zu erkunden. Nach der Besichtigung der Stadtpfarr- und Karmelitenkirche, dem Alten und Neuen Dom lockt in der Bäckerei Hofmann ein Stück Torte, Linzer Torte natürlich. Das älteste Rezept soll aus dem 17. Jahrhundert stammen und ist fast 180 Jahre älter als das der Wiener Sachertorte. Es handelt sich um einen mit Mandeln, Nüssen und Ribiselkonfitüre – Johannisbeermarmelade – zubereiteten Mürbeteig, obendrauf mit einem Gittermuster verziert. Nach der Kalorienbombe würde die Kraft für eine Radtour auf den Pöstlingberg reichen, aber dorthin gelangt man bequemer und sicherer mit der historischen Straßenbahn. Vom Hauptplatz mit der Dreifaltigkeitssäule fährt die Linie 50 seit 110 Jahren auf den Linzer Hausberg.

Die „Wolga“ wurde 1970 zwar in Österreich gebaut, ist jedoch unter ukrainischer Flagge zwischen Passau und Schwarzem Meer unterwegs. Die Küche ist international. Das Personal spricht Deutsch. Auch das abendliche Unterhaltungsprogramm mit Wodkaprobe und ukrainischer Folklore findet trotz der österreichischen Weinhänge, die an den Fenstern vorbeiziehen, allem Anschein nach beim Publikum Anklang. Auf Heurigen-Atmosphäre trifft schließlich jeder Radler unterwegs oder in ein paar Tagen in Wien.

Die Kabinen sind einfach und funktionell, nun, Radfahrer erwarten meist auch keinen Luxus. Zudem müssen die Drahtesel der Genussradler auf Teilstrecken mitbefördert werden, wofür die „Wolga“ ausreichend Stellfläche bietet. Alle Aktivfahrer ketten ihre Räder am Abend vor dem Schiff an und starten ohnehin früh am nächsten Morgen. „Es ist sehr praktisch, dass Gepäck und Zimmer hinterherfahren“, da sind sich Herbert und Siegfried einig. „Man muss die Satteltaschen nur für eine Tagestour packen und abends weiß man, wo man schläft.“

Am Kloster Melk beginnt das Tor zur Wachau

Stolz auf seine Flaschen: Winzer Peter Stockinger aus dem österreichischen Dürnstein. Die Region gilt als eine der schönsten Weinlandschaften der Welt.
Stolz auf seine Flaschen: Winzer Peter Stockinger aus dem österreichischen Dürnstein. Die Region gilt als eine der schönsten Weinlandschaften der Welt.

© Dagmar Krappe

Der mehr als 300 Kilometer lange Donauradweg zwischen Passau und Wien wurde Mitte der 1980er Jahre eröffnet. Nicht immer führt er auf ausgebauten Radwegen am Fluss entlang. Hin und wieder müssen auch öffentliche Straßen benutzt und Ortschaften durchfahren werden. Wer tatsächlich mal pausieren möchte, kann samt Rad an Bord bleiben und die Kreuzfahrt durch den Struden- und Nibelungengau vom Sonnendeck aus genießen. Auf der Fahrt von Passau nach Wien passiert das Schiff mehrere Schleusen. Manchmal sind sie so niedrig, dass die Matrosen das Dach der Brücke abbauen müssen. Kapitän Evgeny Pospolit und seine Mannschaft steuern dann im offenen Cabrio über den Fluss.

Am Kloster Melk beginnt das Tor zur Wachau, wo die Römer einst den Weinanbau auf sandigen Böden begründeten. „Die Weißweinrebe Grüner Veltliner macht 70 Prozent der Anbaufläche aus“, doziert Winzer Peter Stockinger aus Dürnstein, einem Hauptweinort der Region. „Nach dem 30-jährigen Krieg verfielen viele Weingärten. Einige Keltereien wurden sogar zu Essigsiedereien.“

Heute können auf dem Weingut Stockinger neben dem Grünen Veltliner auch Müller-Thurgau, Riesling und Blauer Zweigelt verkostet werden. „Das Kloster Melk entstand zwischen 1702 und 1736 als Barockbau“, berichtet Museumsführerin Gerda Schaden. „Es gibt etwa 497 Zimmer und 1365 Fenster.“ Auch das Kloster bewirtschaftet 25 Hektar Rebfläche, überwiegend lebt es jedoch von den 300 000 Touristen im Jahr, die sich den Marmorsaal, die Stiftskirche und Bücher, Bücher, Bücher nicht entgehen lassen wollen. Rund 100 000 Exemplare vom Mittelalter bis zur Neuzeit lagern in zwölf Räumen.

Wien-Nussdorf ist erreicht. Für einige Passagiere ist hier Endstation. Herbert und Siegfried steigen vom Rad in einen Fiaker um und gönnen sich noch einen Blick über die fast Zwei-Millionen-Einwohner-Metropole vom Riesenrad im Prater. Dann packen sie ihre Satteltaschen für die Rücktour am nächsten Morgen. Erst in zwei Tagen werden sie in Passau von Bord gehen.

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