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Nachtleben: Paris will spannender werden

Paris sorgt sich um sein Nachtleben. In der örtlichen Clubszene herrscht seit langem schon Alarmstimmung, von gähnender Langeweile ist die Rede.

Im Internet machen Kritiker mit „www.quandlanuitmeurtensilence.com“ (etwa: Wenn die Nacht in Stille stirbt) auf das Phänomen aufmerksam. Lärmschutzverordnungen, hohe Mietpreise, prozessfreudige Anwohner, Rauchverbote und immer neue Behördenauflagen machen dem Partyvolk das nächtliche Clubleben schwer. Die glitzernde, pulsierende Lichterstadt an der Seine als Schlummer-Hauptstadt Europas? Bürgermeister Bertrand Delanoë zog nach Brandbriefen der Betroffenen, nach Petitionen und hitzigen öffentlichen Debatten die Notbremse. Der bisher unerschütterliche Ruf einer auch nachts vibrierenden Glitzerstadt steht auf dem Spiel.

Um als Partystadt wieder von sich reden zu machen, organisierte die Stadt nun ein fünf Nächte dauerndes Festival mit etwa 500 DJs und Musikern. „Paris ist auch nachts lebendig. Es hat seinen eigenen Rhythmus, seine Lebensart und eine große Partylust“, betonte Delanoë bei der Vorstellung der „Nuits Capitales“, die bis zum 21. November dauerte. An etwa 60 Orten fanden Konzerte und Partys statt.

Doch die Aktion ist nur ein Balsamtröpfchen auf die wunden Seelen der frustrierten Nachtschwärmer der Seine-Metropole. Sie beklagen immer lauter, dass die Bürgersteige schon vor Mitternacht hochgeklappt werden. Vorher spielt sich auf dem Trottoir noch ein Kräftemessen der besonderen Art ab: Das Rauchverbot in den Discos zwingt qualmende Nachtschwärmer in Scharen ins Freie – die dann den Schlaf der Anwohner stören.

Zudem würden immer mehr Tanztempel durch kostspielige Auflagen zum Schließen gezwungen, lautet die Kritik. Und die, die geöffnet bleiben, seien für die Brieftaschen vieler Jugendlicher viel zu teuer. Der seit Jahren anhaltende Kaufkraftverlust bedrängt im Verbund mit explodierenden Mieten selbst urfranzösische Institutionen wie die Bistros. Flossen Cognac und Pastis in den 60er Jahren noch in mehr als 210 000 französischen Bistros, so geht die Branche heute nur noch von einem Siebtel aus.

Vorbei also die Zeiten, als der Chansonnier Jacques Dutronc noch Nachtschwärmer besang, die erst morgens um fünf nach Hause gingen? Im Rathaus wie im Tourismusbüro der Stadt stemmt man sich gegen eine solch pessimistische Party-Sicht. Immerhin habe die Stadt mehr als 330 Bars, Restaurants und auch Discos. Doch dass es ein Problem gibt, gaben auch die Verantwortlichen zu – und organisierten kürzlich eine Generalaussprache mit etwa 1000 Betroffenen. Dabei wurde ein Komitee gegründet, das vom kommenden Jahr an dem Pariser Nachtleben wieder frischen Schwung bringen soll. dpa

Ralf E. Krüger

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