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Ryanair

© dpa

Flugreisen: Die Tricks der Billigflieger

Ein Fensterplatz kostet extra: Wie Ryanair, Easyjet und Co. auf Umwegen Gebühren erhöhen - von Kerosinzuschlag, Sitzplatzreservierungsgebühren und Rollstuhlpauschalen.

Billigflieger trommeln in der Werbung immer noch mit Spottpreisen. Doch die Günstigflieger, wie manches Unternehmen sich lieber bezeichnet hört, (er)finden immer neue Tricks, um den Passagieren noch etwas mehr Geld aus den Taschen zu ziehen: mehr oder weniger durchsichtige Gebühren, Kerosinzuschlag ab Deutschland, Kerosinzuschlag ab Ausland, Sitzplatzreservierungsgebühren oder – bei Marktführer Ryanair – eine Rollstuhlpauschale. Neuester Kniff: drehen an der Gepäckgebührenspirale.

Ryanair etwa kassiert vom 20. September bei allen Passagieren zusätzlich, die nicht im Internet vorab einchecken. Wer also erst am Flughafen seine Bordkarte in Empfang nehmen möchte, zahlt drei Euro pro Flugstrecke extra. Dreist: Bestimmte Gruppen, unter anderem Kinder ohne Begleitung, Passagiere mit Gepäck, Eltern mit Kleinkindern oder bestimmte Behindertengruppen werden von der irischen Airline vom Online-Check-in von vorneherein ausgeschlossen.

Bei Easyjet zahlt jeder Passagier vom 1. Oktober an zusätzlich zum Ticket für einen Koffer 7,50 Euro pro Strecke, wenn dieser nicht schon online angekündigt wurde. Hin und zurück werden also 15 Euro fällig. Auch bei Wizzair ist ab 27. Oktober eine Gepäckgebühr von sechs Euro nach Buchungsende pro Stück und Strecke fällig. Billigheimer Ryanair hat’s vorgemacht – zwölf Euro pro Gepäckstück oneway beim Check- in. Generell gilt: Wer online bucht und sein Gepäck bereits während der Buchung deklariert, kann wenigstens 50 Prozent der neuen Abkassiergebühr sparen. So kostet ein Gepäckstück etwa bei Easyjet dann drei Euro pro Strecke. Macht immer noch hin und zurück sechs Euro zusätzlich zum Ticket.

Auch auf das Gewicht ist zu achten. Die bisher üblichen 20 Kilogramm pro aufgegebenem Gepäckstück sind Geschichte. Also, vorher auf die Waage. Ryanair erlaubt nur 15 Kilogramm pro Gepäckstück (Wizzair und Easyjet immerhin die üblichen 20 Kilo). Die Tarife für Übergepäck liegen bei den Airlines zwischen sieben und neun Euro pro Kilo. Bei Air Baltic und Ryanair muss auch für ein größeres Musikinstrument ein Sitzplatz mit vollem Ticketpreis gebucht werden.

Bei einigen Anbietern fallen bereits bei der Buchung die ersten Extrakosten an. Germanwings berechnet einen Zuschlag von sieben Euro für eine telefonische Buchung oder für den Ticketkauf am firmeneigenen Airportschalter. Intersky lässt sich die Callcenter-Buchung mit zehn Euro Bearbeitungsgebühr pro Flugstrecke bezahlen. Bei der Online- Buchung wird meist eine Kreditkartengebühr fällig, sechs Euro beispielsweise bei Air Berlin (Tipp: Der Bankeinzug ist kostenfrei). Ausnahme: Air Baltic nimmt eine Transaktionsgebühr bei Internetbuchungen von vier Euro pro Person und Flug. Beim Kauf eines Tickets im Internet ist dennoch Aufmerksamkeit geboten. Bei einigen Anbietern (zum Beispiel Easyjet und Tuifly) ist oft automatisch eine Reiserücktrittskostenversicherung mit verknüpft, die man selbst „entfernen“ muss, wenn man sie nicht möchte.

Für Wunschsitzplätze halten die Billigflieger auch gern die Hand auf. Tuifly etwa kassiert 4,99 Euro für einen Fensterplatz in Reihe 2 auf einem Cityflug, 7,99 Euro sind’s beim in der Regel etwas längeren Ferienflug. Für den besonders beliebten Platz am Notausgang mit zusätzlicher Beinfreiheit werden gar 20 Euro fällig. Und: Wer einmal online den Wunschsitzplatz angeklickt hat und es sich dann anders überlegt, hat Pech – rückgängig machen lässt sich der Klick nicht mehr.

Bei einigen Airlines kann man sich den „bevorzugten Einstieg“ in den Flieger erkaufen. Easyjet bietet diesen Kassiertrick für 11,50 Euro als „Speedy Boarding“ an. Wizzair nennt sein Angebot „Pre Boarding Fee“ und berechnet dafür sieben Euro. Verhältnismäßig günstig gibt’s den schnellen Einstieg mit drei Euro bei Ryanair. Eine Reservierung bei Air Berlin kostet acht Euro pro Strecke.

Wer seinen Billigflug umbuchen oder auf eine andere Person übertragen will, muss dafür Gebühren zahlen, die genauso hoch oder höher sind wie die Kosten für ein günstiges Ticket: 25 bis 60 Euro. Ryanair verlangt für das Umschreiben sogar 130 Euro.

Sie reisen mit Kindern? Die Ticketpreise für die Kleinen werden bei den Billigfliegern sehr einfach berechnet. Während Lufthansa die Preise nach Alter der Kinder staffelt, ist die Rechnung der meisten Billigflieger schlichter. Kinder zahlen vom zweiten Lebensjahr etwa bei Ryanair, Germanwings, Wizzair, Easyjet und Tuifly den vollen Erwachsenentarif.

Ein Rechenbeispiel: Ein Berliner Paar fliegt mit Ryanair von Schönefeld für ein verlängertes Wochenende nach London. Das Hin- und Rückflugticket gibt’s für acht Euro pro Person, also insgesamt 16 Euro. Zuzüglich Steuern und Gebühren in Höhe von 116,04 Euro kosten die Tickets dann schon 132,04 Euro. Am Check-in-Schalter werden für zwei Koffer zwölf Euro pro Stück fällig. Da Madame für die Abendgarderobe großzügig eingepackt und die Sonderregeln von Ryanair nicht bedacht hat, wiegt der Koffer 19 Kilo und weist nach Ryanair-Spielregeln vier Kilo Übergewicht auf. Macht bei vier mal acht Euro also 32 Euro zusätzlich. Das Beauty-Case darf natürlich nicht fehlen: Macht noch mal zwölf Euro. So fallen nur für das Gepäck zusätzliche Kosten von 68 Euro allein auf dem Hinflug an, also 136 Euro für beide Strecken. London-Mitbringsel kommen dann beim Rückflug gewichtsmäßig noch obendrauf. Teurer machen den Flug auch noch Hunger und Durst – zehn Euro pro Person sind schnell verputzt (= 40 Euro für beide Strecken).

Fazit: Die beiden Berliner wollten billig nach London und wieder zurück an die Spree fliegen. Doch „billig“ hatten sie sich anders vorgestellt. Halt so, wie es die Werbung suggeriert. Dass dabei aus 16 Euro schnell 228 Euro werden, ist unter dem Strich gesehen ja nicht so schlimm für einen Trip zu zweit nach London. Man muss es halt nur vorher wissen.

Alexander Richter

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