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Gedrucktes für die Ferien: Anregungen fürs Unterwegssein

Die Ferientage rücken immer näher – eine gute Gelegenheit, endlich mal ein Buch zu lesen. Sieben Tipps für spannende Reiselektüre.

Hat jemand geklopft?

Dietmar Nil: Wilde Tiere in Deutschland.
Dietmar Nil: Wilde Tiere in Deutschland.

© aus dem Buch

Nachmieter. Der Raufußkauz siedelt in alten Bäumen in den Höhlen des Schwarzspechts. Die kleine Eule ist so erstaunlich wie die türkisfarbene Smaragdeidechse oder das blau schillernde Moderlieschen, ein Schwarmfisch, der im Trüben zu Hause ist. Zahlreiche wilde Tiere bevölkern Deutschland. Eine Safari durch heimische National- und Naturparks, Streifzüge durch Wälder, Bergwanderungen und Strandspaziergänge verblüffen durch den Blick auf artenreiche Fauna.

Für den herausragenden Bildband „Wilde Tiere in Deutschland“ hat der mehrfach preisgekrönte Fotograf Dietmar Nill faszinierende Momentaufnahmen geschaffen. Was hat er nicht alles entdeckt! Einen Wasserfrosch, gut getarnt inmitten zahlloser grüner Wasserlinsen, eine filigrane weiße Krabbenspinne, einen Biber beim Dammbau, einen springlebendigen Hermelin. Rund 180, oft spektakuläre Fotos enthält das Buch. Die Biologin Monika Rößiger hat kenntnisreiche, spannende Texte dazu geschrieben. So erfährt man etwa, warum der Schwarzmilan die Gewässer sauber hält und Füchse in „Saisonehen“ leben.

Dietmar Nil: Wilde Tiere in Deutschland. National Geographic, 240 Seiten, 39, 95 Euro

Für Kreuzfahrer: Containertage

Franz Hammerbacher: Passagen.
Franz Hammerbacher: Passagen.

© promo

Verrückte Idee: einmal um die Welt – auf einem Containerschiff. An einem Februartag 2010 geht Franz Hammerbacher mit prall gefülltem Seesack an Bord der „Zim Ontario“.22 Mann Besatzung, vier Passagiere – und schwere Ladung. Was Hammerbacher täglich an Bord des 275 Meter langen Frachters erlebt, schreibt er in ein Tagebuch. Und entführt die Leser damit in eine spannende schwimmende Welt. „Liegt man bäuchlings auf dem Bett, fühlt man das Drehen der Turbine, den Pulsschlag des Schiffs“, schreibt er. Oder: „Durch die mit Schraubgewinden verriegelten Fensterluken der Kabinen lässt sich das Löschen und Laden der Fracht aufs Schönste verfolgen.“ Er erzählt von den Menschen an Bord, ordnet eigene Gedanken, beobachtet, philosophiert. „Alles fließt.“ Der Leser spürt, wie sich der Horizont des Passagiers weitet, wie er zur Ruhe kommt. Die Orte, an denen Ladung gelöscht wird oder neue hinzukommt, sind für Passagier und Besatzung eher bedeutungslos. „Halifax war reizend. Im Pub wird man mit ,Honey’ angesprochen“, notiert Hammerbacher. Es geht nicht um organisierte Landausflüge eines Luxusliners. Das Containerschiff hat Seele. Der Leser fährt gern mit – bis zum Ende.

Franz Hammerbacher: Passagen, Konnes Verlag, Edition Korrespondenzen, 2012, 158 Seiten, 18 Euro

Für Hellas-Urlauber: Wie Griechenland funktioniert

Ursula Spindler-Niros: Mein Blick auf Griechenland. Kontraste in einem bemerkenswerten Land.
Ursula Spindler-Niros: Mein Blick auf Griechenland. Kontraste in einem bemerkenswerten Land.

© promo

Die Griechen sagen „Ti na kánoume“, wenn wieder mal was schiefläuft. „Ti na kánoume?“ ist auch zum geflügelten Wort in der Krise geworden: „Was können wir da machen?“ Es ist eine Mischung aus Lethargie und Gelassenheit und die Redewendung zählt zum Grundwortschatz der Griechen. Solche Sprachschnipsel streut Ursula Spindler-Niros in ihren griechischen Impressionen immer wieder ein. Die Autorin lebt seit über dreißig Jahren in Griechenland und hat nun ihre gesammelten Erfahrungen und Beobachtungen in einem abwechslungsreichen Feuilletonband veröffentlicht.

„Mein Blick auf Griechenland“ nennt sie ihr Buch und stellt dabei „Kontraste in einem bemerkenswerten Land“ fest, so der Untertitel. Und sie meint damit nicht nur den scharfen Kontrast von Licht und Schatten im Sommer, sondern auch einige Paradoxien im Charakter und der Lebensweise der Hellenen. „Maßgebliche statistische Untersuchungen“ besagen, schreibt die Autorin, dass die Griechen von allen Völkern in Europa am wenigsten schlafen und am meisten arbeiten. „Von südländischer Trägheit keine Rede.“ Denn auf dem Land sind nach dem Gelderwerb noch Felder zu versorgen – und jeder Grieche auf dem Land hat irgendwo ein Stück Acker. Viele kommen überhaupt nur mit mehreren Jobs über die Runden. Aber die Päuschen zwischendrin und der Mittagsschlaf, die werden von Nordeuropäern neidisch registriert.

Weltweit sind Griechen die eifrigsten Zigarettenraucher – und leben dabei im Schnitt erstaunlich lange. Das Lachen, die Spontaneität, die Improvisationskunst, der Müßiggang – Griechenland ist ein sonniges Land, keine Frage. Der viele Sonnenschein wärmt die Gemüter und macht sie herzlich und lebensfroh. Doch mitten im Sommer, am Ende der Sommerferien, wünscht sich das sonnenverwöhnte Volk bereits „kaló chimóna“, einen guten Winter also.

Die Autorin unternimmt Stadtspaziergänge in Athen, lässt sich treiben, beobachtet, spricht mit den Menschen, verrät ihre Lieblings-Ouzeri. Wie nebenbei erklärt sie ein paar Geschichtsdaten, macht auf Traditionen aufmerksam, erzählt von Sitten und Bräuchen im Alltag und auf Festen, vom Essen und Trinken und gibt immer wieder ein paar griechische Worte zum Lernen nebenbei.

Gesellschaftskritisch sind diese harmlosen Feuilletons nicht, obwohl auch die Krise und die Veränderungen im Land immer mal wieder erwähnt werden. Die Steuerhinterziehung als Volkssport aber spielt Spindler-Niros herunter, Korruption und Klientelsystem kommen gar nicht vor. Die Nazis Griechenlands sollte die Autorin ruhig als Nazis bezeichnen (und nicht verharmlosend als „rechtsradikale Partei Chryssi Avgi“).

Es ist ein mit vielen farbigen Fotos angereichertes Lesebuch mit kurzen, knappen Texten, die selten länger als eine Seite sind. Kein Reiseführer liegt vor, aber ein Kaleidoskop aus persönlicher Sicht. Urlauber werden es mögen.

Ursula Spindler-Niros: Mein Blick auf Griechenland. Kontraste in einem bemerkenswerten Land. Verlag der Griechenland Zeitung, Athen 2012. 175 Seiten, 24,90 Euro

Für die ganze Familie: Was Kinder in Hamburg erleben können

Günter Strempel, Oliver Wilking: Hamburg. Der Stadtführer für Kinder.
Günter Strempel, Oliver Wilking: Hamburg. Der Stadtführer für Kinder.

© promo

Ja, in Hamburg gibt es immer noch Dinosaurier, und man kann im „Festland“-Bad sogar mit ihnen planschen. Piraten? Dürfen natürlich nicht fehlen. Über ihre erbitterten Kämpfe mit den ehrwürdigen Kaufleuten der Hansestadt erfahren Kinder etwas im Hamburgmuseum. Und im Museum für Kunst und Gewerbe können Besucher im „Garten der Dinge“ die wundersamsten Verkleidungen anlegen und sich danach ein Foto ihrer Verwandlung zuschicken lassen.

Kinder gucken anders hin, meint Günter Strempel, Autor des Buches „Hamburg. Der Stadtführer für Kinder“. Und so geht es auf den 80 Seiten zwar auch um bekannte Sehenswürdigkeiten wie den Hafen, die Speicherstadt oder die Landungsbrücken – aber alles ist immer gespickt mit Details, die junge Leser aufhorchen lassen. Dass das Gold auf dem Kirchturm von St. Katharinen aus dem Seeräuber-Schatz von Klaus Störtebeker stammen soll, zum Beispiel. Dass die Alster-Schwäne jedes Jahr im November mit kleinen Booten in ihr Winterquartier gebracht werden. Und dass der beste Kletterbaum der Stadt hoch oben über der Elbe im Park „Altonaer Balkon“ steht.

Die schönen Illustrationen von Oliver Wilking fangen all die buntgefächerten Themen ein und machen die wenigen eingestreuten Fotos beinah überflüssig. Wer des Lesens überdrüssig wird, kann malen, basteln oder Rätsel lösen. Zum Beispiel bei einer Stadtrallye vom Domplatz bis nach Övelgönne, beim Schiffe-Raten oder beim Hamburg-Quiz.

Vermutlich sind die Kleinen nach dieser detailverliebten Mitmach-Lektüre so erschöpft, dass die Großen in aller Ruhe ein Alster in der „Strandperle“ trinken können. Danach geht's aber gleich weiter zum Alten Schweden. Wer das ist? Auf Seite 36 steht die überraschende Antwort.

Günter Strempel, Oliver Wilking: Hamburg. Der Stadtführer für Kinder, Verlag Günter Strempel, Flensburg 2012, 80 Seiten, 12,90 Euro, ab sechs Jahre

Für Wanderer: Leichtfüßig zu Kuckucksuhren und Bollenhüten

Johannes Schweikle: Westwegs. Über den Schwarzwald. Zu Fuß durch eine deutsche Landschaft.
Johannes Schweikle: Westwegs. Über den Schwarzwald. Zu Fuß durch eine deutsche Landschaft.

© promo

Er wolle, schreibt Johannes Schweikle, in zwölf Etappen nach Basel wandern und freue sich „auf einfache Tage“. Jeder dieser Tage auf dem Schwarzwälder Westweg stelle nur eine Aufgabe, morgens loszulaufen und abends das Ziel erreicht zu haben. Darüber zu schreiben kann dagegen Schwerarbeit sein, die man Schweikles Buch jedoch nicht anmerkt. Leichtfüßig lässt der Journalist Geschichte und Geschichtchen einfließen und viel Literatur auch.

Ist doch der Südwesten Deutschlands eine von Literatur geradezu getränkte Landschaft. Sogar bei Hermann Hesse hat Schweikle schöne Passagen gefunden, der fühlte schon als Kind auf Floßfahrten „im Herzen die Weite der Welt“. Der Westweg führt seit mehr als hundert Jahren als Fernwanderweg von Pforzheim nach Basel. Am Wegesrand trifft Schweikle natürlich auf Kuckucksuhren und den Bollenhut, widmet sich der Schwarzwälder Kirschtorte und dem Tannenzäpfle, dem badischen Bier.

Für den Autor, 1960 in Freudenstadt im Schwarzwald geboren, ist die Tour auch eine Begegnung mit der Heimat, in die er immer wieder zurückkommt. So geht er nicht stur nur die Tour, verläuft sich mal, kommt mal im Winter zurück, um eine Etappe mit Ski nachzulaufen.Meist ist er alleine unterwegs, zitiert damit auch Friedrich Theodor Vischer, der rät, man solle nur ja niemanden mitnehmen auf eine Wanderung „man verschwatzt die herrlichsten Landschaftspunkte“. Amüsant schreibt er über die Mühen des Wanderns, auch in der „Beletage eines freundlichen Gebirges“. Trotz vieler unterhaltsamer Passagen bleibt Schweikle meist bei einem literarischen, dem Schwarzwald angemessenen Ton.

Johannes Schweikle: Westwegs. Über den Schwarzwald. Zu Fuß durch eine deutsche Landschaft. Klöpfer&Meyer Verlag, Tübingen 2012, 228 Seiten, 19,50 Euro

Für Weltverbesserer: Porträts der Hoffnung

Welthungerhilfe (Hrsg.): Es ist möglich. Vorbilder für eine bessere Welt – 27 Porträts.
Welthungerhilfe (Hrsg.): Es ist möglich. Vorbilder für eine bessere Welt – 27 Porträts.

© promo

Der Frieden ist fragil. „Fast so lange wie ich lebe, herrschte Krieg hier oben“, erzählt der 29-jährige Manjusri. Er lebt als Mönch in Anuradhapura auf Sri Lanka. Und er hat eine Vision: ein gemeinsames Haus für Buddhisten, Hindus, Christen und Muslime will er bauen. Und möchte, dass Versöhnung durch Austausch und gegenseitiges Kennenlernen nicht nur in seinem Heimatland, sondern überall auf der Welt gelingt.

„Es gibt mehr als Tod und Zerstörung“, sagt Serge Jolimeau, der 60-jährige Haitianer, dessen Lächeln so ansteckend ist. Mit seiner Kunst aus Metall will er ein optimistisches Bild der Insel vermitteln, die seit Jahrzehnten ein Armenhaus ist.

Der Pakistaner Mohammad Bilal lebt in Dedar Wala. 38 Jahre ist er alt und wirkt, vom Leben gezeichnet, viel älter. Vom Studieren hatte er geträumt, doch das Geld des Vaters reichte nicht. Nun arbeitet Mohammad hart, damit seine Kinder es einmal besser haben. Und nicht nur sie. Er will einfach „etwas bewegen“, kämpft für sauberes Wasser, Strom und bessere Bildung. Er ist überzeugt davon, dass „alles nur in Gemeinschaft funktionieren“ kann.

Drei Menschen von 27, die in dem vorliegenden, von der Welthungerhilfe herausgegebenen Buch in berührender Weise vorgestellt werden. Achtsame Porträts aus allen Teilen der Welt sind entstanden, bereichert mit klugen Texten der Schriftsteller Henning Mankell, Hans Cristoph Buch und Ilja Trojanow. Das Buch bringt die Welt ein wenig näher – und zeigt, wie wertvoll sie ist. kai

Welthungerhilfe (Hrsg.): Es ist möglich. Vorbilder für eine bessere Welt – 27 Porträts, Knesebeck Verlag, München 2012, 212 Seiten, 24, 95 Euro

Für Japan-Fans: Gartenreisen

Helena Attlee. Mit Fotografien von Alex Ramsey: Der japanische Garten. Eine Reise in Bildern.
Helena Attlee. Mit Fotografien von Alex Ramsey: Der japanische Garten. Eine Reise in Bildern.

© promo

An der Natur kommt kein Japanreisender vorbei. Und wo könnte man sie besser studieren und genießen als in einem japanischen Garten. Es gibt viele herrliche Gärten, die einige hundert Jahre alt sind, weltberühmte, aber auch solche, die man entdecken kann. Helena Attlee nimmt uns an die Hand und führt uns mit den wunderbaren Fotos von Alex Ramsay in „Der japanische Garten. Eine Reise in Bildern“ zu solchen Schönheiten wie dem Katsura-rikyu in Kyoto, wo man das ganze Wesen des Gartens auf einmal studieren kann.

Helena Attlee. Mit Fotografien von Alex Ramsey: Der japanische Garten. Eine Reise in Bildern. Aus dem Englischen von Claudia Arlinghaus. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2012. 136 Seiten. 49,99 Euro

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