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Hafen von Oban. Über der Szenerie thront das wuchtige Kolosseum.

© imago/Stephan Görlich

Kreuzfahrt nach Schottland: Sause zum königlichen Rebell

Auf der Fähre von Amsterdam nach Newcastle haben die Passagiere viel Spaß. An Bord ist der Whisky billiger – und macht Lust aufs nahe Schottland.

Was ist das Schönste an einer Kreuzfahrt? Aufs Wasser zu gucken. Dazu kann man ein Megaschiff mit allen Schikanen besteigen – oder einfach eine Fähre. Einen soliden schwimmenden Untersatz wie die DFDS „Princess Seaways“. 478 Kabinen hält sie bereit. 1250 Passagiere dürfen mitfahren – und 600 Autos. Täglich schippert sie von Amsterdam ins englische Newcastle, und von dort sind es gerade mal 70 Kilometer bis Schottland.

Die Fähre ist pünktlich. Schlag 17.30 Uhr legt sie ab. Neugierige eilen sofort an Deck. Draußen gibt’s ja so viel zu sehen. Industrielandschaft pur. Eine gefühlte Ewigkeit dauert es, bis das Schiff vom Amsterdamer Hafen Ijmuiden aus durch den Nordseekanal manövriert werden kann. Denn die Wasserstraße ist eng – und andere Schiffe müssen schließlich auch noch durch.

Die salzige Luft überm offenen Meer macht Appetit. Zum Glück ist der Tisch im A-la-Carte-Restaurant Blue Riband schon gebucht. Die feinen Menüs, drei Gänge zum Preis von 39,90 Euro, überzeugen. Und die Einrichtung verblüfft. So elegant hätte man sich ein Lokal auf dieser 30 Jahre alten Fähre nicht vorgestellt.

40 Wassermelonen im Schiffsbauch

Es gibt mehrere Alternativen an Bord. Zum Beispiel das Büfettrestaurant „7 Seas“, in dem laut Koch Ole Larsen aus 80 verschiedenen Speisen gewählt werden kann. Rund 100 Personen sind auf der „Princess“ in der Küche beschäftigt. „Das Brot backen wir an Bord selbst“, sagt Larsen stolz. Im Schiffsbauch lagern zum Beispiel 40 Kilo Wassermelonen und diverse Gemüsesorten aus Holland. Das Fleisch beziehe man aus Dänemark.

Nach dem Essen könnte man einkaufen. Der Bordshop bietet reichlich Auswahl an Kleidung, Spielzeug und Souvenirs. Vor allem aber punktet der Laden mit Hochprozentigem. Whisky natürlich. 100 verschiedene Sorten seien an Bord, erzählt Shopmanager Heinz Ohrt, „insgesamt rund 10 000 Flaschen“. Die Teuerste ist gefüllt mit „Highland Park“ für 1199,95 Euro. Der 150 Jahre alte Laphroaig kostet 79 Euro in der Literflasche, und den, so erwähnt der Manager stolz, „gibt es exklusiv nur bei uns auf der Route Amsterdam–Newcastle“. Generell gelte: „Die teureren Whiskys sind an Bord 20 Prozent billiger als an Land.“ Viele Passagiere decken sich entsprechend ein.

Eigentlich hat Heinz Ohrt den falschen Job. Der Mann mag keinen Whisky. „Die meisten Sorten sind sehr stark und schmecken extrem rauchig“, sagt er. „Das muss man mögen.“ Da hilft nur eins: einfach probieren. Dazu empfiehlt Ohrt die Compass Bar auf Deck 7. „Da ist es meist schön ruhig, und der Barmann kennt sich mit allen Whiskysorten bestens aus“, sagt er. Viele Passagiere bevorzugen den Columbus Club. Dort ist richtig was los, eine Liveband spielt. Einige, die am heutigen Abend auf der Tanzfläche herumhopsen, haben sich deutlich Mut angetrunken."

"Ice Age" im Bordkino

Bingo oder Roulette kann gespielt werden, man könnte aber auch einfach ins Kino gehen. Zwei Minisäle gibt es. Der Eintritt beträgt 8,50 Euro, und wer 12,50 Euro ausgibt, bekommt zu Nachos oder Popcorn einen Softdrink. Zu jeweils drei Zeiten starten Unterhaltungsfilme wie „Ice Age“ oder „The Legend of Tarzan“. Wir hätten uns „Titanic“ gewünscht, ein Glas Sekt inklusive, versteht sich.

Die „Princess“ hält sich wacker, eine Schönheit ist sie nicht. Wäre es nicht viel reizvoller, ein Traumschiff zu steuern? Unterwegs auf den Weltmeeren mit Stopps in exotischen Häfen? Kapitän Andreas Kristensen schüttelt den Kopf. Er mag die Strecke Amsterdam–Newcastle. „Zwei Wochen am Stück arbeiten und zwei Wochen frei“, sagt er. Diese Arbeitszeiten kann er gut mit seiner Familie vereinbaren. „Auf einem Kreuzfahrtschiff dagegen wäre man zwölf Wochen an Bord.“ Außerdem gefällt ihm Newcastle: „Der Hafen ist überschaubar, und er lässt sich einfach ansteuern.“ Das zählt für einen Kapitän.

Volksheld Rob Roy war nur ein Viehdieh

30 Jahre alt und scheinbar unverwüstlich: die DFDS-Fähre "Princess Seaways"
30 Jahre alt und scheinbar unverwüstlich: die DFDS-Fähre "Princess Seaways"

© promo

Während die Autofahrer im Hochsommer ihre Wagen auf den Zentimeter genau einparken müssen, geht’s außerhalb der Saison lässiger zu. Bei unserer Überfahrt Anfang Oktober waren nur 80 PKWs an Bord, dabei hätten 600 Platz gehabt. Wer in Newcastle bleiben will, braucht keinen Wagen. Wir aber haben einen Kurztrip nach Schottland geplant. Nur siebzig Kilometer sind es schließlich von hier bis in jenen Teil Großbritanniens, der so gern in der EU geblieben wäre. Keine Lust auf Brexit.

Wie sie sonst so drauf sind, die Schotten, kann man etwa am Loch Lomond erfahren. Riesig ist dieser See: 34 Kilometer lang und sieben Kilometer breit. Dort werden „Rob Roy Discovery Cruises“ angeboten. Während der Tour, „Whisky-Kaffee gratis“, wird viel über den schottischen Volkshelden erzählt. Eigentlich war Rob Roy (1671 – 1734) ein Viehdieb in den Highlands, der später zum „königlichen Rebell“ verklärt wurde. In einer Höhle am Loch Lomond hatte er sich vor seinen Verfolgern versteckt.

Weltkulturerbe: Die Eisenbahnbrücke in South Queensferry

Ob Rob Roy sein von anderen Rinderzüchtern erpresstes Schutzgeld auch an arme Menschen verteilte, ist fraglich. Was der Bankier John Stuart McCaig (1823-1902) aber für die Bevölkerung seines Wohnortes getan hat, ist unübersehbar. In Oban, einem hübschen Hafenstädtchen an der schottischen Westküste, ließ er eine Art Kolosseum bauen. Weil er – angeregt von einer Romreise – auch so ein herrliches Gebäude haben wollte. Vor allem aber, weil der reiche McCaig darin eine Möglichkeit sah, auf diese Weise zahlreiche Einwohner in Lohn und Brot zu bringen. Das „Kolosseum“ sollte, so wünschte er, einen hohen Turm bekommen. Doch bevor der realisiert werden konnte, starb der Wohltäter. So blieb es bei zwei mächtigen, im Oval gebauten Steinreihen. Nun thront der Mammutbau riesig auf einem Hügel über Oban – und wird nachts gebührend angestrahlt.

Schottland ist reich an kuriosen Geschichten, atemberaubenden Gebäuden – und beeindruckenden Brücken. In South Queensferry nahe Edinburgh wurde eine sogar zum Weltkulturerbe erklärt. Mehr als zweieinhalb Kilometer lang ist die 1890 fertiggestellte „Forth Rail Bridge“. 50 000 Tonnen Stahl und gut 30 000 Meilen Stahlkabel wurden so verbaut, dass sich zwei Eisenbahnen über dem Fluss Forth begegnen können. 1964 kam in Sichtweite eine riesige Brücke für den Autoverkehr hinzu. Nun wähnt man sich im ansehnlichen South Queensferry wie im Brückenmuseum. Der Ort ist natürlich längst zum Touristenmagneten geworden.

Drehort für den Bondthriller "Skyfall"

Nur gut zweieinhalb Stunden sind es von Edinburgh bis Newcastle. Um 17 Uhr startet die Fähre dort und brächte uns zurück nach Amsterdam. Schon wieder fort? Lieber noch in die Highlands nach Glencoe brausen. Dort wurden Harry-Potter-Streifen gedreht und der Bondthriller „Skyfall“ (2012). Die Landschaft ist umwerfend. Und die Fähre in Newcastle startet schließlich täglich.

Die Fährpreise für die „Princess Seaways“ beginnen bei 179 Euro inklusive PKW für zwei Personen in der Standradkabine. Zwei Erwachsene plus Fahrräder reisen ab 94 Euro mit. Die Fähre verlässt Amsterdam um 17.30 Uhr und erreicht Newcastle gegen neun Uhr morgens. Auskunft und Buchung unter der Telefonnummer: 040 / 389 03 71, ferry.dfdsseaways.de

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