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In die weite Welt. Laura Bauer arbeitete drei Monate auf der „Artania“.

© Privat

Praktikum auf einem Kreuzfahrtschiff: Die Wüste wartet in Dubai

Eine angehende Hotelfachfrau ergatterte ein dreimonatiges Praktikum auf den Weltmeeren. Am schönsten waren die Landgänge.

Das kleine Mädchen muss es geahnt haben: Schon als Kind verkündete Laura Bauer ihren Eltern, sie werde eines Tages die Erde umsegeln. Dass es dann doch ein Motorschiff war, mit dem die 18-Jährige zu ihrer Fahrt über die Weltmeere aufbrach – Nebensache. Für die angehende Hotelfachfrau aus dem fränkischen Bad Staffelstein war ihr Praktikum an Bord der MS „Artania“ ein einmaliges Erlebnis. Ihr Chef im heimischen Kurhotel, Andreas Poth, gewährte die dreimonatige Auszeit gern. Fuhr er doch als junger Mann selbst auf einem Kreuzfahrtschiff mit und weiß: „Das sind Erinnerungen, die nimmt Dir keiner mehr!“

Bei Laura Bauer begann alles mit einem Rundschreiben ihrer Hotelkette Best Western: Die ARD-Doku-Serie „Verrückt nach Meer“, die Gäste und Crew eines Luxusliners mit der Kamera begleitet, suchte Protagonisten. Junge Leute, die Lust hatten, in die Arbeit auf einem Kreuzfahrtschiff hineinzuschnuppern. Und das hatte Laura Bauer. Für ihr Bewerbungsvideo sprang sie in den heimischen Baggersee und überzeugte mit der witzigen Idee die Produzenten.

Im vergangenen Jahr bestieg sie dann in Costa Rica die „Artania“ – neugierig, aber auch sehr aufgeregt. „Am Anfang hatte ich schon Heimweh; man kennt ja noch keinen“, gesteht die junge Frau mit den zum Zopf gebundenen braunen Haaren und dem offenen Lächeln. „Aber die Kollegen waren alle nett und hilfsbereit.“

Ruhiges Arbeitsklima

Viel Zeit blieb nicht, um sich an Bord zurechtzufinden. Schon am Tag nach ihrer Ankunft stand Laura Bauer hinter der Rezeption – wo es zum Glück ruhiger war als in einem Hotel an Land. Ein- und ausgecheckt wurde nur alle drei Wochen. Genug Zeit also, mit den Gästen ins Gespräch zu kommen und einander kennenzulernen. Als sie wenig später ins Restaurant wechselte, war die erste Aufregung verflogen. Eindecken, Bestellungen aufnehmen, servieren, abräumen: Das beherrschte die Auszubildende im dritten Lehrjahr aus dem Effeff.

Die meisten Passagiere kamen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz – ältere Paare und viele Einzelreisende, die untereinander rasch Freundschaft schlossen. „Es ging ruhig und angenehm zu; die ,Artania' ist kein Partyboot“, schildert Laura Bauer die Stimmung an Bord. Mit rund 1200 Passagieren und 400 Mann Besatzung ist das Schiff mit dem Spitznamen „Grand Lady“ weit entfernt von trubeligen Ozeanriesen, bei denen Tausende Gäste rund um die Uhr bespaßt werden.

Gewöhnungsbedürftig waren indes die Arbeitszeiten. Drei Monate Dienst schieben ohne einen einzigen freien Tag. In drei, manchmal vier Schichten täglich, wenn neben Frühstück, Mittag- und Abendessen auch noch die Teestunde oder das Mitternachtsbüfett zu bestreiten war. All das für 800 Euro im Monat. Auch die fehlende Privatsphäre machte der Praktikantin zu schaffen. Wohin sich zurückziehen in den wenigen freien Stunden, wenn der schwimmende Arbeitsplatz gleichzeitig das Zuhause ist? „Immerhin hatte ich eine Zweierkabine, ein Luxus für Crewmitglieder“, erzählt Bauer.

Landgänge waren der Höhepunkt des Praktikums

Als Fernsehpraktikantin genoss sie außerdem das Privileg, alle Landgänge mitmachen zu dürfen. Und so töpferte sie vor laufender Kamera im japanischen Ishigaki Drachenfiguren, schwamm in der Südsee vor Bora Bora mit Rochen und Zitronenhaien und naschte im australischen Sydney vom besten Eis der Stadt. „Toll war auch Dubai“, erzählt die junge Frau. Mit dem Geländewagen ging es in die Wüste zu Frühstück, Kamelritt und Falkenschau.

Eindrücke, die einen ein Leben lang begleiten, weiß auch Bauers Chef. Andreas Poth ging vor 26 Jahren mit dem Luxusliner MS „Sagafjord“ auf Weltreise – ausgestattet mit Tipps eines wohlmeinenden Kellnerkollegen aus St. Moritz: „Such Dir ein Schiff mit genug Restaurantplätzen für alle Gäste, dann ist das Essen in einer Schicht durch.“ Und: „Stell Dich mit dem Oberkellner gut.“ Schon bald wusste der junge Mann, warum und dealte fortan eifrig um die Dienstpläne: „Ich schiebe Extraschichten, wenn Du mich an Landtagen nicht zum Tee einteilst – das war die Abmachung“, erzählt der Hotelmanager. Den Tee servierte er damals noch mit weißen Handschuhen, „und in jedem Hafen spielte die Blaskapelle“.

Manches hat sich verändert seither, doch auch an Bord der „Artania“ hatten Laura Bauer und ihre Kollegen vor allem eines im Auge: das Wohl der Gäste. So gehörte es im Housekeeping zum Beispiel zu ihren Pflichten, den Bewohnern der Suiten jeden Abend eine heiße Schokolade zu servieren. Sie selbst gönnte sich trotz knapper Freizeit regelmäßig ein Stück Heimat und hielt übers Internet Kontakt zur Familie.

Wer krank ist, wird ersetzt

Und wie war das eigentlich mit der Seekrankheit? „Bei mir zum Glück kein Problem“, winkt Laura Bauer erleichtert ab. Doch nicht jeden lässt das Rollen der Wellen so kalt. Dann gilt wie bei anderen Zipperlein auch: Wer am dritten Tag nicht wieder fit ist, wird ausgeschifft und ersetzt. Andreas Poth erinnert sich noch an Stürme, die im Speisesaal die Teller vom Tisch fegten und in den Kabinen die Regale leerräumten. Trotzdem würde er allen Beschäftigten aus Hotellerie und Gastronomie zum Abenteuer Kreuzfahrt raten – am besten ein, zwei Jahre nach der Ausbildung. „Ein wenig Erfahrung und ein gewisses Alter helfen, denn man ist auf dem Schiff sehr auf sich gestellt“, empfiehlt er. Und weiß: „So ein Einsatz auf See macht sich super im Lebenslauf.“ Das zeige, dass man belastbar sei und sich gut organisieren könne.

Laura Bauer will nach der Ausbildung noch einige Zeit warten. Dann könnte sie sich gut vorstellen, beruflich noch einmal in See zu stechen. Ihre nächsten Reiseziele – Peru, vielleicht auch Kanada – will die Staffelsteinerin aber erst mal im Urlaub erkunden, mit mehr Zeit für Land und Leute.

Inzwischen wird bereits die siebte Staffel von „Verrückt nach Meer“ gedreht. Mittel- und Südamerika, Neuseeland und Australien steuern die „Artania“ und ihr Schwesterschiff MS „Albatros“ darin an, aber auch Norwegen, Irland, Grönland und Island. Neue Gäste stehen an der Reeling, neue Praktikanten schütteln Betten auf und servieren Tee. Was bleibt ist die Sehnsucht nach der Ferne – wenn auch für manche nur vor dem Fernseher.

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