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Reise: Luxus hat Philosophie

Im Mai 2013 geht die „Europa 2“ auf Jungfernfahrt. Viel Platz wird geboten, aber kein Captain’s Dinner.

Das neue, zweite Flaggschiff von Hapag- Lloyd Kreuzfahrten aus Hamburg nimmt schärfere Konturen an. Nicht nur auf der französischen Werft, wo die „Europa 2“ bereits im September vergangenen Jahres auf Kiel gelegt wurde. Auch für den eventuellen Passagier wird nun deutlich, was ihn auf dem Luxusschiff erwartet, das im Mai 2013 von der Hansestadt aus auf Jungfernfahrt gehen soll. Schließlich ist es vom kommenden Dienstag an buchbar, das heißt, in den Reisebüros wird auch ein entsprechender Katalog liegen. Und der lässt kaum Fragen offen. Ein im wahrsten Wortsinn starkes Stück, denn auf 188 Seiten kann man sich nicht nur inspirieren lassen, es gibt auch jede Menge Informationen – sowohl zu allen Belangen des Schiffes als auch zu den auf dem Routenplan vorgesehenen Häfen, zur Philosophie der Reederei und nicht zuletzt zu den Preisen, die für Törns auf einem Schiff dieser Klasse aufgerufen werden.

Die Ziele der Hamburger sind hochgesteckt, daran lässt Sebastian Ahrens, Sprecher der Geschäftsführung von Hapag- Lloyd Kreuzfahrten, bei der Vorstellung des Projekts keinen Zweifel. Denn die „Europa 2“ wird zur schärfsten Konkurrentin der vielfach ausgezeichneten „Europa“ im eigenen Haus. „Keine Frage, die ,Europa 2‘ wird genau wie die ,Europa‘ die Hapag-Lloyd-Gene in sich tragen“, verspricht Ahrens und will damit sagen, dass die Messlatte weder bei Service und Küche noch anderweitig niedriger gelegt wird. Um das zudem nach außen zu dokumentieren, gibt es auch keinen komplett neuen Namen. Gleichwohl werde die „Europa 2“ anders sein, eine andere Zielgruppe ansprechen, sagt Ahrens.

Denn das neue Schiff wird mit Kreuzfahrttraditionen definitiv brechen. Rituale wie Captain’s Dinner und stets festliche Abendgarderobe als bisher unverrückbare Bestandteile einer gediegenen Kreuzfahrt – auf der „Europa“ weiterhin Standard – wird es nicht geben. Es soll leger zugehen, Smoking und Abendkleid muss kein Passagier auf die „Europa 2“ mitnehmen. „Die vornehmliche Bordsprache wird weiterhin Deutsch sein“, sagt Ahrens, doch man werde auch internationales Publikum ansprechen, um ein eher kosmopolitisches Flair zu kreieren.

Routenkonzepte sowie Unterhaltungsangebote werden besonders auf Berufstätige und damit einhergehend auf Familien zugeschnitten. Insbesondere Zwei- bis 15-Jährige werden entsprechend ihres Alters von ausgebildetem Personal intensiv betreut. Es werden kürzere Reisen möglich sein, mit von Deutschland aus gut erreichbaren An- und Abreisehäfen. In der Regel sind Sieben-Tage-Törns vorgesehen, mit der Option, auf 14 beziehungsweise 20 Tage zu verlängern, ohne einen Hafen mehr als einmal anzulaufen.

Insgesamt steuert das neue Schiff auf 26 Routen 123 Häfen in vier Regionen der Welt an. Im Sommer 2013 wird es im westlichen und östlichen Mittelmeer kreuzen, im darauffolgenden Winter – nach einem Intermezzo auf der Arabischen Halbinsel – zwischen Singapur und Hongkong unterwegs sein. Weltreisen wie die „Europa“ werde das Schwesterschiff nicht anbieten.

Der vielleicht größte Luxus an Bord: Platz. Zum einen gibt es für die höchstens 516 Passagiere an Bord ausschließlich Suiten (251) mit optisch getrenntem Wohn- und Schlafbereich. Die kleinste Kabine misst stattliche 28 Quadratmeter plus einer sieben Quadratmeter großen Veranda. Mehr geht natürlich immer, das gilt sowohl für Kabinen (bis 99 Quadratmeter) als auch die entsprechenden Preise. Und überhaupt, die Reederei verspricht: „Kaum ein anderes Kreuzfahrtschiff bietet mehr Raum pro Gast.“

So viel Freiraum schafft auch Freiheit, die wiederum den Gast vor die Qual der Wahl stellt. Etwa bei den Restaurants. Das Gastronomiekonzept wird als „international, vielfältig und flexibel“ beschrieben. In sieben Restaurants gibt es keine feste Tischordnung, variable Tischzeiten und das Angebot bewegt sich zwischen Haute Cuisine, mediterran und asiatisch. Ein zusätzliches Restaurant, das „Speisezimmer“ mit 16 Plätzen, kann gegen Zuzahlung für besondere Anlässe gebucht werden. Das Regiment über die 66-köpfige Küchencrew wird der Harald-Wohlfahrt-Schüler Stefan Wilke übernehmen, der schon seit 2006 auch für die „Europa“ zuständig ist. Dass edle Tropfen aller Art an Bord sind, versteht sich von selbst. In sechs Bars und Lounges kann der Passagier sie verkosten, auch in der Sansibar, die in Kooperation mit der „schönsten Hütte von Sylt“ entsteht.

Damit nur ja niemand zusätzliche Pfunde mit von Bord schleppt, werden Fit- und Wellness großgeschrieben. „Extrem wichtig für unsere Zielgruppe“, sagt Sebastian Ahrens. Auf mehr als 1000 Quadratmetern kann der Gast im „Ocean Spa“ entspannen und/oder an modernsten Geräten – auf Wunsch persönlich betreut – neue Kräfte mobilisieren. Und damit Golfer an ihrer Technik feilen können, gibt es zwei Simulatoren mit Videoanalyse.

Wenn das Tagwerk der Passagiere vollbracht ist – dazu zählen neben den Landausflügen auch der Besuch bei Vorträgen von Gastdozenten, Lesungen von Autoren wie Donna Leon oder ein Kurs in der Miele-Kochschule an Bord –, ist Showtime angesagt. Von Pop über Swing, Soul und Jazz bis Klassik wird jeder Musikgeschmack von mehr oder weniger bekannten Künstler bedient. Dazu eine wöchentlich wechselnde Bühnenshow mit Akrobaten, Tänzern, Musikern.

Dass sich Reeder bei Schiffsneubauten Gedanken um die Umwelt machen, liegt auf der Hand. Der große Wurf ist in der Hinsicht bei dem Neubau zwar noch nicht gelungen, doch immerhin: Ein besonders optimierter Rumpf senkt den Verbrauch, Katalysatoren reduzieren den Ausstoß von Stickoxid und es gibt den Vorsatz, verstärkt schwefelarmen Marinediesel statt Schweröl einzusetzen. Also auch auf einem sonst perfekt erscheinenden Schiff kann es noch besser werden.

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