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Reise: Vorbei an Frosch und Blindschleiche

Der Fränkische Gebirgsweg wird im September eröffnet – als Beispiel für einen ausgezeichneten Wanderpfad. 420 Kilometer lang kann man ihn testen

Edgar Rother runzelt die Stirn. „Dieses Schild hier passt aber noch nicht, das muss dringend woanders hin“, sagt er bestimmt und marschiert weiter. Aufzuschreiben braucht der Wanderführer sich diese Information nicht, er kennt sämtliche Strecken in der Fränkischen Schweiz wie seine Westentasche. Rother ist einer der vielen ehrenamtlich engagierten Wanderführer, die sich um die Markierung von Wanderwegen kümmern und dafür sorgen, dass jedes Schild und jedes Zeichen am rechten Baumstamm sitzt.

Denn es ist auch die Markierung eines Weges, die bei den Wanderern einen der entscheidenden Eindrücke hinterlässt: Kann man sich hier verlaufen? Finde ich mich auch ohne Karte zurecht? All diese Fragen haben auch bei der Konzeption des neuen Projektes „Fränkischer Gebirgsweg“ der neun beteiligten Vereine und Verbände eine Rolle gespielt. Am 22. September soll er am Startpunkt Blankenstein/Untereichenstein bei Bad Steben eröffnet werden, und obgleich bis dahin noch Zeit für Markierungsverbesserungen wäre, ist Edgar Rothers leise Kritik an einem fehlenden Schild nur eine Momentaufnahme: Der Weg ist nämlich schon bestens ausgeschildert.

Das kommt nicht von ungefähr, denn der Fränkische Gebirgsweg ist eine Herzensangelegenheit aller Beteiligten. Er führt 420 Kilometer durch den Frankenwald, das Fichtelgebirge, die Fränkische Schweiz und die Fränkische Alb durch landschaftlich reizvolle Gegenden und vorbei an Sehenswürdigkeiten wie der Wallfahrtskirche Kappl bei Waldsassen. „Uns ist wichtig, dass wir den Wanderern einmal mehr beweisen können, wie schön es sich in Deutschland wandern lässt und man nicht immer so weit wegfahren muss“, sagt Stefan Fredlmeier vom Frankenwald-Tourismus-Verein.

Da ist es auch nicht so tragisch, dass es gleich bei der ersten Tagesetappe gießt wie aus Kübeln und der Wettergott es gar nicht gut meint. Das ist eben echte Sommerfrische im Frankenwald. Aber die Regentropfen nimmt man in Kauf und erfreut sich an der weiten und sanften Landschaft.

Der Startpunkt des Fränkischen Gebirgswegs ist gleichzeitig auch eine historisch bedeutsame Stätte, denn genau hier befand sich früher die deutsch-deutsche Grenze zwischen Thüringen und Bayern. „Wenn ich heute hier als Wanderer laufe, kann ich mir nur schwer vorstellen, wie das hier bis noch vor wenigen Jahren ausgesehen hat“, sagt Georg Märkl, der ab 1966 auf der bayerischen Seite seinen Dienst als Grenzpolizist tat. Dabei war es gerade die besondere Lage, die damals einen regelrechten „Grenztourismus“ auslöste und Besucher in Scharen und in Bussen hierherlockte, erzählt er.

Heute ist es ruhig geworden in Blankenstein/Untereichenstein. Von der Grenze zeugt nur noch ein stellenweise verlaufender, niedriger Zaun neben der sogenannten Pferdebahn, auf der früher die Materialien auf Fuhren von und zur heute verfallenen Papiermühle gebracht wurden und auf der man die ersten Kilometer des Fränkischen Gebirgswegs zurücklegt. Die weite Landschaft wirkt intakt.

Blindschleichen, Kreuzottern, Fischotter, Frösche und seltene Vogelarten leben im Grünen Band. „Es hat einige Jahre gedauert, bis wir das wieder so hinbekommen haben“, erzählt die Naturwanderführerin Alexandra Triebel. Auf die Kornblumen inmitten der wogenden und für den Frankenwald so typischen Getreidefelder ist sie besonders stolz.

Eine ganz andere, gebirgigere Landschaft zeigt sich dem Wanderer dann im Abschnitt, der durchs Fichtelgebirge verläuft. Insgesamt 220 Kilometer und damit der längste Teil des neuen Weges nimmt jener Teil ab Münchberg bis zur Quelle Roter Main ein. Auch hier, im „Sechs-Ämter-Land“, finden sich seltene Tier- und Pflanzenarten. Und hier besteigt der Wanderer auch zwei der höchsten Erhebungen des Fränkischen Gebirgsweges: die Kösseine (939 Meter) mit gemütlicher Einkehrmöglichkeit und den Schneeberg (1053 Meter), zwischen 1961 und 1993 militärisches Sperrgebiet der Amerikaner und der Deutschen, die auf dem Berg ihre Antennen und Parabolspiegel sowie einen Turm errichteten. Übrig ist heute nur noch der Turm, der als weithin sichtbares Zeichen des Kalten Krieges aus den vormittäglichen Nebelschwaden ragt.

Der Streckenabschnitt im Fichtelgebirge verteilt sich auf mehrere hundert Höhenmeter und ist damit auch der anspruchsvollste. Hier hat der Wanderer zahlreiche und fast schon hochgebirgsartige Höhen zu überwinden. Charakteristisch sind die schroffen Schieferfelsen, die sich geduckt aneinanderdrängen.

Solche Felsgruppierungen finden sich dann auch in der Fränkischen Schweiz – und hier ist Wanderführer Rother wieder voll in seinem Element. „Schauen Sie nur, wie diese Felsformationen völlig unerwartet aus dem Wald lugen, das findet man sonst nirgendwo“, schwärmt er. Mit einem erfahrenen Wanderführer unterwegs zu sein, hat viel für sich: Kenntnisreich erklärt er die landschaftliche Vielfalt, macht auf die Unterschiede zwischen den weiten Hochflächen, den lieblichen Tälern und den sanft geschwungenen Hügeln der „Fränkischen“ aufmerksam. „Für uns ist entscheidend, dass die Wanderer gut und nicht zu viel auf Asphalt laufen müssen und viele gute Aussichten genießen können“, betont Rother.

Nicht nur in der Fränkischen Schweiz sind diese Kriterien auf dem Fränkischen Gebirgsweg allesamt erfüllt. Derzeit läuft die Zertifizierungsphase durch den Verband Deutscher Gebirgs- und Wandervereine. Eine solche Zertifizierung ist äußerst wichtig für einen Weg, schließlich lässt sich das Projekt mit einer solchen Bezeichnung besser vermarkten.

Auskunft: Tourismusverband Franken, Wilhelminenstraße 6, 90461 Nürnberg; Telefon: 09 11 / 941 51 15, im Internet unter: www.frankentourismus.de

Touristinformation Fichtelgebirge, Gablonzer Straße 11, 95686 Fichtelberg; Telefon: 092 72 / 96 90 30, im Internet unter: www.ti-fichtelgebirge.de

Verband Deutscher Gebirgs- und Wandervereine, Wilhelmshöher Allee 157–159, 34121 Kassel; Internet: www.wanderver band.de

Claudia Bell

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