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Wörthersee: Die Renaissance des Schlosshotels

Erst kamen die Filmkomödien, dann die Familienurlauber und schließlich die Prominenz: Wie der Wörthersee Karriere machte.

Roy Black lebt. In Velden am Wörthersee ist er noch allgegenwärtig. Sein Konterfei im feinen silberfarbenen Rahmen kann man beim örtlichen Fotohändler für schlappe zwölf Euro erstehen, am Ufer hat man ihm ein Denkmal gesetzt. Schließlich hat der im Oktober 1991 verstorbene Schlagersänger mit schauspielerischen Ambitionen an der Geschichte vom Wörthersee als Filmmekka und damit an der Popularität dieser Ferienregion entscheidenden Anteil.

Dabei hat die Kulisse am wohl bekanntesten See Kärntens eine lange (Film)Tradition. Wie das heutige Schlosshotel Velden selbst, das in 33 Folgen der Fernsehserie „Ein Schloss am Wörthersee“ mit Roy Black und Uschi Glas Anfang der 90er Jahre zumindest für die Außenaufnahmen herhalten durfte und jetzt, nach langen Jahren des Leerstands, wieder zur ersten Adresse am See geworden ist.

Die Karriere des Filmdrehorts Wörthersee begann 1948 mit Hubert Marischkas „Der Herr Kanzleirat“, in dem Hans Moser mitwirkte, gefolgt von der Komödie „Du bist die Rose vom Wörthersee“ (1952). In den Jahren danach wurden der See, das Schloss und die dramatisch schöne Umgebung immer wieder in Szene gesetzt. Vor allem bei einer Reihe von Klamaukfilmen: Die Namen Toni Sailer, Hans-Joachim Kulenkampff und Peter Kraus lassen auf Inhalt und cineastischen Wert schließen. Das Prädikat „besonders wertvoll“ erhielten die Streifen wohl allein von den Tourismusverantwortlichen der Region. Die Werbewirksamkeit auf Besucher vor allem aus Deutschland war enorm.

Nicht nur die bereits damals als mondän geltenden Gestade des Wörthersees profitierten davon. In den „großen Ferien“ strömten die Deutschen auch an Faaker, Ossiacher und Millstätter See in Österreichs Süden. Auch Reiner Calmund, ehemaliger Fußballmanager und heute Euro-Botschafter für Kärnten fuhr als Kind mit seinen Eltern dorthin (siehe nebenstehendes Interview).

Was Calmund heute für Kärnten bewirken möchte, schaffte früher die Filmindustrie. Nach Komödie und Klamauk hielt nämlich auch großes Kino Einzug am Wörthersee, zumindest in Bezug auf die Besetzung: Rex Harrison, Shirley MacLaine, Ingrid Bergman, Jeanne Moreau und Alain Delon spielten in dem britischen Episodenfilm „Der gelbe Rolls-Royce“. Österreichische und deutsche Prominenz legten sich am Seeufer wenigstens Zweit- oder Drittwohnsitze zu.

Einer von ihnen hatte einen großen Traum. Gunter Sachs erwarb 1990 das Schloss Velden für 160 Millionen Schilling (umgerechnet 11,5 Millionen Euro) von Elsa Böhm, der letzten Erbin des Anwesens, das sich zwischen 1590 und 1603 der damalige Kärntner Landeshauptmann Bartlmä Khevenhüller hatte errichten lassen. Zu einem schicken Hotel wollte der „Playboy“ und erfolgreiche Geschäftsmann Sachs das Schloss umbauen. Doch die Sache scheiterte. Angeblich hatte die Gemeinde Velden ihm zugesagt, die Uferstraße zwischen Schloss und See für den Durchgangsverkehr zu schließen, wollte später davon allerdings nichts mehr wissen. Eine Einigung gab es nicht. Ab 1993 stoppte Sachs die Renovierungsarbeiten. Der Renaissancebau fiel in einen Dornröschenschlaf.

Da der Wörthersee im Allgemeinen und Velden im Besonderen schon immer die Reichen, die manchmal auch schön waren, zumindest für ein paar Tage im Jahr anzog, hätte so ein feines Hotel gute Chancen auf Erfolg gehabt. Schließlich hatten sich in der Vergangenheit so unterschiedliche Menschen von Rang wie Queen Mary, William Somerset Maugham, Bing Crosby und der Schwedenkönig Gustav VI. Adolf vom milden Klima und feiner Lebensart der „österreichischen Riviera“ im Schatten der Karawankenkette betören lassen. Ansässig gar wurde Milliardär Friedrich Karl Flick, der die sogenannte Schiefling-Villa am Südufer von Filmmogul Leo Kirch kaufte und sie (zum Ärger der Anwohner)zu einer wahren Festung ausbauen ließ. Auch Kaufhauskönig Helmut Horten beziehungsweise seine Erben haben ein Schloss am See. Mehr als eine Laube besitzen hier auch Herbert Koch, Boss der Billigmodekette Kika, und Ferdinand Piëch (VW etc.).

Seit Schloss Velden vor genau einem Jahr als Hotel wiedereröffnet wurde, erfährt auch die Veldener Bucht am Wörthersee eine Renaissance. „Man“ lässt sich hier wieder sehen. Die schicke Promenade vorm Hotel wird an Sommertagen regelrecht zu einem Laufsteg.

Bizarr ist das Faible mancher Leute für Motorboote auf dem Gewässer mit Trinkwasserqualität. Nicht nur, dass man gern vorm Schloss mit maßgeschneiderten Mahagoni-Booten des Schiff-Designers Carlo Riva anlegt. Allein die Tatsache, dass man überhaupt Motorbetriebenes über den See bewegt, garantiert ehrfürchtiges Staunen. Schließlich werden die auf 340 Stück limitierten Lizenzen zu Preisen um die 240000 Euro gehandelt. „Vor zehn Jahren kosteten die nur 7000 Euro“, sagt Gernot Riedel, Geschäftsführer von Wörthersee Tourismus.

Neuester Promi-Zugang in Velden ist Siemens-Vorstandschef Peter Löscher. Mit dem Kauf von vier Apartments à 150 Quadratmeter in den neuen „Residenzen“ am Schlosshotel habe sich der Österreicher für rund 8000 Euro pro Quadratmeter nicht nur Privatsphäre mit Seeblick, sondern auch den Fünf-Sterne-Service des Luxushotels gesichert, heißt es. Die Nachbarschaft zu Gunter Sachs gibt’s gratis dazu. Denn von dem wird kolportiert, er habe sich beim Verkauf des Schlosses für 22 Millionen Euro an die Hypo- Alpe-Adria-Bank eine Suite auf Lebenszeit im neuen Hotel ausbedungen.

Keine schlechte Standortwahl für entspannte Tage. Denn das neu -alte Schloss mit einem supermodernen Erweiterungsbau wird von einer Hotelmanagementgruppe um den schon legendären Visionär Horst Schulze geführt. Nach einer Karriere bei Hilton und Hyatt sowie als Gründungspräsident der Ritz-Carlton- Gruppe, hat Schulze mit der West Paces Hotel Group ein neues Betätigungsfeld.

Für rund 100 Millionen Euro sanierte der internationale Hypo-Finanzkonzern das Anwesen am Wörthersee und erweiterte es um 50 Privatresidenzen, sprich Eigentumswohnungen.

Neben der mehr oder weniger distinguierten Klientel des europäischen Geldadels haben besonders zwei Gästegruppen das Haus kennen und schätzen gelernt: Russen und Araber. Wo schon das kleinste Zimmer 60 Quadratmeter groß und mit allem ausgestattet ist, was überhaupt in einem Hotel denkbar scheint, bleiben eben keine Wünsche offen. Wobei durchaus schon leise Klagen über all die moderne Elektronik laut geworden sein sollen. Per Touchscreen werden sämtliche Lampen, Lichter und Leuchten, Vorhänge, „Bitte-nicht-stören“-Zeichen und was-haste-nicht bedient.

Den greisen Scheich allerdings, der vor einigen Monaten mit seinem Hofstaat das Winterwetter in Österreich genoss und gleich vier Wochen lang 30 Gemächer belegte, wird das weniger gestört haben. Zur 300 Quadratmeter großen „Kaiser“-Suite gehört schließlich auch der persönliche Butlerservice. „Tausendundeine Nacht am Wörthersee“. In dem Film hätte sicher auch Roy Black gern mitgespielt.

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