zum Hauptinhalt
Frauen im Cabrio am Meer, Tauro, Gran Canaria, Kanarische Inseln, Spanien

© dpa/pa

Reisen: Die Leute steigen um

Steigende Preise bei Sprit und Billigfliegern - verändert sich das Reisen? Die Mitfahrzentralen und die Bahn bekommen jedenfalls immer mehr Zulauf.

Steigende Benzin- und Kerosinpreise, teurer werdende Tickets bei den schlingernden Billigfluggesellschaften – die Zeit der spontanen Billigtrips könnte bald vorbei sein. Wie wird sich die Teuerung auf das Reiseverhalten auswirken? Die Bahn könnte für manchen eine Alternative sein. Immerhin verzeichnet das Unternehmen seit Jahresbeginn „ein Plus von rund 20 Millionen Kunden im gesamten Personenverkehr", teilte ein Sprecher der Deutschen Bahn mit. Den Grund für diesen Anstieg führt das Unternehmen sowohl auf die hohen Spritpreise als auch auf die steigenden Ticket-Preise der Fluggesellschaften zurück. Eine andere Ausweichmöglichkeit bieten die im Internet zahlreich vertretenen Portale für Mitfahrgelegenheiten. Hier kann man kostenlos nach Fahrern oder Mitfahrern suchen und so die Reisekosten erheblich drücken. Javor Milev von mitfahrzentrale.de spricht von einem Kundenzuwachs von mehr als 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der steigende Spritpreis hat also offenbar schon massiv gewirkt. „Allein im vergangenen Monat haben wir rund 60 000 Besucher auf unserer Homepage gezählt. Das sind fast genauso viele wie im November 2007 während des Bahnstreiks – da waren es 70 000", erklärt Milev. Die Ursache für den rasanten Kundenanstieg sieht er vor allem in den ständig steigenden Kraftstoffpreisen. Aber auch die gekürzte Pendlerpauschale und das gestiegene Umweltbewusstsein spielen seiner Ansicht nach eine Rolle.

Fahrgemeinschaften sind laut Milev das „billigste Mobilitätskonzept" und deshalb für viele eine „attraktive Möglichkeit die Fahrtkosten zu reduzieren". Deshalb geht man bei der Mitfahrzentrale auch davon aus, dass die Kundenzahlen weiter steigen werden. Erst recht, wenn die Lebenshaltungskosten weiter steigen.

Die Zahlen der Mitfahrgesellschaften könnten ein Frühindikator für einen Wandel im Reiseverhalten sein. Ein genaues Bild wird sich wohl erst in einigen Monaten ergeben. „Bisher kann ich keine wesentliche Verschiebung beim Mobilitätsverhalten der Menschen erkennen", sagt Frank Hansen vom Institut für Mobilitätsforschung in Berlin. Die Nachfrage bei Billig-Flügen sei weiterhin hoch. In diesem Jahr verzeichnen die Billig-Airlines immerhin noch ein Plus von rund 20 Prozent bei den Passagierzahlen. Das sei zwar deutliche weniger als 2007 – da lag die Wachstumsrate bei 80 Prozent – „doch eine Verschiebung der Mobilitätsmuster ist statistisch noch nicht nachzuweisen", betont Hansen. Den Grund hierfür sieht er in „routinierten Verhaltensweisen". Die Menschen haben sich schlicht an das Mobilsein gewöhnt. „An dieser Gewohnheit halten die meisten erstmal fest, auch wenn es teurer wird." Menschen ändern ihr Verhalten eher aufgrund massiver, abrupter Veränderungen, wie beispielsweise den Bahnstreik oder den Streik der BVG in Berlin. „Der steigende Ölpreis wird sich erst langfristig auf das Verhalten der Menschen auswirken", sagt Hansen. Ein erstes Anzeichen für eine solche Verhaltensänderung könnte der Boom bei den Mitfahrzentralen durchaus sein. „Allerdings ändert sich hier nicht der Verkehrsträger – die Menschen fahren weiterhin Auto, wenn auch in Fahrgemeinschaften", betont Hansen. Für den Flugverkehr wagt er eine Prognose: „Die zusätzliche Nachfrage, welche erst durch die Billig-Flieger generiert wurde, wird vermutlich zurückgehen – zumindest bei den grenzüberschreitenden Flügen." Deutschlandweit glaubt Hansen aber nicht an eine grundlegende Veränderung der Passagierzahlen, „allein schon wegen der Nachfrage der Geschäftsleute." Auch an eine Renaissance des Trampens glaubt Hansen nicht. „Zu unpopulär und in Deutschland überhaupt nicht mehr verbreitet", sei das Reisen per Anhalter. Konkrete Zahlen seien zu dieser Art der Fortbewegung leider nicht bekannt, aber die Anzahl der Tramper sei vermutlich verschwindend gering.

Genau das möchte der erste deutsche Tramp-Verein „Abgefahren – deutsche Autostoppgesellschaft" ändern. Auf seiner Internetseite ruft er dazu auf das Reisen per Anhalter in Deutschland wieder populär zu machen. Neben Infos rund ums Trampen finden sich hier auch zahlreichen Tipps und Tricks rund um die günstigste Fortbewegungsart. Christine Ahrend von der Technischen Universität Berlin ist da eher skeptisch. Die Professorin für integrierte Verkehrsplanung hält trampen „für viel zu gefährlich", um in Deutschland wirklich populär zu werden.

Mirja Brücker

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false