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Wand aus Gold. Buchhalter im Tresor der Fed in New York.

© picture-alliance / dpa

Reserven im Ausland: Deutschland holt sich Gold aus New York und Paris zurück

Das "Handelsblatt" berichtet vorab über Pläne der Bundesbank, die am Mittwoch über ihr Konzept informieren will. Es ist eine Reaktion auf die heftige Kritik von Politikern, Bürgern und dem Bundesrechnungshof.

Von Andreas Oswald

Berlin - Die Kritiker können triumphieren. Das „Handelsblatt“ hat am Dienstag berichtet, die Bundesbank plane, einen Teil der deutschen Goldreserven in New York künftig in Deutschland zu lagern und die deutschen Bestände in Paris ganz aufzulösen. Dieser Plan sei Teil eines Konzepts, das die Bundesbank am heutigen Mittwoch vorstellen wolle. Die Bundesbank nahm gestern keine Stellung zu dem „Handelsblatt“-Bericht und verwies auf die Vorstellung des Konzepts am Mittwoch.

Laut „Handelsblatt“ reagiert die Bundesbank auf die Kritik des Bundesrechnungshofs, der in einem Geheimbericht empfohlen hatte, die aktuellen deutschen Lagerbestände im Ausland zu dokumentieren. Der Bericht hatte eine aufgeregte Debatte ausgelöst. Schärfster Kritiker war der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler, der die Bundesregierung und die Bundesbank immer wieder aufgefordert hatte, nach dem deutschen Gold zu sehen. Der Geheimbericht des Bundesrechnungshofes ergab, dass sich Deutschland immer mit schriftlichen Bestätigungen der Gegenseite zufriedengegeben habe, dass das Gold noch da sei. Die letzte Barrenliste stamme aus dem Jahr 1979/80. Die US-Notenbank verweigere den Deutschen, die eigenen Bestände in Augenschein zu nehmen.

Der Aufschrei war groß, Verschwörungstheoretiker hatten ihre große Stunde. Was an dem Geheimbericht allerdings irritiert, ist die Tatsache, dass viele Stellen auf Druck der Bundesbank geschwärzt sind. So auch die Stelle, an der über einen Besuch von Bundesbankern 2011 berichtet wird, die angeblich einen kleinen Teil des deutschen Goldes ansehen durften. Warum wurde das geschwärzt? Die USA haben immer klargestellt, dass die Goldvorräte anderer Länder aus Sicherheitsgründen nicht besichtigt werden können. Wurde die Schwärzung vorgenommen, um die Amerikaner nicht zu brüskieren, die keine Ausnahme zulassen wollten?

Trotzdem bleibt die ängstliche Frage: Ist das deutsche Gold überhaupt noch da? Sie könnte demnächst zum Teil beantwortet werden, dann nämlich, wenn Deutschland einen Teil der Bestände aus New York zurückholt. Wenn sie zurückkommen werden, waren sie vorher da gewesen. Aber was ist mit dem anderen Teil?

Brauchen wir das Gold überhaupt? Warum liegt es überhaupt in New York? Das meiste deutsche Gold in New York wurde nie dorthingeschafft. Es entstand durch die gigantischen Außenhandelsüberschüsse Deutschlands während des Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Währungen noch mit Gold unterlegt waren. Damals wurde in New York lagerndes Gold entsprechend auf Deutschland überschrieben. Und das wurde immer mehr.

Die Zeiten, da Währungen mit Gold unterlegt wurden, sind lange vorbei. Streng genommen braucht Deutschland das Gold nicht, es sei denn, man wollte damit irgendwelche Ausgabenprogramme finanzieren, was gelegentlich als politischer Vorschlag auftauchte. Oder man könnte das deutsche Gold als Pfand für Staatsanleihen maroder Euro-Staaten hinterlegen, den Vorschlag gab es tatsächlich, Frau Merkel hat das aber tapfer zurückgewiesen. Eine Funktion des Goldes liegt darin, im Falle einer Währungskrise schnell zu Devisen zu kommen. Dann würden die USA Dollar zahlen und einen Teil des Goldes wieder auf sich überschreiben. Diese Funktion macht auch klar, warum es nicht darauf ankommt, ob das Gold physisch tatsächlich in einem bestimmten Tresor lagert. Es reicht völlig, dass in der Buchhaltung festgehalten ist, wie viel von dem vielen Gold in New York Deutschland gehört. Die Zahl ist wichtig, nicht das Gold.

Der Devisenaspekt erklärt auch, warum die Bundesbank die Goldvorräte in Paris vollständig auflösen möchte. Frankreich gehört zum Euro-Raum und könnte Deutschland somit über das Gold keine Devisen auszahlen.

Dass das deutsche Gold an verschiedenen Stellen liegt, hatte Sicherheitsgründe. Eine Zeit lang verwalteten auch die Belgier Bestände. Die lagerten, wie der „Spiegel“ herausfand, eine Zeit lang doch tatsächlich in der belgischen Kolonie Kongo. Verschwunden sind sie nicht einmal da.

Das Misstrauen ist übrigens keine deutsche Erfindung. Frankreichs autokratischer Präsident Charles de Gaulle hat 1966 das in New York lagernde französische Gold mit U-Booten abgeholt.

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