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Alte Schule. Sängerin Katy Perry trägt ein Vinyl-Symbol.

© picture alliance / dpa

Panorama: Richter schützen Familien vor Abmahnwelle

BGH beriet über Klage gegen Eltern, deren Sohn illegal Musik heruntergeladen hat.

Berlin/Karlsruhe - Eltern müssen für den illegalen Musiktausch eines minderjährigen Kindes grundsätzlich nicht haften, wenn sie das Kind ausreichend über das Verbot einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt haben. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe. Im vorliegenden Fall hatte ein 13-Jähriger illegal Musik heruntergeladen und im Netz verbreitet. Seine Eltern waren vom Oberlandesgericht (OLG) Köln deshalb zu 3000 Euro Schadenersatz verurteilt worden – wegen Verletzung von Urheberrechten. Der BGH hob das Urteil auf, die Klage der Musikfirmen wurde abgewiesen.

Vier führende Tonträgerhersteller hatten eine Hausdurchsuchung bei der Familie veranlasst. Mehrere große Anwaltskanzleien in Deutschland haben sich seit Jahren darauf spezialisiert, Online-Tauschbörsen im Auftrag der Musikindustrie zu überwachen. Denn mit jeder üblichen Filesharing-Software sind die IP-Adressen aller Computer, von denen Dateien hoch- oder heruntergeladen werden, problemlos einsehbar. Anschließend schalten die Anwälte Gerichte ein, die den jeweiligen Internetprovider in aller Regel zur Herausgabe der zur IP-Adresse passenden Kundenanschrift verpflichten. Dies geschieht mittlerweile in so großem Ausmaß, dass Kritiker von einer „Abmahnindustrie“ sprechen und manche Gerichte ihre Überlastung beklagen.

Der Kölner Vater hatte eine Kinderschutzsoftware auf den Rechner seines Sohnes aufspielen und den Zugang zu Tauschbörsen mit Sperrungen erschweren lassen. Der Junge umging diese Hürden aber, was dem Vater bei stichprobenartigen Kontrollen angeblich nicht aufgefallen war. Das Oberlandesgericht Köln entschied, Eltern seien zu wirksamen Kontrollen verpflichtet.

Ein Anwalt der klagenden Firmen verteidigte diese Position jetzt vor dem BGH. Der Fall zeige, dass für viele Eltern der Begriff „Erziehungsaufgabe“ zu einem „Fremdwort“ geworden sei. Während früher „auch mal eine Ohrfeige nicht geschadet“ habe, würden Kinder heute „an freier Leine laufen“ gelassen. Im aktuellen Fall hätten die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt und könnten sich nicht mit mangelnder Kenntnis im Umgang mit dem Internet herausreden. Dagegen betonte der Anwalt der betroffenen Familie, Kinder sollten zu selbstständigem Handeln erzogen werden. Wenn Eltern ihnen grundsätzlich mit Misstrauen begegneten und sie „unter Generalverdacht“ stellten, werde der Familienfrieden zerstört. Der Vater habe getan, was ihm möglich gewesen sei. Von Eltern könne nicht verlangt werden, die Computer ihrer Kinder von einem Fachmann überprüfen zu lassen.

Die teuren Abmahnungen und Schadensersatzforderungen von Anwälten der Musiklabels beruhen stets darauf, dass der Tauschbörsenteilnehmer die Songs „weltweit zum Download angeboten“ haben soll. Dieser Vorwurf kann auch Jugendliche oder Erwachsene treffen, die eigentlich nur etwas herunterladen wollen, aber dabei gleichzeitig ihre Dateien anbieten.

Der Trend geht inzwischen weg von den Tauschbörsen. Viele laden sich Musik oder Filme bei sogenannten Filehostern herunter. Auch das ist illegal, aber das Risiko einer Entdeckung ist viel geringer. Die Abmahnindustrie hat hier das Nachsehen. CD/dpa/AFP

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