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Russland: Feuerinferno bedroht Atomforschungszentrum

Gut eine Woche nach Beginn des Feuerinfernos in Russland haben die fast 300.000 Rettungskräfte die Großbrände noch nicht im Griff. Die Wald- und Torfbrände rücken bedrohlich nahe an ein Zentrum für atomare Forschung heran.

In Sarow rund 400 Kilometer östlich von Moskau hielten etwa 2200 Rettungskräfte die Feuerwalze noch weitgehend unter Kontrolle, wie die Stadtverwaltung nach Angaben der Agentur Interfax mitteilte. Landesweit weiteten sich die Feuer allerdings aus.

Es gebe bis zu 400 neue Brände, klagte der Leiter des nationalen Krisenzentrums, Wladimir Stepanow, und nannte die Situation "dramatisch". Bei der schwersten Naturkatastrophe in Russland seit Jahrzehnten starben bisher nach offiziellen Angaben 41 Menschen. Die Hilfsorganisation Caritas International rechnet jedoch aufgrund von Angaben ihrer russischen Gruppen mit deutlich mehr Toten.

Die Brände seien "eine große Tragödie", sagte Kremlchef Dmitri Medwedew. Russland werde alle Möglichkeiten nutzen, "um der Naturgewalt zu trotzen". Dazu nimmt das Riesenreich nun auch Hilfe aus dem Ausland an. Die Ukraine schickt zwei Flugzeuge vom Typ Antonow An-32, außerdem sollen zwei Hubschrauber aus Aserbaidschan helfen. Moskau liegt auch ein Hilfsangebot der Bundesregierung vor.

In der Umgebung der Hauptstadt seien 50 neue Torfbrände aufgeflammt, berichtete Stepanow. Der Gouverneur des Gebiets Moskau, Boris Gromow, schlug Regierungschef Wladimir Putin das Fluten der brennenden Torfmoore vor. "Diese Maßnahme ist zwar aufwendig, aber der Torf ist eine reale Bedrohung für die Hauptstadt", sagte Putin bei einem Treffen mit Gromow. "Arbeiten Sie einen Plan dafür aus." Brände in insgesamt 17 Regionen des Riesenreichs hielten die mittlerweile fast 300.000 Helfer aus der Feuerwehr, Armee und von zivilen Rettungseinheiten in Atem. Die Löschtrupps waren zwar ununterbrochen im Einsatz. Aber wegen des starken Windes und der Gluthitze brachten sie nur wenige der Feuerfronten unter Kontrolle. Zudem können Löschflugzeuge nur bei Tageslicht eingesetzt werden.

An mehreren Orten übersprangen die Flammen die angelegten Brandschneisen. Zunächst müssten die Menschen aus bedrohten Dörfern in Sicherheit gebracht werden, sagte Stepanow. Dies habe Vorrang vor der Rettung des Waldes und dem Löschen der Gebäude. Im Raum Nischni Nowgorod setzte die Armee auch sogenannte Feuerspringer ein.

Beißender Brandgeruch durchzog erneut viele Städte des Landes. Der Schadstoffgehalt in der Luft sei mehr als doppelt so hoch wie an anderen Tagen, sagte ein namentlich nicht genannter Experte. "Ein paar Stunden auf Moskauer Straßen kommen zwei Packungen Zigaretten gleich." Nach Behördenangaben wurden allein am Dienstag landesweit Hunderte Menschen mit Brandwunden, Rauchvergiftungen und Kreislaufversagen in Krankenhäuser gebracht. Tausende sind obdachlos.

Der bis Herbst angekündigte Wiederaufbau der Häuser werde von Kameras überwacht, versprach Putin. Dies sorge für eine lückenlose Kontrolle.

In Sarow könne das für die Waffenentwicklung wichtige Atomforschungszentrum trotz der lodernden Brände in einigen Kilometern Entfernung wie gewohnt arbeiten, hieß es. Zur Koordinierung der Rettungsarbeiten flog jedoch der Leiter des staatlichen Atomkonzerns Rosatom, Sergej Kirijenko, in das Gebiet.

Die Behörden sprechen von der schwersten Trockenheit und Hitze in Russland seit mehr als 130 Jahren. In den kommenden Tagen könne die Temperatur an manchen Orten sogar auf über 40 Grad Celsius steigen, sagten Meteorologen voraus. Wegen der Dürre korrigierte die Regierung bereits ihre Prognose für die Getreideernte deutlich nach unten. Russland ist einer der weltgrößten Exporteure von Weizen. (dpa)

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