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Russland: Skandal galaktischen Ausmaßes um einen Kosmonauten

Kosmonaut Maxim Surajew wird die Auszeichnung als "Held" verwehrt - weil er sich über Anweisungen von der Erde einfach hinwegsetzte. Viele Russen verstehen die Welt nicht mehr und sind empört.

Ein unwürdiges Schauspiel erregt derzeit die russische Öffentlichkeit. Es geht um die Frage, ob ein Kosmonaut nach seinem ersten Raumflug wie bisher automatisch mit dem Goldenen Stern eines „Helden Russlands“ ausgezeichnet werden muss. Das Verteidigungsministerium stellt diese Tradition, die mit dem historischen Flug von Juri Gagarin am 12. April 1961 begründet wurde, offenbar infrage. Kosmosveteranen wie Alexej Leonow, aber auch Vertreter der jüngeren Raumfahrergeneration und viele Weltraumenthusiasten laufen dagegen Sturm. In den Medien ist von einem „Skandal kosmischen Ausmaßes“ die Rede.

Der Streit zwischen der Raumfahrtagentur Roskosmos und dem Ministerium ist an Maxim Surajew entbrannt. Der 38-jährige Luftwaffenoberst war im März von seinem Langzeitflug in der Internationalen Raumstation ISS zurückgekehrt. Zusammen mit dem US-Astronauten Jeff Williams hatte er fast ein halbes Jahr lang in der Station gearbeitet und dabei über 50 wissenschaftliche Experimente und einen „Weltraumspaziergang“ absolviert. Nebenbei hat er mit seiner unkonventionellen Art für viel frischen Wind gesorgt.

Als erster Russe berichtete er in einem Blog über das Leben in der Station. Dabei brach er allerdings auch manches Tabu. Zudem machte er mit der Züchtung einer Weizensorte Furore. Dass er sich dabei über Anweisungen der Wissenschaftler auf der Erde hinwegsetzte, wird dem Offizier jetzt möglicherweise als grobe Pflichtverletzung angekreidet.

Zweimal hat das Ministerium den Auszeichnungsantrag von Roskosmos abgelehnt – „njet!“. Es gebe für die Verleihung des Helden-Titels „keine ausreichenden Gründe“, hieß es nur lapidar. Roskosmos wandte sich deshalb an den Präsidenten Dmitri Medwedjew. Mit einer Entscheidung des Kremls wird in allernächster Zeit gerechnet.

Viele Russen verstehen die Welt nicht mehr. Denn wer, wenn nicht die gut 100 Frauen und Männer, die unter Einsatz ihres Lebens in den Weltraum geflogen sind, hätte die höchste Auszeichnung des Landes verdient? In der ehemaligen UdSSR wurden sogar die Raumfahrer der „Bruderstaaten“ nach den gemeinsamen Kosmosmissionen mit dem Helden-Stern geehrt, so auch DDR-Kosmonaut Sigmund Jähn im Jahre 1978.

Zweifach-Held General Leonow sieht in der Verweigerung des Titels für Surajew sogar einen eklatanten Verstoß gegen geltendes Gesetz. Der Kosmonaut habe alle Voraussetzungen für die Verleihung der Auszeichnung voll erfüllt, wetterte er. Da das Ministerium aber scheinbar beratungsresistent sei, werde er den Fall auf dem Kongress der Putin-Partei „Einiges Russland“ zur Sprache bringen. dapd

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