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Panorama: Russlands Problembären

Wegen ungewöhnlich warmer Temperaturen fällt der Winterschlaf aus – das macht die Tiere aggressiv

Die Russen haben einen neuen Feind, und der heißt Mischa. So jedenfalls nennt der Volksmund Braunbären, von denen es allein im europäischen Teil Russlands und im Kaukasus noch über 20 000 gibt. Vor einer Begegnung mit ihnen warnt jetzt ausdrücklich ein Bericht des Moskauer Ministeriums für Katastrophenschutz, der sich mit möglichen Natur- und Umweltkatastrophen auseinandersetzt. Fazit: Vor allem in den letzten Winterwochen und zu Frühjahrsbeginn sollte man Bären unbedingt aus dem Wege gehen. Die Tiere, heißt es dort, würden in diesem Jahr zu extremer und unmotivierter Aggressivität neigen. Denn Meister Petz ist mindestens so schlecht gelaunt wie unausgeschlafene Menschenkinder. Der Grund: Ungewöhnlich warmes Wetter auch in Russland hat ihn vor der Zeit veranlasst, die Höhle zu verlassen, wo er normalerweise von Oktober bis März Winterschlaf hält.

Müde Bären kommen zum ersten Mal als Bedrohung in dem alljährlichen Bericht vor, der sich ausführlich mit den Folgen des Klimawandels auseinandersetzt. In Russland sind sie besonders deutlich zu beobachten. In Moskau, wo Mitte Januar Fröste um minus 20 Grad üblich sind, zeigte das Thermometer dieser Tage sage und schreibe 8,4 Grad plus. Mehr wurde seit Beginn der meteorologischen Aufzeichnungen 1894 an einem 9. Januar nie gemessen.

Weitere Rekorde dürften in den nächsten Tagen fallen, denn seit Ende Dezember liegen die Temperaturen etwa 20 Grad über den langjährigen Normalwerten.

Ähnlich beängstigend ist die Lage in Sibirien, wo die Jahresdurchschnittstemperatur 2006 bereits um drei Grad höher als das Jahresmittel Ende der Neunziger lag. Allein dort rechnen die Katastrophenschützer für 2007 mit einer hundertprozentigen Steigerung klimabedingter Umwelt- und Naturkatastrophen.

Weil der Permafrostboden taut – wenn der Trend anhält, werden am Ende des Jahrhunderts bis zu 20 Zentimeter abgeschmolzen sein – sind Brücken, Straßen, Bahnlinien und Pipelines akut gefährdet. Schon jetzt haben rund 21 Prozent aller Havarien und Leckagen von Öl- und Gasleitungen direkt oder indirekt mit den Klimaveränderungen zu tun.

Außerdem, so die Experten, würden sich Waldbrände häufen, an Intensität zunehmen und auf immer neue Regionen übergreifen. An der Pazifkküste drohen mehr Taifune und Tsunamis, im Kaukasus Schlammlawinen und kalbende Gletscher. Weil auch die großen Flüsse durch mehr Niederschläge inzwischen bis zu zehn Prozent mehr Wasser führen, müsse auch landesweit mit verheerenden Überschwemmungen gerechnet werden.

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