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Sabine Christiansen

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Sabine Christiansen: Es war einmal eine Talkshow...

Bundespräsident Horst Köhler verabschiedet Sabine Christiansen. Nach der 477. Sendung hört die sie auf und wünscht: "Viel Spaß bei Anne“.

Die First Lady dieser Republik heißt, nein, nicht Sabine Christiansen. Eva Luise Köhler ist es, die Ehefrau von Bundespräsident Horst Köhler. Dies zu betonen, war am Sonntagabend nicht ganz unwichtig. Es bestand Verwechslungsgefahr, so sehr stand Sabine Christiansen im Mittelpunkt, und Horst Köhler stand nicht an, seine Honneurs für die First Talklady dieser Medienrepublik zu unterdrücken. Sabine Christiansen nahm mit der 447. Ausgabe ihrer gleichnamigen ARD-Talkshow Abschied. Einziger Gast war der Bundespräsident. Ob sie Köhler lange bitten musste? Wohl kaum, der Präsident konnte wie die Gastgeberin mit einer starken Einschaltquote rechnen.

Mit dem Thema „Zeitenwende: ein Jahrzehnt Deutschland“ wollte Sabine Christiansen einen flauschigen Frageteppich für ihren Gast ausbreiten – und sich selbst und ihre Fernsehleistung erinnert wissen. Ein Jahrzehnt, das war der Rekurs auf beinahe zehn Jahre Talkshow „Sabine Christiansen“, die erste Ausgabe der Talkshow datiert auf den 4. Januar 1998; Horst Köhler dagegen ist seit drei Jahren im Amt. Der Präsident reklamierte für sich, „Dinge stets beim Namen zu nennen. Die Menschen erwarten das.“ Mit Menschen meint Köhler die Bürger im Land, denen zuzuhören die erste Präsidententugend ist. Das kommt an, eine eingeblendete Umfrage bescheinigte ihm sehr hohe Sympathie- und hohe Kompetenzwerte.

Horst Köhler, ein "Wohlfühlpräsident“

In der Weise, wie Köhler Einschätzungen und Erfahrungen, Appell und Mahnung im Laufe der Sendung verteilte, wird er sich mit der Mehrheit der Bevölkerung nicht verscherzt haben. Ja, die Dinge seien in Deutschland zum Besseren in Bewegung gekommen, allerdings müssten die Politiker noch stärker begreifen, dass sie für die Bürger da seien. Nein, auch der Bundespräsident versteht seine Einkommenssteuererklärung nicht. Manche Manager verdienten nicht, was sie verdienen. Alle, insbesondere die Arbeiterkinder, müssten die gleichen Bildungschancen haben. Horst Köhler, ein „Wohlfühlpräsident“, einer für alle gegen einige?

Der spontane Applaus, der ihm im Studio nahe der Berliner Gedächtniskirche des öfteren entgegenschlug, zeigte, dass der Präsident verstanden und in seiner Sicht der Dinge akzeptiert wird. Trotzdem ließ er sich von Sabine Christiansen nicht zu einer Aussage verleiten, ob er 2009 eine Wiederwahl anstrebe: „Jetzt macht es Spaß.“ Die Entscheidung, ob er verlängern will, die wird er ein Jahr vor dem Ende seiner Amtszeit treffen. Noch einmal versuchte Christiansen, Köhler eine News zu entlocken. Ob er die inhaftierte RAF-Terroristin Birgit Hogefeld doch begnadigen werde? „Alles zu seiner Zeit“, beschied er die Moderatorin.

Christiansen konnte/wollte den Bundespräsidenten nicht überraschen, ebenso wenig konnten/sollten es die Fragen aus dem Publikum. Aus Vorgesprächen und früheren Begegnungen kannte Köhler manchen Fragesteller plus Statement offensichtlich schon.

"Günther Jauch hat hier Hausverbot"

Sabine Christiansen
Mit ihrer Talkshow hat sie "Geschichte geschrieben", Sabine Christiansen bedankt sich beim Publikum und sagt "Viel Spaß bei Anne". -

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Der letzte Talk der Sabine Christiansen hatte einen freundlichen, zuweilen „hohen“ Ton gegenüber dem Gast. Präsidialer Friede-Freude-Eierkuchen-Duft lag in der Luft. Spürbare Erfrischung und Heiterkeit brachte die „Best of Statements“ von Gästen aus beinahe zehn Talkjahren. Da böte sich noch mehr zur Versendung an. Die Talkerin, gewandet in einem bestechend weißen Hosenanzug, brachte die eine Stunde Talkshow routiniert und ohne erkennbare Wehmut nach Hause. Große Freude dann über das XXL-Lob von Horst Köhler: „Sie haben Fernsehgeschichte geschrieben!“

Dem Finale war der Schlussgag geschuldet. Olli Dittrich alias „Dittsche“ spielte eine Runde „Sabine Christiansen“ nach. Auch der Präsident war amused, wie „Dittsche“ sich seine Politiker zusammenbaute (SPD-Chef Kurt Beck aus Sofakissen). Einer durfte in den „Dittsche“-Imbiss nicht hinein, da konnte er klopfen, wie er wollte: Günther Jauch. „Der hat hier Hausverbot.“ Der RTL-Mann war mal am Christiansen-Sendeplatz interessiert.

"Viel Spaß bei Anne"

Um 19:14 Uhr war endgültig Schluss. Weiße Rosen, Blitzlichtgewitter, O-Ton Christiansen: „Vielen Dank für ihre Treue und auf Wiedersehen.“ 19:14 Uhr? Die letzte Ausgabe war eine Aufzeichnung. Auf Wiedersehen? Christiansen will für das Erste weiterarbeiten. Um 19:30 Uhr begann die große ARD-Danksagungsparty mit dem Ehepaar Köhler vorneweg.

Dem Abschied der Sabine Christiansen folgte ein zweiter auf dem Fuße. Anne Will moderierte am Sonntag letztmals die ARD-„Tagesthemen“ (ausführliche Würdigung in der Dienstagsausgabe). Die Journalistin wird mit ihrer Talksendung Nachfolgerin von Christiansen. „Anne Will“ soll ab Sonntag, dem 16. September, um 21:45 Uhr im Ersten so erfolgreich sein wie ihre Vorgängerin. „Viel Spaß bei Anne“, rief Christiansen ihren Studio-Zuschauern beim Abgang zu.

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