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Salzgitter: Priester gesteht Missbrauch in 280 Fällen

Er missbrauchte seine Opfer sogar kurz vor der Messe: Ein katholischer Geistlicher aus Salzgitter steht wegen sexuellen Missbrauchs von drei Jungen vor Gericht. In seiner Gemeinde soll der 46-Jährige offen, selbstbewusst und sehr beliebt gewesen sein.

Im Pfarrhaus, im Skiurlaub, auf Ausflügen und im Elternhaus, sogar kurz vor der Messe: 280 Mal soll ein katholischer Geistlicher aus dem niedersächsischen Salzgitter drei Jungen im Alter zwischen 9 und 15 Jahren sexuell missbraucht haben. Zum Prozessauftakt am Donnerstag gestand der 46-Jährige nach einigem Zögern alle Taten. Es sei nicht seine Absicht gewesen, sich den Jungen sexuell zu nähern, sagte der 46-Jährige im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Braunschweig.

Als Kaplan hatte er 2004 zunächst in Braunschweig das Vertrauen einer verwitweten Mutter gewonnen. Der Kontakt wurde über gelegentliche Spieleabende und kleine Ausflüge schnell enger. Als der Angeklagte nach Salzgitter versetzt wurde, verbrachte der damals neunjährige Sohn der Mutter häufig die Wochenenden bei ihm. Zum 10. Geburtstag schenkte der Geistliche ihm eine Reise ins Disneyland, auch gemeinsame Skiurlaube und Kurztrips gab es. All diese Gelegenheiten nutzte der Geistliche nach seinem eigenen Geständnis zu Übergriffen - an manchen Wochenenden dreimal. Es sei ihm nicht in den Sinn gekommen, dass er dem Jungen schade, sagte der Priester. „Ich hatte nicht den Eindruck, dass er das nicht wollte.“ Doch auf die Frage der Staatsanwältin, wieso ein Neunjähriger schon Interesse an sexuellen Handlungen haben soll, weiß der Geistliche keine Antwort.

2006 wurde der Mutter der Kontakt dann zu eng - von den Übergriffen wusste sie damals aber noch nichts. Das Kfz-Nummernschild des Priesters trug die Anfangsbuchstaben des Jungen, den er „mein kleiner Bär“ nannte - das Kind sollte ihn „kleiner Tiger“ nennen. „Die Geschenke und die starke Einmischung in die Erziehung wurden ihr zuviel“, erläuterte Staatsanwältin Ute Lindemann. Die Mutter wandte sich an das Bistum Hildesheim, den Arbeitgeber des Priesters. Von dort wurde dem Mann der weitere Umgang mit dem Jungen verboten.

Parallel hatte der Geistliche Kontakt zu einer anderen Familie in Salzgitter aufgenommen. Arglos ließen auch diese Eltern ihre Söhne mit dem Mann allein auf Reisen gehen, unter anderem zum Badeurlaub nach Ägypten. Als der Kontakt mit diesen Jungen abbrach, versuchte der Geistliche sich wieder seinem ersten Opfer zu nähern. Dieser brach im Alter von 17 Jahren endlich sein Schweigen und vertraute sich seiner Mutter an. Sie erstattete umgehend Anzeige und brachte den Fall so ins Rollen.

Der 46-jährige Geistliche räumte am Donnerstag zunächst nur wenige Taten ein. Er gestand erst nach einer längeren Beratungspause in vollem Umfang. Das Gericht sicherte ihm dafür eine Strafe von maximal sechseinhalb Jahren zu. (dpa)

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