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Panorama: Sars kommt wieder

Der erste Fall seit Monaten weckt neue Ängste

Es ist wieder da: Sars, das Schwere Akute Respiratorische Syndrom. Am gestrigen Dienstag wurde die atypische Lungenkrankheit bei einem Mann in Singapur festgestellt. Es ist der erste Fall, seit die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Ende Mai den Stadtstaat für Sars-frei und Anfang Juli die Ausbreitung der Infektionskrankheit für eingedämmt erklärt hatte. Von vielen als die erste globale Epidemie des 21. Jahrhunderts bezeichnet, hatte Sars die Welt Anfang des Jahres in Angst versetzt.

Wie das Gesundheitsministerium von Singapur mitteilte, wurde der neue Sars-Fall mit einem zweiten Test nach einem ersten positiven Ergebnis bestätigt. Bei dem Kranken handelt es sich um einen 27-jährigen Mikrobiologen, der an der Nationalen Universität von Singapur an der Erforschung der West-Nil-Viren gearbeitet hatte. Außerdem soll er am Institut für Umwelthygiene beschäftigt gewesen sein. 25 Menschen, die mit dem Mann in Kontakt gestanden haben, sind unter Quarantäne gestellt worden. Die Quelle für die neue Erkrankung ist allerdings noch unbekannt. Der Mann hatte sich nicht in Sars-gefährdeten Gebieten aufgehalten und keinen Kontakt zu erkrankten Personen gehabt. Die Behörden gehen deshalb davon aus, dass es sich um einen Einzelfall handelt.

Kein Grund zur Panik also? „Eine neue weltweite Epidemie müssen wir nicht befürchten“, sagt Hans Wilhelm Doerr, Direktor des Instituts für Medizinische Virologie des Universitätsklinikums Frankfurt am Main. Die Krankheitsüberwachung und -kontrolle der WHO sei, nicht zuletzt mit den Erfahrungen vom Frühjahr, für ein erneutes Auftreten von Sars gut gerüstet.

Im November 2002 waren der WHO erstmals Fälle einer atypischen Lungenentzündung aus der südchinesischen Provinz Guangdong gemeldet worden. Weltweit waren in der folgenden Sars-Welle über 8400 Menschen erkrankt, mehr als 900 Menschen starben. Die Bekämpfung von Sars gilt vielen Experten als ein beispielloser Erfolg in der Seuchenbekämpfung. Zwar waren die chinesischen Behörden dafür kritisiert worden, dass sie nicht schnell genug reagiert hatten. Doch war es der WHO dann innerhalb kürzester Zeit gelungen, mehrere Forschungsinstitutionen weltweit zu einem Netzwerk zusammenzuschließen. Innerhalb weniger Wochen war der Sars-Erreger identifiziert. Sein Genom wurde entschlüsselt und daraufhin sichere Verfahren zur Diagnose der Krankheit entwickelt. Schließlich wurden die Übertragungswege – die Atemluft – entdeckt. Entsprechende Schutzmaßnahmen wie die Isolation von Patienten konnten getroffen werden – und griffen schließlich.

Trotz aller Erfolge: die Gefahr bleibt. So hatte die WHO erst am Montag vor einer Rückkehr der lebensgefährlichen Lungenkrankheit gewarnt. „Wir werden Sars nicht ausrotten können“, sagt auch Doerr. Das hat Gründe: Es kann immer wieder Menschen mit milden Krankheitsverläufen geben, welche den Erreger unerkannt weitertragen. Außerdem gilt es mittlerweile als sehr wahrscheinlich, dass der Sars-Erreger von Tieren auf den Menschen übergesprungen ist. Und das kann immer wieder passieren. Die Wissenschaftler verdächtigen seltene wilde Tiere, die in Südchina als Delikatesse verzehrt werden. Tatsächlich ist aber ein „Verdächtiger“, die Zibetkatze, durch die chinesischen Behörden wieder für den Verzehr freigegeben worden.

Seit der Eindämmung der Seuche waren die Wissenschaftler nicht untätig. An der Entwicklung eines Impfstoffes wird gearbeitet. Er wird jedoch frühestens in zwei Jahren einsatzbereit sein. Die Forscher konzentrieren sich auf anti-virale Medikamente. Ein neuer Wirkstoff, der in die Vermehrung eingreift, ist in der Entwicklung.

Kann man nach Asien reisen?

Reisen nach Asien sind unbedenklich. Der letzte Ausbruch von Sars hatte zu massiven Einbrüchen im Flugverkehr geführt. Am Dienstag sorgte das Bekanntwerden des neuen Sars-Falls in Singapur wieder für Kursverluste bei vielen Aktien von Fluggesellschaften. Experten warnen jedoch vor Panik: „Reisen nach Asien muss man nicht absagen“, sagt der Virologe Hans Wilhelm Doerr vom Universitätsklinikum Frankfurt. Auch der Besuch von Singapur sei unbedenklich. Denn mit einer erneuten, epidemieartigen Ausbreitung von Sars sei nicht zu rechnen. Wer sich dennoch Sorgen macht, kann sich bei einer Reise nach Asien schützen. Er sollte schlichtweg seine Umgebung beobachten – und kranken Menschen aus dem Weg gehen. Denn der Sars-Erreger wird von Erkrankten über kleinste Speicheltröpfchen in der Atemluft übertragen. Beruhigend ist dabei: „Sars verbreitet sich zwar über den Atem, ist jedoch weniger ansteckend als die Grippe“, sagt Doerr. Im Ernstfall können Atemschutzmasken vor einer Infektion schützen.

Elke Binder

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