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Das Bier fließt in Strömen. Amerikanische Studentinnen in Cancun, Mexiko.

© REUTERS

Saufen bis der Arzt kommt: "Spring Break" - vom harmlosen Spaß zum Party-Exzess

Geschichte eines alljährlichen Besäufnisses - das Ritual wurde jetzt zum Hintergrund für einen spektakulären Film: "Spring Breakers".

Für Studenten in Amerika ist an Ostern Party angesagt – „Spring Break“ steht für zwei Wochen Ausnahmezustand, vor allem in Florida, aber auch im benachbarten Ausland. Hoch im Kurs stehen Mexiko und die Dominikanische Republik.

Riesige Menschenmassen tanzen in der Sonne und trinken alles, was Alkohol enthält. Eltern sollten lieber nicht wissen, was da passiert. Am Donnerstag startet in Deutschland der US-Film „Spring Breakers“ mit Selena Gomez und Vanessa Hudgens in den Hauptrollen. Er dürfte einer der umstrittensten Filme des Jahres sein, schon bei der Uraufführung bei den Filmfestspielen in Venedig gab es lauten Beifall und erboste Buh-Rufe.

Warnungen werden das Publikum bestimmt nicht abhalten.

Aber wie kam es im Laufe der Jahre dazu, dass dieses Ereignis in den USA immer mehr aus dem Ruder lief? „Spring Break“ begann eigentlich gemächlich. Seit dem zweiten Weltkrieg nutzten amerikanische Schüler die Frühlingsferien für einen Trip in wärmere Gefilde. Das nördlich von Miami gelegene Fort Lauderdale, einst als „Venedig Amerikas“ bekannt, war damals schon ein Klassiker. Die Stadt hatte 1935 zum ersten Mal für Aufsehen gesorgt, als das Schwimmteam der New Yorker Colgate University mit gut gebauten Männern in kurzen Badehosen vor allem die örtliche Frauenwelt faszinierte.

Hielt sich die Partywelle zunächst noch im Rahmen, gab es ab 1960 kein Halten mehr. Im Kinofilm „Where the Boys are“, zu dem Schlagerstar Connie Francis den Titelsong beisteuerte, gingen vier Mädchen aus dem braven Mittleren Westen auf Männerjagd unter Floridas Sonne – der Startschuss für die alljährliche Megaparty war gegeben. Seither fielen jeden März ganze Horden in Fort Lauderdale ein, und ein lokaler Hotelier sprang darauf an. George Warren Gill sah in dem jungen, zügellosen Partyvolk vor allem zahlungswillige Kunden. Bald waren seine beiden Hotels – Yankee Clipper und Yankee Trader – das inoffizielle Zentrum der Jugendbewegung. Gill gilt bis heute als Vater der großen Sause. An seinen Hotelpools floss der Alkohol in Strömen, in den Achtzigern kamen dann die Sponsoren. Erst Coca-Cola und Gillette mit eigenen Partys, und schließlich MTV. Der Musiksender baute Bühnen auf, flog ein Dutzend VJs und die Spice Girls ein. In den Palmen hingen Cocktail-gefüllte Piñatas, am Sandstrand balgte sich der Rapper LL Cool J mit Basketball-Star Dennis Rodman.

Die Party wollte kein Ende nehmen, bis es die ersten Tragödien gab. Unfälle, Vergewaltigungen, Alkoholtote. Florida wurde es zu bunt, man erließ Gesetze gegen das wilde Treiben. Das Mindestalter für Alkohol wurde auf 21 angehoben, die Jugend zog weiter. Zunächst ins nahe Daytona, wo man auch bald vertrieben wurde, dann nach Panama City Beach. Dort ließ man die Partybande in Ruhe, denn das Strandkaff – in dem es heute sogar einen von Palmen beschatteten Hofbräu-Biergarten gibt – war von den Touristen-Einnahmen abhängig.

Rituale in der Sonne. Das Partyvolk füllt sich ab.
Rituale in der Sonne. Das Partyvolk füllt sich ab.

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Doch Florida ist längst nicht mehr das Zentrum für die „Spring Break“-Bande. Immer mehr zieht es amerikanische Teens nach Mexiko und auf karibische Inseln, wo es Hoteliers und Wirte mit dem Mindestalter nicht so genau nehmen. Entsprechend kommt es weiter zu Tragödien. Schulen und Elternverbände warnen jedes Jahr vor allzu wilden Exzessen – aus gutem Grund. Allein 2012 starben wieder Dutzende Schüler: Eine 19-Jährige wachte nicht mehr auf, nachdem sie einen Rausch von 4,0 Promille ausschlafen wollte. Ein 24-Jähriger aus Missouri wurde nach durchzechter Nacht tot in seinem Hotelzimmer gefunden. Ein 21-Jähriger aus Milwaukee fiel sturzbetrunken vom Balkon eines Party-Appartements. Den angesehenen amerikanischen Psychologen Drew Pinsky wundert das nicht. Amerikanische Jugendliche dürften schließlich das ganze Jahr lang nicht trinken. „Spring Break“ sei dann der „Super Bowl des Abschleppens, es geht um Alkohol und Sex. Die Hotels machen damit viel Geld und unterstützen das Treiben, am Ende gibt es Geschlechtskrankheiten und Alkoholtote.“ Letzteres vor allem, weil der Alkoholkonsum tatsächlich ungezügelt ist. Laut einer Studie des „Journal for American College Health“ liegt der tägliche Durchschnittskonsum für Männer bei 18 Drinks, für Frauen bei 10 Drinks.

Und doch: Die ganz rauen Zeiten könnten langsam vorbei sein. Immer mehr amerikanische Schüler verdingen sich in der Spring-Break-Zeit als freiwillige Helfer bei Hilfsprojekten. Selbst MTV hat mitgezogen und propagiert 2013 einen „alternativen Spring Fix“. Es geht nach New York, wo sich Teenager mit Hammer oder Pinsel in Gegenden austoben können, die vom Hurrikan „Sandy“ zerstört wurden.

„Spring Breakers“ startet am Donnerstag in den deutschen Kinos.

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