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Panorama: Schatzsucher jagen jetzt unbekannten "Mister X"

Wer ist der mysteriöse Anbieter des Mosaiks aus dem Bernsteinzimmer?VON CLAUS-DIETER STEYER POTSDAM.

Wer ist der mysteriöse Anbieter des Mosaiks aus dem Bernsteinzimmer?VON CLAUS-DIETER STEYER POTSDAM.Die Heerscharen von Jägern nach dem Bernsteinzimmer haben ein neues Ziel: Die Aufmerksamkeit richtet sich auf einen geheimnisvollen "Mister X".Er soll das am Dienstag bei dem Bremer Notar in Bremen beschlagnahme Mosaikbild aus jenem legendären Kunstschatz besessen und zum Verkauf angeboten haben.Der Name ist trotz aller Recherchen bisher nicht an die Öffentlichkeit gelangt."In unseren Ermittlungen berief sich der Notar auf sein Zeugnisverweigerungsrecht", sagte der Leitende Polizeichef aus Potsdam, Peter Schultheiß, der sich als angeblicher Kaufinteressent ausgegeben und so den spektakulären Coup eingefädelt hatte."Mister X bleibt im Verborgenen." Dabei könnte seine Aussage Licht ins noch immer recht dubios erscheinende Auffinden des Mosaikbildes bringen.Polizeidirektor Schultheiß verweist auf die Aussage des Notars: Danach hat der Unbekannte das Bernsteingemälde von seinem 1978 verstorbenen Vater geerbt.Er habe keine Ahnung vom Wert und von der Herkunft besessen und das leichtbeschädigte Bild auf den Dachboden geschafft.Erst durch einen Fernsehfilm Anfang der neunziger Jahre sei er aufgeschreckt, als er das Bild in dem Beitrag wiedererkannte.Vor einiger Zeit habe er den Notar beauftragt, das Bild zu verwahren und nach Käufern Ausschau zu halten. Von diesem "Mister X" sind bisher nur Bruchstücke bekannt: Um die 60 Jahre alt, in großen Geldschwierigkeiten, Ehefrau schwer erkrankt, Tochter lebt in den USA.Sein Notar legte unterdessen Beschwerde gegen die Beschlagnahme des Mosaikbildes ein.Es habe sich im rechtmäßigen Eigentum seines Mandaten befunden.Der Berliner Oberstaatsanwalt Rüdiger Schmidt, dessen Behörde in die Ermittlungen der Potsdamer Polizei einbezogen war, bestätigte "umfangreiche Überprüfungen zur Feststellung des Eigentümers".Laut Paragraph 937 des Bürgerlichen Gesetzbuches wird Eigentum an einer Sache "ersessen", wenn diese sich zehn Jahre im gutgläubigen Eigenbesitz befunden hatte.Der Sohn könnte also schon zehn Jahre nach dem Tod seines Vaters rechtmäßiger Eigentümer des Mosaikbildes geworden sein.Das soll, so die Argumentation des Notars, selbst dann zutreffen, wenn der Vater das Werk gestohlen und seinem Sohn nichts davon gesagt hätte. Hier könnte der entscheidende Punkt liegen.Denn der Notar hatte Polizeidirektor Schultheiß erzählt, der Vater seines Mandanten habe das Bild während des Transports des Bernsteinzimmers von Zarskoje Selo bei St.Petersburg nach Königsberg 1941 beiseite geschafft.Es deutet also alles auf einen langen Rechtsstreit hin. Die Schatzsucher hoffen auf weitere Angaben zu dem geheimnisvollen Verschwinden des Zimmers.Vielleicht hat der Vater noch mehr Details seinem Sohn mitgeteilt."Mister X" kann so vielleicht zu weiteren Stücken aus dem Zimmer führen. Seit dem Fund in Bremen ist ohnehin ein wahres Bernstein-Fieber ausgebrochen.In Leipzig wartete gestern der Restaurator Johannes Elste mit einer überraschenden Nachricht auf.Er habe 1978 eine arg lädierte Kommode repariert, die er jetzt beim Lesen des Beitrages über das Bernsteinzimmer im Magazin "GEO" wiedererkannte.Seine Geschichte klingt märchenhaft: In der Kommode lebten vor der Restaurierung Kaninchen in einer Scheune.Von dort hätten Mitarbeiter der Kunst- und Antiquitäten-GmbH, ein Unternehmen des Imperiums von DDR-Devisenbeschaffer Schalck-Golodkowski, das Möbelstück in die Leipziger Werkstatt gebracht und es danach für zehntausende Mark in das Ausland verkauft.Der Tischlermeister hatte zuvor Fotos gemacht, die er jetzt mit dem Zeitschriftenartikel verglich.Auf Anhieb habe er Übereinstimmung festgestellt.Die Kommode müßte damit im Bernsteinzimmer gestanden haben. Unterdessen aber wird mit Spannung die Expertise über die Echtheit des Mosaikbildes erwartet.Als bisher hochrangigster Experte meldete sich gestern der Direktor der Eremitage in St.Petersburg zu Wort.Eine Fälschung sei ausgeschlossen.Allen Schatzsuchern machte er neue Hoffnung: "Jetzt finden wir vielleicht doch noch das gesamte Bernsteinzimmer."

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